„Scheiße"
Schon wieder ist alles so schnell vorbei.
Gerade noch dem Opfer mit einer alten, rostigen Zange die Zähne gezogen, sinken meine Hände bereits hinab. Zuvor habe ich ihn mit Waterboarding und Stromschlägen die Scheiße aus dem Leib gequält. Dann hat ihn schon seine Kraft verlassen, die Menschen heutzutage halten echt nichts mehr aus.
Dabei wollte ich es doch genießen.
Solche Waschlappen.
Es ist einfach beschämend. Ich habe hier einen Mann, der fast 40 Jahre auf dem Buckel hat, und was nun? Drei Stunden hat er ausgehalten, dann hat sein Körper abgeschaltet. Tja, jetzt muss ich mich an die weniger schöne Arbeit machen und den Kerl entsorgen. Ich hole das Beil, das ich mit Vorliebe benutze um meine Opfer zu zerstückeln, da es durch seine Masse ein gutes Gegenstück zu den festen Knochen bildet, und hacke den Mann in Stücke. Um seine Familie habe ich mich bereits gekümmert. Durch einen Brief auf dem Küchentisch denkt seine Frau, dass er mit einer Arbeitskollegin durchgebrannt sei. Natürlich habe ich ihn gezwungen diesen Brief selbst zu verfassen, als er dazu noch in der Lage war. Ich reiße einen schwarzen Sack von der Rolle ab, stelle fest, dass ich schleunigst neue benötige und packe die einzelnen Teile hinein. Anschließend schleppe den Sack in den Kofferraum meines blauen Ladas, welcher schon vor der Tür wartet. Nach einer kleinen Autofahrt komme ich am Wald an, parke direkt am See und hieve den Sack zum Boot. Er hinterlässt eine dicke Spur in dem Schlamm der durch den Regen, letzte Nacht, entstanden ist und ich nehme mir in Gedanken vor, diese später wieder unkenntlich zu machen. Ein Stück hinausgefahren, den Kerl im See abgeworfen und schon versinkt in den trüben tiefen.
Adios.
Dank meiner Arbeit beherbergt der See wahrscheinlich schon mehr Menschenfleisch, als Fische die es verspeisen könnten. Nachdem ich die Rinne im Schlamm entfernt habe, fahre ich gut gelaunt und entspannt in die Stadt. Als Belohnung dafür, dass alles so reibungslos verlaufen ist, besorge ich mir von meiner liebsten Bäckerei ein großes Stück Marzipantorte. Auf einen Einkaufsbummel habe ich nach diesem anstrengenden Tag keine Lust. Während ich mich auf den Heimweg mache, erinnere ich mich an das letzte Mal. Da musste ich die Einzelteile einer Frau die weite Strecke des Waldweges aufsammeln, da der billige Sack gerissen war. Das war ärgerlich, aber auch mal eine Erfahrung wert, denn seitdem benutze ich nur noch dickere Säcke für den Transport. Mein Telefon klingelt. Der Name von Jamie, mein eineiiger Zwillingsbruder, erscheint auf dem kleinen Display meines alten Nokia. Nach dem nervtötenden dritten Klingeln nahm ich das Telefonat entgegen.
"Hey Jamie, was gibt's?" Frage ich verwundert, denn um diese Uhrzeit telefonieren wir eigentlich nie.
„Ich habe grade nichts zu tun, hast du Lust ein bisschen bei mir zu quatschen?" Fragt er. Das ist eigentlich nicht seine Art, aber ich denke mir nichts dabei und fange ganz unverwandt ein Gespräch mit ihm an.
Wir treffen uns meist einmal in der Woche. Sein Haus ist nicht weit vom Bäcker entfernt, bei dem ich eben war, sodass ich da sogar zu Fuß hingehen könnte. Er ist der einzige Mensch, dessen Gegenwart ich erträglich finde. Jeder andere ist mir entweder zu langweilig oder total aufgedreht, einfach nichts für mich. Menschen sind einfach nichts für mich und deshalb bin ich ein richtiger Einzelgänger. Ich bin mir vollkommen bewusst, dass es wahrscheinlich an mir und nicht an den anderen liegt. Aber das ist mir egal.
Ich sage meinem Bruder also zu, gleich zu erscheinen. Hätte ich das früher gewusst, wäre ich gleich dort vorbeigelaufen. Jetzt muss ich den ganzen Weg noch einmal zurücklegen.
Jamies Haus hat Stil, mir ist so etwas zwar nicht wichtig, aber ich fühle mich in seiner Hipster Bude echt wohl. Ich will gerade die Tür mit meinem Ersatzschlüssel öffnen, als sie von innen geöffnet wird und Jamie mit einem breiten Grinsen in der Tür steht. Er umarmt mich, was ich sonst bei keinem auf der Welt aushalten würde, nicht mal unsere Mutter darf das.
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Annabell
Short StoryDiese Gesichte hatte ich eigentlich für das Projekt von Sebastian Fitzek geschrieben. Sie hat es leider nicht in eines der Bücher geschafft. Deswegen landet sie jetzt hier und och hoffe, das sie euch gefällt. Feedback, likes und sonstige Interaktion...