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Leyla machte sich auf den Weg zur Kochstelle, die sich auf einer freien Fläche inmitten der Siedlung befand. Schon von Weitem sah sie die zwei Feuerstellen. Über jeder hing ein verrußter Kessel an einem dreibeinigen Gestell.
„Das muss der Kochbereich sein", dachte sie, als sie geradewegs darauf zusteuerte. Ein letztes Mal blickte sie über ihre Schulter, nur um festzustellen, dass der Bursche ihr noch immer folgte, und zwar viel offensichtlicher, als seine Absicht sein konnte. Nun, wenigstens hielt er Abstand.
Leyla hatte ziemlichen Hunger und hoffte darüber hinaus, die freundliche Dirne von gestern wiederzufinden.
Gesagt, getan. Da war sie auch schon.
Gerade lachte die Blondine über irgendetwas, das ein stämmiger Nordländer mit einer Glatze und rotblondem Vollbart zu ihr gesagt hatte, als er ein kleines, braunes Schälchen mit einem Holzlöffel darin von ihr überreicht bekam. Er bedankte sich mit einem wertschätzenden Grunzen, bevor er davonging und schon zu essen begann, bevor er sich irgendwo hinsetzte.
„Wenn man Hunger hat, hat man eben Hunger", dachte Leyla amüsiert.
Amaras Lächeln wurde noch breiter, als sie Leyla erspähte und mit einer überschwänglichen Handbewegung zu sich winkte.
„Hallo Hübsche, du bist ja wirklich gekommen", ertönte Amaras Stimme. Sie hatte ihr Haar zu einem ordentlichen Zopf geflochten, aus dem stellenweise ein paar Strähnen raus lugten. Außerdem schwitzte sie leicht und wischte sich deshalb in regelmäßigen Abständen mit ihrer braunen Kochschürze den Schweiß von der Stirn. Scheinbar war sie gerade mit der Zubereitung irgendeiner Getreidepampe beschäftigt, die in einem Metallkessel über der Feuerstelle hing und fröhlich vor sich hin blubberte. Sie ging dann aber zu einem anderen Kessel und füllte eine kleine Holzschüssel mit Resten des gestrigen Eintopfes, den es zum Abendessen gegeben hatte.
Das war bei den Nordländern anscheinend so üblich. Die wenigen Kinder, die auf der Insel lebten, bekamen unterdessen den Getreidebrei. Die zwei kleinen blonden Jungen, die vermutlich zur anderen Kochfrau gehörten, einer musste um die drei und der andere um die fünf Sommer alt sein, schmeckte es sichtlich, auch wenn die Grütze nach nichts aussah. Sie schmatzten wie zwei drollige kleine Ferkelchen.
„Wenn ich dir verspreche, dass ich dich besuche, dann halte ich mein Wort", versicherte Leyla aufrichtig.
„Mir hat schon lange niemand mehr sein Wort gegeben und es dann auch gehalten. Das ist mal eine schöne Abwechslung." Zwar lächelte Amara, aber wie so oft, wenn man eigentlich traurig über etwas war, erreichte es ihre Augen überhaupt nicht.
Leyla sah sie warmherzig aber vermutlich auch ein klein wenig mitleidig an, bevor sie sagte: „Das glaube ich dir sofort."
„Vorhin dachte ich auch schon einmal, dass ich dich gesehen hätte. Aus der Nähe habe ich dann aber gemerkt, dass das nicht du bist. Kein Wunder, dass das Mädel mich ganz verdutzt angeschaut hat, als ich ihr gewinkt habe." Danach kicherten beide.
„Das war bestimmt meine Schwester Fatimah."
Amaras Augen weiteten sich und sie hakte abermals nach: „Mach keinen Mist. Das war deine Schwester? Stellst du uns mal vor?"
„Das wird vorerst nichts, ich bedaure."
„Auweia. Bei euch gab es wohl Streit?"
„Ja, leider. Sie ist einfach unvernünftig und das habe ich ihr auch deutlich gesagt. Sie hat das bedauerlicherweise missverstanden. Na ja, oder sie hat es richtig verstanden, aber ist jetzt trotzdem sauer."
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Beautiful Night - Die Geschichte von Fenrir & Leyla
Historical Fiction| WATTYS WINNER 2021 | Wird gerade überarbeitet. ⠂⠄⠄⠂⠁⠁⠂⠄⠄⠂⠁⠁⠂⠄⠄⠂ ⠂⠄⠄⠂☆ In den Augen der Unschuld sind alle Wölfe nur Hunde. ⠂⠄⠄⠂⠁⠁⠂⠄⠄⠂⠁⠁⠂⠄⠄⠂ ⠂⠄⠄⠂☆ Als die Nordmänner wie eine tobende, ungezähmte Naturgewalt im Süden Iberiens einfielen, gierten sie...