Im Raum angekommen setze ich mich wie immer in die letzte Reihe. Ich nehme meine Sachen aus meiner Tasche und schreibe die Überschrift von der Tafel ab und das Datum in die Ecke. Im Augenwinkel sehe ich, dass jemand direkt neben meinem Tisch stehen bleibt. Ich schaue auf und der neue steht dort. Er schaut mich aber nur an. Fragend schaue ich zurück und unterbreche die Stille: „Ist irgendetwas?“ er nickt und zeigt auf den Stuhl vor sich: „Ich würde mich gern dort hinsetzen.“ Erst schaue ich mich im Raum um. Es ist kein anderer Platz frei, dann sehe ich zum Stuhl und nehme meine Sachen hoch, um ihm Platz zu machen. Er setzt sich hin und beobachtet mich dabei was ich tue. Meinen Stift lege ich hin und schaue wieder zu ihm: „Musst du nicht auch irgendwas auspacken?“ Er muss über meine Aussage schmunzeln. „Das ist mein erster Tag, ich bekomme meine Bücher in der ersten Pause.“ Augen verdrehend nehme ich mein Buch und schiebe es ihm zu: „Hier dann kannst du dich schon mal mit dem Thema beschäftigen. Seite 165.“ Erleichtert nehme ich meine Aufzeichnungen von letzter Woche und schaue sie mir noch einmal an. Der Professor betritt den Raum und alle werden ruhig.
Am Ende der Stunde packe ich meine Sachen ein, schultere meine Tasche und mache mich auf den Weg zur Mensa. Ich schaue auf die Person die neben mir auftaucht und neben mir her läuft. Seufzend werde ich schneller. Werde ich ihn jetzt nie mehr los? Schnell holt er mich wieder ein und stellt sich vor mich. Bevor ich in ihn rein laufe bleibe ich stehen: „Ich habe mich gar nicht vorgestellt, ich bin Harold“ er hält mir seine Hand hin und sein dauer Lächeln verlässt ihn nicht. Ich setze mein fake Lächeln auf und nehme seine Hand: „Tessa.“ Ich lasse seine Hand wieder los und gehe weiter.
In der Mensa angekommen suche ich Grace und setze mich zu ihr an den Tisch, als ich sie gefunden habe. „Hast du einen neuen Freund?“ fragt sie mich und ich schaue sie verwirrt an.
Sie zeigt hinter mich, woraufhin ich mich umdrehe. Harold steht da und grinst mich breit an. Hat er mich die ganze Zeit verfolgt? „Wir sind nicht befreunden, ich wusste nicht einmal das er hinter mir ist.“ Ich setze mich zu Grace an den Tisch und Harold auch. Grace schaut ihn sich einmal genau an und lächelt mir dann zu: „wenigstens sind wir nicht mehr nur zu zweit.“ Jetzt steht es für sie also fest, dass der jeden Tag zu uns kommen kann und er sozusagen zu uns gehört? Nah ja vielleicht ist er auch gar nicht so schlecht, immerhin kenne ich ihn nicht. „Ja…ehm…das ist auf jeden Fall Harold und das ist Grace.“ ich zeige jeweils auf die richtige Person und nehme mir eine Mandarine aus meiner Tasche. Grace wendet sich Harold zu und sieht alles andere als genervt aus, anders als ich „Woher kommst du? Dein Name ist außergewöhnlich.“, er nickt verstehend. „Ich komme aus England, Holmes Chapel“ die Frage habe ich mir vorhin auch schon gestellt und sein Akzent deutet auch auf einen Ausländer hin. Ich schiebe mir ein Stück von der Mandarine in den Mund und überlege kurz. Irgendwoher kenne ich den Namen, aber ich weiß nicht woher. Selbst wenn, ich verwechsle ihn bestimmt nur. Es gibt viele die Harold heißen, vielleicht nicht hier in Deutschland, aber es gibt ja auch Nachrichten. Trotzdem werde ich das Gefühl ihn schon mal gesehen zu haben nicht los, was mich beunruhigt ist die Tatsache, dass mir mein Unterbewusstsein sagt, ich solle mich von ihm fernhalten.
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Stalker
Short StoryTextausschnitt "Vor meinen Augen wird plötzlich alles schwarz und es dauert eine Weile, bis ich realisiert habe, dass das Licht aus gegangen ist. Ich versuche unversehrt zum Bett zu gelangen, um aus dem Nachtschrank eine Taschenlampe zu nehmen. Als...