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Ganz so cool wie ich mir die Fahrt mit meinen Cousins vorgestellt hatte, wars dann doch nicht.
Naja, so schlimm wars auch nicht, nur war es etwas störend, dass sich die Jungs darauf konzentrierten, mich zu nerven. Schön, dass sich die Brüder gut verstehen, aber das müssen sie ja bitte nicht an mir ablassen.

Wenigstens gab es gute Neuigkeiten: Wir waren endlich angekommen. Wurde auch wirklich Zeit. Kurz nach der Toilettenpause an der Raststätte fuhren wir in den nächsten Stau. Selbstverständlich bevor wir die nächste Raststätte erreicht hatten. Als wir uns bis zur Raststätte durchgekämpft hatten, war diese jedoch so voll, dass wir doch nicht anhielten. Eine Stunde steckten wir fest, ich diesmal wenigstens nicht in einem nach Kloake riechenden Fahrzeug. Fast taten mir meine Eltern Leid. Aber nur fast. Das war die Rache des Universums für den furchtbaren Plan, in aller mordsfrüh loszufahren. Zu hundert Prozent. Wären wir später losgefahren,hätte es vielleicht keine Toilettenpanne gegeben. Naja, was heißt hier vielleicht. Sicher nicht. Wieso auch? Bestimmt wären wir nicht im Stau stehen geblieben, da er zu späterer Uhrzeit gar nicht mehr existiert hätte, und schon hätte sich das Problem vermeiden lassen können. Nun gut, jetzt war es bereits geschehen und nicht mehr änderbar. Was natürlich nicht bedeutete, dass ich diesen Vorfall nicht in meine Argumentationsstruktur für spätere Urlaubsabfahrtszeiten aufnehmen und meinen Eltern bis in Altersheimzeiten bei jeder möglichen Urlaubsplanung vor die Füße spucken würde. Ich helfe, wo ich kann. Das ist schließlich meine Aufgabe als große Schwester und älteste, beste Tochter des Jahrtausends.

Es war ungefähr halbelf, als ich das erste Mal in diesem Jahr österreichischen Boden berührte. Ganze sechs Stunden dauerte der Familientrip bereits und ich konnte es gar nicht erwarten, wieder daheim zu sein. Im Einzelzimmer.
Das würde mir wohl die folgenden Tage am meisten abgehen. Meine Privatssphäre. Nie alleine zu sein, ist irgendwie beängstigend, selbst wenn es nur mein kleiner Bruder war, der bei mir schlief.

Wenigstens war das Wetter gut. Sogar sehr gut. Das Autothermometer zeigte 28 Grad an. Die Sonne schien so hell, dass ich mir fast die Augen ausbrannte, als ich aus dem abgedunkelten Auto ohne abgedunkelte Gläser ins Licht trat. Meine Laune stieg daraufhin sofort. Orte, an denen man Sonnenbrillen tragen konnte, weil tatsächlich die Sonne schien und man nicht nur ein It-Piece brauchte, waren Orte, die gar nicht so schlimm sein konnten. Auch wenn die ganze Familie anwesend war. Lächelnd kramte ich in meinem Rucksack, der heute früh irgendwie noch geordneter war. Jetzt zog ich nach längerem Wühlen mit meinem Etui erst einmal alle Kabel der Welt und darin verheddert fast den gesamten Inhalt meines Rucksack ins Freie.

"Bei dir ist es ja mal wieder ordentlich", lachte Kai und nahm mir das Etui aus der Hand, damit ich die ganzen Kabel mitsamt B3gleitung wieder zurück in meinen Rucksack schieben konnte.
"Krieg ich jetzt bitte meine Brille?", fragte ich nur genervt. Niemand sollte eine Diskussion über Ordnung anfangen, wenn ich hungrig war. Und hungrig war ich auf jeden Fall. Mein Frühstück heute morgen hatte aus Luft und Liebe bestanden und die Snacks, die ich auf der Fahrt gegessen hatte, waren schon lange in Vergessenheit geraten. Und mittelbilliges Fastfood mit Gratis Bauchschmerzen gab es auch nicht, da unsere Eltern nach dem Stau einfach nur noch an ihrem Ziel ankommen wollten.

"Die werte Dame ist wohl noch nicht ganz in der Urlaubsstimmung angekommen!", erwiderte Kai breit grinsend und reichte mir meine Sonnenbrille, die ich mir sofort aufsetzte. Das Etui drückte ich achtlos in meinen Rucksack.
"Doch, doch, langsam fühle ich den Urlaubsflair. Aber das Wetter und die Temperatur könnne nichts gegen meinen Hunger ausrichten", sagte ich und zuckte resigniert mit den Schultern.
"Wir bekommen bestimmt gleich was zu beißen", munterte mich Kai auf, während wir mit unseren Koffern auf das Hotel zugingen. Ein wirklich schönes Hotel.
"Das will ich hoffen. Bevor ich nichts Gescheides zu essen bekommen habe, bewege ich mich heute nicht mehr", informierte ich ihn.

Jakim und YuliveeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt