Kapitel 9

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27. September

02:36 Uhr

Alles schien sich wie in Zeitlupe zu bewegen. Jede Bewegung war träge, so als würde er in Honig schwimmen und so sehr er sich auch anstrengte, er kam nicht schneller vom Fleck. Seine Waffe hatte er vor sich gerichtet, bereit, bei der kleinsten Bewegung zu schießen. 

Wo war Niall? 

Was hatten sie mit ihm gemacht? 

Noch nie zuvor in seinem Leben war er mit einer solchen Flut an Gefühlen konfrontiert gewesen. In den letzten Minuten, als er quer durch die Stadt gerast war, ohne auf irgendetwas anderes zu achten, hatte sich das Chaos in seinem Kopf auf einen einzigen Gedanken reduziert. Niall. Er musste ihn finden, ihn da raus hohlen, koste es, was es wolle. Er würde nicht ohne ihn gehen.

Das Postgebäude vor ihm war alt, recht niedrig, mit eingeschlagenen Fenstern und Graffitis auf allen Wänden. Er trat unter der Eingangstür hindurch, von der die untere Hälfte fehlte. Im Inneren war es still und dunkel. Nur spärlich beleuchtete das Licht der Straßenlaternen seine Umgebung. Der Wind blies durch Löcher in den Fenstern und um Ecken. Immer wieder raschelten Blätter über den Boden. Ansonsten war es gespenstisch still. 

Es gab nicht viele Räume, nicht einmal eine zweite Etage. So leise als möglich schlich er durch den weiten Raum, der einmal der Empfangsbereich gewesen sein musste. Hier und da standen noch Möbel und Kisten herum, aber alles wirkte so, als wäre schon seit Jahren niemand mehr hier gewesen.

Bald stand er vor der ersten Tür. Sie war nur angelehnt und nirgends konnte er Licht entdecken. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals und er hatte beinahe Angst, dass dieses Geräusch in jedem einzelnen Winkel zu hören war. Ganz vorsichtig nahm er eine Hand von seiner Waffe und drückte die Tür vor sich auf. Dahinter erwartete ihn Dunkelheit. Das spärliche Licht drang nicht bis hier her durch. Es musste eine Abstellkammer sein. Aber er musste sicher gehen. 

Zayn war ganz ruhig, hörte auf jedes Geräusch, das einen Hinterhalt verraten könnte, aber es blieb still. Schnell zog er sein Handy aus der Hosentasche und leuchtete in den Raum. Leere Regale und ein paar übrig gebliebene Briefe. Das war alles, was ihm hämisch entgegenzulächeln schien. Keine Menschenseele. 

Als er aus dem Raum zurück in die Eingangshalle trat beschlich ihn das Gefühl, das in diesem gesamten Gebäude niemand anderes war. Es war zu ruhig, zu dunkel, zu viel Zeit vergangen, in der er hier herumspaziert war. Wenn diese Gang etwas von ihm wollte, hätte sie sich längst zu erkennen gegeben.

Ein dumpfes Pochen meldete sich in seiner Brust. Was wollten sie von ihm? Von Niall? Allein der Gedanke, dass Niall irgendwo festsaß und weiß Gott was über sich ergehen lassen musste, ließ sein schon gebrochenes Herz in weitere Teile zerspringen. Niall war nicht hier. Er war nie hier gewesen.

Zayn sah wieder auf sein Handy und vermied es vehement, den Chat mit Niall anzusehen. Das Bild hatte sich sowieso schon in seine Gedanken gebrannt.

Er hatte in Windeseile eine Nachricht an Louis geschrieben. Sollte dieser noch nicht weg sein und sollte ihm etwas an Niall liegen, dann brauchte Zayn Unterstützung. Louis war der einzige, der dieser Bitte vielleicht nachkommen würde. Aber die Nachricht war nicht angekommen. Kein Empfang. Wütend starrte er auf den Bildschirm, als könnte dieser etwas dafür.

Zayn machte sich zurück auf den Weg aus dem Gebäude. Seine Schritte hallten im leeren Raum wider und so bemerkte er nicht, dass er doch nicht gänzlich allein war.
Bevor er aus der Tür wieder ins Freie treten konnte, war er eingeholt worden. Er bemerkte gerade noch eine Bewegung aus dem Augenwinkel. Seine Hand schnellte zu seiner Waffe, doch er war zu langsam. In dem Moment, als er sie aus dem Holster gezogen hatte, explodierte Schmerz an seinem Hinterkopf. Er klappte zusammen , bevor er noch irgendwie reagieren konnte. Die Glassplitter, die um ihn herum zu Boden regneten und sich in seine Haut schnitten, nahm er nicht mehr wahr, genauso wenig, wie die Personen, die hinter ihm stand und jetzt mit einem schelmischen Grinsen auf ihn herab sah.

***

27. September

02:45 Uhr

„Nehmt ihn mit", knurrte der junge Mann seine Komplizen an. Seine Stimmung war innerhalb von Sekunden von Triumph zu Wut gewechselt. Sein Blick streifte seinen am Boden liegenden Gegner, der zu wenig Zeit gehabt hatte, zu reagieren. Wäre er auch nur drei Sekunden früher auf sie aufmerksam geworden, dann sähe die Situation jetzt ganz anders aus. Und das wusste er auch.
„Passt auf, dass er nicht aufwacht. Sonst dürft ihr euch um ihn kümmern. Und stellt sicher, dass ihr auch Tomlinson einsammelt, wenn der hier auftaucht. Die können sich ja gegenseitig nicht zurücklassen."

Er drehte seinen Kollegen den Rücken zu, die Zayn an Armen und Beinen aus einem Nebeneingang  trugen und ging zu einem der eingeschlagenen Fenster. Seine Augen blieben am Range Rover hängen, der draußen auf dem geschotterten Platz geparkt worden war – und an dem zweiten Wagen, der etwas abseits stand. Langsam holte er sein Handy aus seiner Jackentasche, ohne die Szenerie vor sich aus den Augen zu lassen. In Windeseile hatten seinen Finger eine Nummer in sein Smartphone getippt, die er mittlerweile in und auswendig kannte. Er hob das Gerät an sein Ohr und wartete auf das Freizeichen.
Doch nichts passierte. Kein Ton, kein Piepen, nichts. Leicht irritiert blickte er wieder auf den Bildschirm.
Kein Empfang. Hier drin hatte er bis dato jeden erreichen können. Irgendetwas stimmte nicht und sein Gefühl sagte ihm, dass es mit diesem zweiten Wagen zu tun hatte, in dem er jetzt auch einen Schatten hatte sehen können.

Schritte hinter ihm zogen seine Aufmerksamkeit auf sich. Er drehte sich um und starrte seine Kollegen kurz eindringlich an, bevor er leise Worte an sie richtete, die sich kalt wie Eis durch ihre Adern fraßen.
„Ich nehme Malik mit. Ihr beide kümmert euch um unseren Besuch dort draußen. Schwarzer Van. Entweder ihr legt ihn um, oder ihr bringt ihn mit, sollte er irgendwelche Informationen haben. Wenn er entkommt, seid ihr dran."

Ohne eine Antwort abzuwarten drehte er sich von den beiden weg und stolzierte zu dem Ausgang, neben dem sie ihren eigenen Wagen versteckt hatten. Nach einem kurzen Blick zu seiner neuesten Geisel, die mittlerweile gefesselt auf der Rückbank lag, startete er den Motor und fuhr langsam und ohne Licht nach hinten um das Gebäude herum. Niemand bemerkte ihn.

***

Und nach gut einer Woche des Wartens habe ich wieder ein Kapitel! Was haltet ihr von der Story bis jetzt? Kann man das so stehen lassen? Und ergibt alles bis jetzt noch Sinn? Also kann man die Gegner / die unbekannten Leute auseinander halten?

Ich habe im Nachhinein nämlich eine zweite Storyline mit eingebaut und bin mir nicht sicher, ob das noch alles zusammen passt.

Ich würde mich deswegen wahnsinnig über ehrliches Feedback freuen.

Und Votes und Kommis im Allgemeinen sind natürlich immer willkommen.

xxx
~moontosun~

Don't Come Back For MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt