daemmerungsflut

die zugfenster schimmern in neblige jade gefasst, eine doktrin weit entfernt von ehrlichkeit und dazwischen meine spiegellung: die buchstaben an meinen lippen überall auf den knochenweißen feldern versunken, schmerzend vor hingabe und ersticken; die jacke mit kragen und die bügelfaltenhose über meine kühle haut gebreitet. meine iris zittert und hinter dem glas zieht die gleiche welt vorbei, auf der unsere tränen die erde bewässerten. meinst du, wir tanzen? oder schlittern wir bloß, in der hoffnung, nicht zu stürzen? ich wende den blick ab und pflücke mir die kleidung langsam von meiner haut wie zecken in den wäldern, die ich als kind durchstreifte, als meine zähne klapperten, wenn ich summte, also sang ich. ich habe die töne längst vergessen aber an manchen tagen glaube ich fast, dass ich auch ohne sie ein ganzes, echtes leben führen kann, wenn ich nur die arme ausbreite und mich wieder an den wind erinnere.

sternenguckerinx

@daemmerungsflut reicht nach buchstabensuppe, zugfahren und gefiederten freiheitssuchern 
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daemmerungsflut

die zugfenster schimmern in neblige jade gefasst, eine doktrin weit entfernt von ehrlichkeit und dazwischen meine spiegellung: die buchstaben an meinen lippen überall auf den knochenweißen feldern versunken, schmerzend vor hingabe und ersticken; die jacke mit kragen und die bügelfaltenhose über meine kühle haut gebreitet. meine iris zittert und hinter dem glas zieht die gleiche welt vorbei, auf der unsere tränen die erde bewässerten. meinst du, wir tanzen? oder schlittern wir bloß, in der hoffnung, nicht zu stürzen? ich wende den blick ab und pflücke mir die kleidung langsam von meiner haut wie zecken in den wäldern, die ich als kind durchstreifte, als meine zähne klapperten, wenn ich summte, also sang ich. ich habe die töne längst vergessen aber an manchen tagen glaube ich fast, dass ich auch ohne sie ein ganzes, echtes leben führen kann, wenn ich nur die arme ausbreite und mich wieder an den wind erinnere.

sternenguckerinx

@daemmerungsflut reicht nach buchstabensuppe, zugfahren und gefiederten freiheitssuchern 
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daemmerungsflut

der erste schnee ruht auf dem rand meiner wimpern, dem mund, der allzu oft offen steht seit beginn dieses herbstes - verknotet von neugier und scham und scharf gewordenen zähnen. ich erzähle dir von sisyphos und du hältst mich bloß für ein gutes, strahlendes mädchen, klar und fleckenlos und viel zu weit für dich und ich halte mich für eine lügnerin, und meine damit immer, dass in den dingen nicht genug von mir vorhanden ist. neuerdings habe ich begonnen, an den rändern überzulaufen - leuchtend gelb, blutorange, flackernd in gluten, weil ich die alte kälte fürchte. verstehst du das? ich spreche vom scheitern und das wort wird fleisch und gräbt sich unter meine haut, wo es auch die hitze nicht erreicht, bis es fault: meine hände darüber weit offen - ein opfer, ein gebet.

akkumulationen

deine worte rauben mir den atem
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sternenguckerinx

@daemmerungsflut natürlich, nur die Wahrheit hihi <3 
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daemmerungsflut

am rand des blauen firmaments sickern die berge in die wolken und darunter bin ich wieder das mädchen, das noch nicht über den horizont hinausgewachsen ist, eine existenz, nicht stark genug für meine schultern und so laut, dass mir die magengrube davon brennt. auf die scheitel der ziegeldächer blättern die blassen gipfel ab wie alte farbe und ich denke an den aufgehenden mond hinter den gebirgspässen, die nur die falken kennen, an das angelaufene silber der flüsse und daran, wie ich nie wirklich an erlösung geglaubt habe. die straßen unter meinen füßen schwanken aus ihren nähten und die vögel fliegen davon (auf der suche nach etwas zum verschlingen, nach jemandem zum anbeten) und wenn ich verhindern kann, dass mich die erde ganz verschluckt, kann ich mir inmitten all dessen, was es nicht gibt, vielleicht mein eigenes stück himmel schaffen.

daemmerungsflut

@sternenguckerinx wie süß von dir. merci, das freut mich noch viel mehr :3
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sternenguckerinx

@daemmerungsflut das ist so wundervoll, freue mich jedes Mal wenn du eine Ankündigung postest 
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daemmerungsflut

primula veris ⊹ ࣪ 
          
          es ist september und die ersten blätter leuchten golden - etwas rohes, das blutet, und die schlüsselblumen am rande der asphaltstraßen atmen schwer. meine lippen zittern bei ihrem anblick wie die libellen auf den nahen pergolen aber ich kann sie nicht vom sterben abhalten. letzten sommer waren meine knie wund und grün gefärbt von den stunden, in denen ich am grasigen ufer des wassers versuchte, mein schicksal zu verändern. ich hasste meine nackten, fleckigen beine, weil mich alles schwankende an mir abstieß, die art, wie der stoff meines zu großen t-shirts sich mitleidig über mein unschlüssiges herz wölbte und falten an den stellen warf, an denen es verzweifelt gegen meinen brustkorb stieß. spürst du noch die schwelen? ein bisschen weiter links. ja, genau hier. manchmal vermisse ich es plötzlich wieder, achtzehn zu sein. das wasser rauscht wie damals und ich frage mich, wer von uns die geschichte behält und wem sie im lauf der zeit verloren geht. es ist september und die welt hängt in diesem fragilen, schwebenden zustand, aber in diesem jahr umfasse ich meine beine sanfter und sehe bloß zu, wie die letzten sonnenstrahlen nach meiner haut greifen, ohne mich dabei zu verbrennen. und vielleicht ist es egal, wenn mich der herbst wieder einholt, aber ich halte mich trotzdem fest an den schlüsselblumen, die am straßenrand sterben und der neunzehn, denn ich will noch nicht weiter. ich will, dass auch diese zahl narben hinterlässt.

daemmerungsflut

@honig_lippen wie lieb von dir. allerliebsten dank <3
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kolorierende

@daemmerungsflut  
            wow, ich bin sprachlos. dein schreibstil ist atemberaubend 
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daemmerungsflut

ein paar sätze, in der strömung einer dämmerung verfangen: ✶⋆.˚
          
          es ist juli, der himmel verführt die erde blutrot 
          zur kapitulation und meine haut besteht aus 
          
          sternen, bloß weil ich es sage. hier ist nichts 
          heilig, dennoch bleiben wünsche, die keine 
          
          sinne haben und mein mädchensein ist 
          ein nie heilender schorf, mein ehrgeiz 
          
          der körper, der an nichts unschuldig ist. die 
          zedern flüstern wut und wunde 
          
          worte in den wind: träume und 
          reißzähne, feuer und blut. meine finger 
          
          kribbeln von benzin und ich versuche, 
          sie zu falten, den sommer darin 
          
          einzuschließen wie einen 
          vogel, damit er immer für mich singen kann. 

daemmerungsflut

@weichwiewolken freut mich. und du sagst das, als wäre das so einfach :')
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weichwiewolken

liebs ja sehr, bitte mehr davon:))
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kolorierende

deine poesie ist unbeschreiblich wunderschön.
          sie erfüllt triste graue tage mit sonnenlichtstrahlen und tunkt die welt golden.
          ich bin immer wieder überrascht, wie bezaubernd deine wortwahl ist und wie sehr sie mich berührt<3

daemmerungsflut

@honig_lippen ich danke dir von herzen für deine wundervollen worte. sie bedeuten mir unermesslich viel <3
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