orv_ger

Rechner ist hinüber, also gibt es erstmal auf unbestimmte Zeit keine neuen Kapitel mehr. Ich melde mich, sobald irgendwas wieder läuft.

DoLittleWords

@orv_ger ich drück dir die Daumen, dass bald wieder alles funktioniert^^ Bis dahin wünsche ich eine wundervolle Zeit ;)
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DoLittleWords

Grüß dich! 
          Ich verlasse Wattpad, wollte aber nicht gehen, ohne dir zu sagen, dass ich dein Buch oder eben deine Übersetzung wahrhaftig gerne und mit viel Vergnügen gelesen habe, ich hätte auch das Ende liebend gern gelesen, aber aus komplizierten Gründen funktioniert das leider nicht. Ich wünsche dir alles gute und hoffe, das dein Buch in Kürze die Aufmerksamkeit bekommt, die es definitv verdient hat! Habe einen wundervollen Tag und ich drücke dir die Daumen ^^
          Ein letztes Mal, 
          intergalaktische Grüße, 
          DoLittleWords

orv_ger

@DoLittleWords Hallo! Vermutlich siehst du das hier nicht mehr aber nur für den Fall der Fälle: es ist sehr schade, dass du Wattpad verlässt. Dennoch möchte ich mich bei dir dafür bedanken, dass du dir die Zeit genommen hast meine Übersetzung zu lesen - ist ja auch nicht selbstverständlich. Ich habe mich jedes Mal sehr gefreut, deine Kommentare zu lesen :) Falls du die Geschichte doch noch irgendwie außerhalb von Wattpad weiterlesen willst, lässt sich bestimmt auch eine Lösung finden. So oder so wünsche ich dir auch alles Gute!
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orv_ger

Wie bereits öfter angedeutet gibt es ein paar übergeordnete „Ideen“, die meine Entscheidungen beim Übersetzen beeinflussen. Diese speisen sich aus der Geschichte selbst, denn jedes Werk hat seine eigenen Regeln und Ziele. Ich versuche mal die wichtigsten Punkte aufzudröseln, ohne zu spoilern. 
          
          1. Der Schreibstil muss packend sein – Lesefluss ist alles. 
          
          2. In „Allwissende Leserperspektive“ geht es um die Macht von Geschichten und Narrativen – der Rest ist nebensächlich.
          
          3. Die Geschichte muss allen zugänglich sein und sollte niemanden vor den Kopf stoßen.  
          
          4. Thematische Treue ist wichtiger als eine wortgetreue Übersetzung. 
          
          Die Ausführungen dazu gibt es in den Kommentaren.

orv_ger

Ominös, mein erster Kommentar ist verschwunden. Natürlich habe ich davon kein Backup. Ich führe das irgendwann anders weiter aus.
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orv_ger

2. Es gibt viele unterschiedliche Themen, die „Allwissende Leserperspektive“ anspricht, doch eines der zentralsten ist eben die Macht von Geschichten. Schon ganz am Anfang wird das klar, denn das Wissen, was Kim Dokja über diese neue Welt hat, ist angelesen und bietet ihm viele Vorteile. Später wird dieser Aspekt noch weiter aufgefächert und erläutert. So oder so, handelt es sich hierbei um DAS zentrale Thema und sollte entsprechend überall durchscheinen. Zumindest ist das der Fokus, den ich lege, und „gewinnt“ meistens, wenn es darum geht unterschiedliche Optionen abzuwägen. 
            
            Das äußert sich auch bei der Begriffswahl, siehe „Auge des Senex“. Ein weiteres Beispiel dafür ist „Szene“, welches im Englischen „scenario“ genannt wurde. „Szenario“ hätte sicherlich genauso funktioniert, doch suggeriert das eher eine einzelne, alleinstehende, hypothetische Idee. Ein „Szenario“ hat auch nicht zwangsläufig etwas mit Geschichten zu tun. 
            „Szenen“ sind hingegen eher im Kontext einer (oftmals literarischen) Handlung zu verstehen und finden konsekutiv statt, um eine größere Geschichte zu erzählen. Daher ist dieser Begriff meiner Meinung nach treffender – nicht nur, was die Natur der Sache angeht, sondern auch eben im Bezug auf das Thema „Macht der Geschichten“. 
            
            Letztlich führt diese Prioritisierung auch dazu, dass ich mir bei manchen Aspekten der Übersetzung etwas weniger „Mühe“ gebe. Wenn es beispielsweise um irgendwelche x-beliebigen Techniken geht, die weder thematisch, noch für die Handlung oder die Figuren sonderlich wichtig sind, dann mache ich mir da nicht so einen Kopf drum und lasse mich frei von der Frage „Was hört sich am coolsten an, ohne zu weit vom Original abzuweichen?“ leiten. 
            
            Die Identifikation dieses Leitmotivs hilft mir lediglich dabei, eine Art Faustregel für die vielen Entscheidungen zu entwickeln, die im beim Übersetzen treffen muss. Es hilft dabei, sich nicht zu sehr in Kleinigkeiten reinzusteigern und den Fokus aufs Wesentliche zu bewahren.
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orv_ger

Ähnliches gilt übrigens auch für Eigennamen, z.B. Konstellationentitel oder Techniken. Das Ganze soll primär an RPGs erinnern und möglichst „cool“ und „episch“ wirken. Normalerweise denke ich mir mehrere Übersetzungen für einen Begriff aus, die mehr oder weniger den gleichen Inhalt vermitteln, und nehme dann die Variante, die sich am besten/beeindruckendsten anhört. 
            
            So wird beispielsweise aus Yu Junghyeoks Technik „Sage's Eye“, „Das Auge des Senex“. Eine wörtliche Übersetzung, „Auge des Weisen“, wird etwa in der Comic Adaption verwendet und hört sich meiner Meinung nach etwas plump und generisch an – dabei ist es doch eines seiner charakteristischsten Techniken und sollte entsprechend im Gedächtnis bleiben! Habe lange überlegt, ob es nicht „Sophosblick“ werden könnte, aber schließlich verworfen, weil „Blick“ fälschlicherweise suggeriert, dass beide Augen an der Technik beteiligt sind. Außerdem weckt „Sophos“ eine ungewollte Assoziation mit dem Griechischen, was aus Spoilergründen tatsächlich Probleme bereiten könnte. „Senex“ hingegen ist lateinisch und wurde vor allem von C.G.Jung verwendet – als Archetyp für den alten, weisen Mann ( https://en.wikipedia.org/wiki/Wise_old_man ). 
            
            Die Verbindung zwischen dieser Technik und Psychoanalyse wurde ziemlich sicher nicht von den Autoren beabsichtigt. Doch es hört sich vollmundiger an und passt thematisch – nicht nur, weil es effektiv das Gleiche aussagt, sondern auch weil das eben ein LITERARISCHER Archetyp ist. 
            
            Das bringt mich zum nächsten Punkt.
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orv_ger

Mein dunkelstes Geheimnis ist ja, dass ich für diese Übersetzung eigentlich gänzlich unqualifiziert bin. Ich spreche kein Wort Koreanisch und alles, was ich über Kultur und Geschichte weiß, ist bloß angelesen. Was ich tue ist, mich an englischen Übersetzungen zu orientieren, selbst zu interpretieren/Hintergründe zu recherchieren, Schnippsel des koreanischen Originals (sofern ich sie finde) durch Maschinenübersetzer zu jagen und und in Fankreisen rumzuhängen, wo fachkundigere Leute sich über Nuancen und Fehler der englischen Version austauschen. Denn die hat es in sich. 
          
          Lange Geschichte kurz: der Großteil der offiziellen englische Übersetzung kommt aus Google Translate o.ä. und wurde dann leicht überarbeitet, um die gröbsten Fehler wieder rauszukriegen – das ist leider fast der Standard bei Webnovels, wo Quantität oft Qualität übertrumpft. Dafür ist das Ganze dennoch erstaunlich genießbar, aber natürlich leidet der Lesefluss darunter, vor allem wenn man den etwas hölzernen Stil noch nicht gewohnt ist. 
          
          Irgendwann wurde die Geschichte dann von einem neuen Übersetzer übernommen (diesmal tatsächlich jemand, der die Sprache sauber beherrscht) – allerdings mit völlig anderem Schreibstil, der prompt etablierte Namen und Begriffe änderte, damit diese dem Original besser entsprechen. 
          
          Dazu kommt noch eine inoffizielle Übersetzung der ersten ca. 12 Kapitel, welche der zweite Übersetzer irgendwann angefertigt hatte, sowie eben die englische Version der Webcomic-Adaption – hier von komplett fremden Übersetzern, die vermutlich den Roman gar nicht vollständig gelesen haben.
          
          Kurzgesagt: ein ziemlicher Flickenteppich. Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das alles beim Lesen nichts ausgemacht hat. Tatsächlich habe ich zwei Anläufe gebraucht, um überhaupt reinzukommen und mich daran zu gewöhnen.

orv_ger

Kleines Addendum, da Wattpad mich aus unerfindlichen Gründen keine Posts bearbeiten lässt: Das mit Google Translate muss ich ein wenig relativieren, denn wie ich herausgefunden habe, arbeitet diese Übersetzerin tatsächlich mit mehreren unterschiedlichen Programmen sowie Wörterbüchern und vergleicht daraufhin die unterschiedlichen Resultate miteinander, um die „natürlichste“ Übersetzung zu finden. Es ist unklar, ob sie selbst koreanisch spricht (und wenn ja, wie gut).  Insofern ist das nicht ganz so plump wie ich vielleicht suggeriert habe, aber dennoch handelt es sich dabei natürlich um eine sehr wörtliche Übersetzung.  
            
            Es ist mir wichtig nochmal klarzustellen, dass ich ihre Arbeit durchaus schätze und weiß, dass das alles andere als einfach ist. Auch wenn ich meine Probleme mit dem Resultat habe,  respektiere ich ihre Leistung und enormes Arbeitstempo. Schließlich hat es ja doch gereicht, mich von der Geschichte zu begeistern.
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orv_ger

All diese Versionen haben Vor- und Nachteile. Der Comic ist z.B. darauf getrimmt ein möglichst breites Publikum anzusprechen – da sind die Dialoge deutlich natürlicher (und teilweise sehr erhellend, wo die Romanübersetzung einfach versagt hat!), aber dafür wird eine sprachliche Einfachheit und der Action-Aspekt der Geschichte stark prioritisiert, was meiner Meinung nach sehr schade ist. Aber das ist wieder ein anderes Thema. 
            
            Dieses rigorose Vergleichen nehme ich nicht bei jedem Kapitel vor, aber es wäre falsch zu sagen, dass ich einfach stumpf und maschinell Wörter übersetze. Dass Dinge bei einer „Übersetzung einer Übersetzung“ zwangsläufig à la „Stille Post“ verzerrt werden oder verloren gehen, ist eh klar. Genauso führe ich meine eigenen „Verunreinigungen“ ein, wenn ich Sätze umschreibe, damit sie besser fließen. Da steckt auch immer etwas von mir drin und das ist auch unvermeidbar. 
            
            Ganz am Anfang habe ich mir viele Sorgen darum gemacht: entferne ich mich dann nicht zu weit vom Original? Mache ich mir damit die Geschichte nicht zu eigen? Wo ist dann die Grenze zwischen mir und dem eigentlichen Autor?  
            
            Bei einer anderen Geschichte wären diese Punkte meiner Meinung nach sehr gravierend. Doch in diesem Fall sehe ich… zumindest auf einer inhaltlichen Ebene recht viel Spielraum, selbst wenn manche Puristen mich dafür bestimmt am liebsten lynchen würden. Hierzu später mehr.
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orv_ger

Eine Sache, die ich zuvor unterschätzt hatte, ist wie viele Entscheidungen man beim Übersetzen treffen muss und wie viel Verantwortung man letztlich übernimmt. Natürlich hangelt man sich möglichst strikt an der Vorlage entlang, aber ab und an gibt's schon ein paar Wörter oder Konzepte, die an die Grenze des Übersetzbaren stoßen. 
          
          Im Original sagt Lee Gilyeong meistens „Hyung“, wenn er Kim Dokja anspricht. Das ist eine koreanische Anrede, die soviel wie „älterer Bruder“ bedeutet – natürlich eher im übertragenden Sinne. Solche Honorifika haben ihre eigenen Regeln, kein deutsches Pendant und sagen so einiges über eine Kultur und zwischenmenschliche Beziehungen aus. 
          
          Kann man von einem deutschen Leser erwarten, dieses Wort zu kennen und richtig einzuordnen? Eigentlich nicht. Eine direkte Übersetzung ist sperrig und wirkt unnatürlich – die Idee ihn „Bro“ sagen zu lassen, habe ich doch recht schnell verworfen, weil das bei seiner Persönlichkeit einfach super seltsam wäre und im Deutschen vermutlich eine ganz andere Konnotation hätte. Glossar/Fußnoten oder einfach weglassen? Und was ist mit weiteren Anreden, wie „-ssi“ oder „Oppa“? Nur manche beibehalten (und wenn ja welche)? Wie weit darf man Elemente einer fremden Kultur anpassen, um sie hierzulande verträglich zu machen? 
          
          Alles schwierig. Ich habe lange gestöbert wie „richtige“ Übersetzer das machen und der Konsens scheint zu sein, dass es keinen gibt. Ist wohl alles Geschmackssache und auch davon abhängig, was man von dem Durchschnittsleser erwarten darf. 
          
          Letztlich versuche ich nach meinem besten Wissen gute Kompromisse zu finden aber ganz perfekt wird es leider nie werden.

orv_ger

Im Fall von Gilyeong habe ich schließlich beschlossen die Anrede komplett wegzulassen, da auch so seine Bewunderung und Zuneigung gegenüber Kim Dokja gut rüberkommt und ich einfach keine sinnvolle Alternative gefunden habe. 
            
            Bei Jihye hingegen lass ich doch was durchscheinen. Sie bezeichnet Dokja durchgängig als „Ahjussi" – so werden tendenziell Männer mittleren Alters genannt. Ich denke, dass das hier wohl abwertend gemeint ist. Quasi so ein "Na, du alter Sack", von nem frechen Teenager. Die fehlende Anrede versuche ich dann mit Spitznamen oder kleinen Witzen zu kompensieren – das erzeugt hoffentlich einen ähnlichen Effekt, ohne den Leser rauszureißen aber gleichzeitig den Humor und die Charakterdynamik beizubehalten. 
            
            Ähnliches bei dem Suffix „-ssi“, also ungefähr sowas wie „Herr/Frau [Nachname]“. Das letztere geht schlecht, weil viele Figuren den gleichen Nachnamen haben und man sie dann schlecht unterscheiden kann bzw. sich ihre Vornamen beim Lesen nie einprägt.  Also – nur Vornamen und Duzen? Da geht aber die Distanz zwischen den Figuren verloren, die (auch wenn im Original vielleicht nicht 100% beabsichtigt) sehr gut zu den Motiven der Geschichte passt. Bin mit meiner Lösung nur so halb zufrieden –kompletter Name/Vorname und Siezen. Aber kein Herr/Frau. Das wirkt etwas vertrauter aber doch nicht ganz eng – schließlich ist man sich ja (zumindest am Anfang) schon noch fremd. Im Deutschen ist die Anrede mit dem vollständigen Namen halt etwas komisch, aber schon noch vertretbar, dadurch dass der Leser sich diese dann besser merken kann und sie vermutlich auf Grund der Sprachbarriere ohnehin zunächst eher als Doppelnamen wahrnimmt („Jeong Huiwon sagte“ stößt für die Meisten wahrscheinlich weniger auf als „Hans Müller sagte“). 
            
            Also ja. Nicht ideal, das Ganze, aber ich probier's. Und warum ich keine Fußnoten verwende bzw. welche übergeordneten Ideen diese Entscheidungen eigentlich leiten, gibt's wann anders.
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orv_ger

Eigentlich wollte ich als Person möglichst stark in den Hintergrund treten, um die Geschichte für sich sprechen zu lassen. Auch um dem ganzen etwas Mysteriöses zu geben, was in diesem Fall vielleicht ganz angebracht ist.
          
          Doch man munkelt, dass es sich als „Autor“ lohnt, auf Wattpad aktiver bzw. präsenter zu sein und da ich hin und wieder übers Übersetzen (und natürlich über die eigentliche Handlung von „Allwissende Leserperspektive“) nachdenke, ist das vielleicht gar keine so schlechte Idee, ab und an meine persönliche Meinung zu teilen. 
          
          Ein Pseudo-Tagebuch. Quasi ein Blick hinter die Kulissen, der im Werk an sich eigentlich keinen Platz hat – erst recht nicht als Laienübersetzer. Oder eine Art… Interpretationshilfe für dich, den Leser. Natürlich nicht, dass du das nötig hättest. Aber vielleicht ergeben sich dadurch ja interessante Gespräche. 
          
          Ja, so selbstverliebt wie das alles sein mag – vielleicht gibt es jemanden da draußen, den das interessiert. Und manchmal ist es wichtig zu reden, selbst wenn man nicht sofort gehört wird.