Rahel überlegte, dass dies hier gerade wohl eine Warnung an sie gewesen war, ja nicht zu weit hinaus zu schwimmen, und blieb darum nun eine ganze Weile lang einfach nur genau da, wo sie war. Doch der Drache kam zum Glück nicht zurück und tauchte auch nicht plötzlich am Strand oder im Wasser auf.
Minutenlang ließ sie sich einfach nur von den Wellen und der Strömung tragen, bevor sie sich schließlich schmerzlich und verzweifelt aufstöhnend und keuchend auf den Rücken legte, um sich so zumindest noch ein bisschen von den Wellen schaukeln zu lassen.
Zornige, aber auch verzweifelte Tränen rannen ihr schon wieder über das Gesicht, immer mehr und mehr, während der Schmerz in ihrer Brust und Kehle ihr den Atem raubte und sie nur noch in den weiten, endlosen Himmel hinaufblickte und sich ausruhte.
Der Arsch sollte einfach nur wegbleiben. Ja, sie mochte noch nicht einmal mehr an ihn denken, an diesen arroganten und flegelhaften Drachenleader, der sich einbildete, sie gehörte nun ihm ...
Nein, ... nein! Aus und Stopp! An dieses Monster wollte und würde sie nicht denken, solange sie gerade mal etwas Freizeit hatte. Nein. Denn solange sie einmal ganz für sich sein konnte, ohne alle Verpflichtungen, Regeln, Streitereien, dem Einsperren in die Katakombenkeller des Bunkers wegen eines Angriffes und diesen elendig langen Sitzkreis-Lakhall in brütender Hitze, war die Welt noch halbwegs in Ordnung. Und das hieß für sie, sie würde nun einfach an rein gar nichts mehr denken. Jawohl! Einfach nur noch im Moment leben. Also daliegen und fühlen, das Wasser, warmer Wind, der über ihr nasses Gesicht fächelte, und die jetzt auch nur noch milde brennende Sonne.
Sie atmete tief ein und roch den herben Salzgeruch und blickte erneut in den endlosen blauen Himmel hinauf, während sie sich an einen komplett anderen Ort träumte. Hin zu einer anderen Zeit. Ja ... Denn das war so viel besser und erleichterte ihr Gemüt unglaublich.
Und dann hörte sie sie auch endlich wieder, ... das entfernte Kreischen und Lachen der Drillinge, das vom Strand herüberschallte, Mamas Rufe nach Karsten, der mal wieder durchgeknallt war und irgendjemanden mit Sand bewarf. Sie musste unwillkürlich lächeln und auch noch mehr weinen. Denn ihr war natürlich bewusst, dass sie mit diesen schizophrenen Tagträumen auf bestem Weg dahin war, ihren Verstand zu verlieren. Doch auch das war gut so.
Lieber verrückt sein und die Leute bei sich haben, die sie schmerzlich vermisste, als das Leben, so wie es nun war, einsam und allein in einer fremden, harten und bitteren Welt ertragen zu müssen.
Tief atmete sie durch die Nase ein ... und durch den Mund dann ganz langsam wieder aus. Eine größere Welle hob sie an und ließ sie wieder hinabsinken.
Sie meinte, noch lauteres Kreischen und Lachen zu hören und schloss die immer noch heiß brennenden Augen.
Oh, wenn sie doch nur wirklich alle hier bei ihr sein könnten. Ihre Familie, die erst vor sechs Monaten bei einem Hausbrand ums Leben gekommen war. Oma Erna. Ihre Brüder, Mama und Papa ...
Sie erzitterte und wäre beinahe von einer großen Welle, die auf einmal in eine ganz andere Richtung ging, untergetaucht worden. – Ohhhh ...! Himmel und Herrgott noch mal! Sie schüttelte kurz den Kopf und schniefte mal wieder gereizt auf, während sie sich hastig im Wasser umdrehte und dann rasch wieder aus der hier nun gerade immens stark gewordenen Strömung direkt in Richtung Buchtausgang, quer zu bewegend und kräftig kraulend, wieder zurück in Richtung Ufer schwamm.
Sie schimpfte dabei unablässig mit sich selbst, dass sie so unaufmerksam gewesen war, denn sie wollte ja beileibe nicht, dass der Drache gleich noch mal über sie hinwegflog oder auch noch hier im Wasser aufschlug.
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Der Pakt der Drachen - Gefährten
FantasyDies ist der 2. Teil meiner Bestsellerserie Der Pakt der Drachen. Die Tribute sind nun alle auf der Dracheninsel und in ihren Baumhäusern angekommen. Sie haben zähneknirschend akzeptiert, dass sie nun alle miteinander die Hauptdarsteller in der Rea...