Levi seufzte als er sein Pferd vor dem Hügel zum Stehen brachte. Hanji, Eren und co waren schon fast den Hügel hoch geritten als er die Augen schloss und einmal tief durchatmete. In seine Nase stieg ein salziger Geruch und er konnte die Wellen rauschen hören. Außerdem hatten sie das perfekte Wetter erwischt. Die Sonne schien, es war angenehm warm und nur wenige Wolken waren am Himmel. Sie waren an ihrem Ziel angekommen. Am Ziel ihrer Expedition.
„Levi!", hörte er Hanji nach ihm rufen.
Augenblicklich öffnete er wieder seine Augen und sah sie nach ihm winken.
Tch! Man kann nicht einmal kurz verschnaufen.
Alle, bis auf die Kommandantin, schienen auf das vor sich zu starren. War es anders, als wie sie es sich vorgestellt hatten? Neugierig auf das was ihm erwartete setzte er sein Pferd wieder in Bewegung und schoss wieder zu der Gruppe auf.
Als er oben ankam und neben seinen Kameraden stehen blieb gab er nur einen geschockten Laut von sich. Levi starrte jetzt genau wie die anderen auf das endlos weite Blau vor ihm. Sie hatten es wirklich geschafft, sie waren da. Ein Teich voll mit Salzwasser, der so riesig ist, dass er bis zum Horizont reicht.
Armin und Connie ritten bereits so schnell sie konnten hinunter als könnten sie es nicht erwarten in das kühle blau zu springen. Nach wenigen Sekunden machten sich die anderen auch auf den Weg nach unten. Levi blieb allein zurück und konnte den Blick nicht von dem Blauen Meer abwenden. Es versetzte ihm einen Stich ins Herz als er daran dachte das seine gefallenen Kameraden das nicht sehen konnten. Insbesondere einen.
Erwin.
Wieder zog sich sein Herz krampfhaft zusammen. Er senkte den Kopf, so dass ihm seine schwarzen Haare noch mehr ins Gesicht fielen, und hielt die Zügel etwas zu sehr fest.
Gut ein Jahr war vergangen, seitdem er Erwin gesagt hatte das er seinen Traum aufgeben und sterben soll. Der Kommandant des Aufklärungstrupps führte daraufhin eine große Gruppe, inklusive sich selbst, in den Tod. Levi erinnerte sich noch ganz genau an den Moment als Flocke mit dem sterbenden Erwin auf den Rücken geschnallt auf das Dach zu ihnen geklettert kam. Am liebsten hätte er sich sofort auf den großen Blonden gestürzt und ihm die Injektion gespritzt. Mittlerweile bereute er es ein wenig das er es nicht gemacht hatte.
Denn er hatte sich am Ende einer langen Diskussion für Armin entschieden. Er hatte so sehr gebetet das der Commander es trotzdem noch schaffen würde. Aber nachdem Armin Berthold gefressen hatte, stellte Hanji fest das Erwin bereits tot sei. Und es hatte Levi direkt doppelt das Herz gebrochen, auch wenn er es sich erst nicht anmerken ließ. Der Captain stand dem Commander schon eine Zeit lang sehr nahe. Näher als alle anderen auch nur erahnen konnten.
Noch bevor sie zu dieser Expedition aufgebrochen waren, hatte Levi dem Grab von Erwin einen Besuch abgestattet. Nach dem Tag der Beerdigung war er die nächsten Wochen fast täglich dort gewesen. Mittlerweile hat es sich auf mindestens einmal die Woche reduziert. Er hatte seinem Kommandanten davon erzählt das sie zur nächsten Expedition aufbrechen würden und wie sehr er ihn dabeigehabt hätte. Während er davon erzählte, musste er sich sehr zusammen reißen nicht ein paar Tränen zu verdrücken. Normalerweise war er nicht so weich aber seit Erwin nicht mehr bei ihnen ist, ist alles auf einmal ganz anders.
Levi erinnerte sich noch genau an den Moment als er nach Erwins tot auf sein Zimmer im Hauptquartier des Aufklärungstrupps kam. Er war total fertig gewesen. Er war mit Dreck und Blut übersät und sein ganzer Körper tat ihm vom Kämpfen weh. Erschöpft sackte er hinter seiner Zimmertür zu Boden und fing seit Jahren das erste Mal an zu weinen. Das erste Mal nachdem er Isabel und Farlan verloren hatte flossen bei ihm wieder die Tränen. Nachdem er sich etwas beruhigt hatte und sich frisch gemacht hatte verließ er mitten in der Nacht sein Zimmer. Und er hatte nur ein Ziel. Erwins Zimmer. Von nun an schlief er fast jeden Tag dort und hatte sogar Erwins Büro übernommen. Levi fühlte sich dort einfach näher bei Erwin. Auch wenn es dort umso mehr schmerzte.
„Levi jetzt komm endlich!", hörte er Eren von weitem rufen.
Der Captain seufzte einmal und sah dann wieder auf. Mittlerweile waren alle unten von ihren Pferden abgesprungen und schienen im Wasser herumzutollen. Levi der gar nicht zum Feiern zu Mute war setzt sein Pferd in Bewegung und ritt den kleinen Hügel hinunter zum Strand. Er Ritt durch den feinen weichen Sand zum einzigen Baum der in der nähen stand und an dem bereits ein Pferd angebunden war. Dort stieg er ab und band seine schwarze Stute ebenfalls an damit sie nicht weglief. Die Pferde der anderen waren nicht angebunden und grasten etwas weiter weg auf einer saftigen Wiese. Wie gut das sie so trainiert, waren das sie nach einem Pfiff direkt wieder zu ihrem Besitzer zurück galoppiert kamen. Das war echt hilfreich, besonders dann, wenn sie vom Pferd auf ihr 3D-Manöverapparat wechseln mussten und wieder zurück.
Jetzt sah sich Levi um. Alle wirklich alle schienen sich zu freuen, Spaß zu haben und für nur einen Moment den ganzen Scheiß, den sie erlebt hatten zu vergessen. Und er wünschte sich so sehr, dass er das auch könnte. Statt zu seinen Kameraden zu gehen, setzte er sich in den warmen Sand, zog die Beine an und schlang seine Arme drum. Und dann starrte er hinaus aufs blaue Meer, bis hin zum Horizont. Endlose weiten. Er seufzte und versteckte seinen Kopf in seinem Schoß. Auf einmal schien ihn alles wieder zu überrennen. Ihm stiegen Tränen in die Augen, sein Herz fing wieder an zu stechen und er zitterte. Wäre Erwin doch nur hier und könnte das sehen. Wie gerne würde er ihn jetzt in den Arm nehmen, seine Lippen auf, die des größeren drücken und ihm sagen, wie sehr er ihn liebte.
Warum hast du mich verlassen, du Idiot?
Levi versuchte sich zu beruhigen. Und hob seinen Kopf wieder an. Seine Kameraden hatte nichts mitbekommen, noch einmal Glück gehabt. Doch sein Glück war so schnell verflogen, wie es auch gekommen ist. Als er wieder aufs Meer sah war es endgültig vorbei. Bildete er sich das ein oder sah er dort Erwins Geist im seichten Wasser stehen? Er stand einfach dort und streckte eine Hand nach Levi aus. Erwin lächelte dabei. Das gab dem Captain den Rest. Er fing an zu weinen. Laut! Sein ganzer Körper bebte. All die Trauer, die er dachte, verarbeitete zu haben, hatte sich in ihm das ganze Jahr aufgestaut. Wieder vergrub er seinen Kopf in seinem Schoß, um sein Geschluchze abzudämpfen aber die anderen hatten schon davon Wind bekommen.
„Levi?" hörte er eine Stimme vor sich.
Leider konnte er nicht zuordnen wer das war. Er hörte nur eine weibliche Stimme heraus.
Als er aufsah sah er Mikasa vor sich hocken. Sie sah ihn mit einem traurigen und besorgten Blick an. Fast schon so als verstünde sie ihn. Dass er sich jetzt vor seinen Kameraden so weich zeigte, war ihm im Moment mehr als egal. Mikasa stand jetzt auf und hielt Levi eine Hand hin. Er ergriff diese nach kurzem Zögern und wurde direkt in eine lange, warme Umarmung gezogen.
„Es ist okay. Es ist okay Levi.", versuchte sie ihn zu beruhigen, indem sie sanft mit einer Hand auf seinem Rücken hoch und runter strich: „Es wird Zeit Abschied zu nehmen."
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I wish you could be here ~ Eruri
Short StoryDer Aufklärungstrupp hatte es geschafft, sie waren endlich am Meer angekommen. Das dies allerdings ein nicht so schöner Ausflug für Levi wird hätte er sich nicht erahnen können. - Eine kleine etwas traurig gestimmte Levi x Erwin Story. Ich kam auf d...