03. Wahrheit

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Ich musste professionell sein. Also machte ich ein paar Schritte auf sie zu und sagte etwas strenger. „Jennifer. Ich würde gern mit Ihnen, über Ihr Fernbleiben vom Deutschunterricht sprechen." Sie senkte den Blick und nickte. Hr. Michel kam als letzter aus dem Raum und lächelte erst mich an und sah dann Jenna zweifelnd an. „Ihr könnt diesen Raum haben, der ist jetzt frei." Ich bedankte mich und er machte sich auf den Weg. Jenna hingegen rührte sich nicht. Ich machte noch einen Schritt auf sie zu und betrachtete sie genauer. Schockierte und ohne darüber nachzudenken fuhr meine Hand an ihre linke Wange und sie zuckte augenblicklich weg. „Was ist passiert?"

Sie schüttelte nur den Kopf und ich atmete frustriert aus. „Können wir bitte reden?" Sie kaute auf ihrer Unterlippe und drehte sich dann endlich um und ging zurück in den Raum. Ich schloss die Tür hinter uns und als ich zum Pult ging, schoss mir der Gedanke an unser erstes Gespräch durch den Kopf. Die Situation hatte sich in meine Gedächtnis gebrannt und war dieser sehr ähnlich. Jenna lehnte an einem Tisch in der ersten Reihe und ich stand nur wenige Schritte von ihr entfernt vor dem Pult. Ich betrachtete sie genauer und schüttelte leicht den Kopf. Ein bereits leicht verblasstes blaues Augen. Ich holte tief Luft und fixierte ihre Augen. „Sagst du mir bitte was los ist? Ich dachte wir hätte das zwischen uns geklärt und nun tauchst du das vierte Mal in Folge nur zu meinem Unterricht nicht auf? Damit gefährdest du deine Ausbildung! Jenna das kann ich nicht zulassen!" Sie hob den Blick und lachte zynisch. „Ach plötzlich machst du dir wieder etwas aus mir. Ich bin doch nur eine deiner Schülerinnen also kann es dir doch egal sein." Entgegnete sie in scharfem Tonfall. Ich verdrehte die Augen und schluckte schwer. „Genau deswegen, es geht um deine Ausbildung und ich will nicht das du sie wegen mir oder dem was zwischen uns war, gefährdest." Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu Boden. „Okay, dann komm ich nächste Woche wieder in den Unterricht." Ich runzelte die Stirn und schüttelte leicht den Kopf. Was für ein plötzlicher Sinneswandel. „Kann ich mich darauf verlassen?" Fragte ich vorsichtig. Jenna stieß genervt die Luft aus und nickte. „Wie du schon sagtest. Ich muss zu deinem Unterricht, sonst war es das mit der Ausbildung." Sie biss die Zähne zusammen und wandte den Blick ab. „Kann ich dann gehen?" Ich ignorierte die Frage, legte den Kopf etwas schief und betrachtete sie genauer. „Woher hast du das blaue Auge?" „Egal." Sagte sie beiläufig und ließ den Blick durch den Raum wandern. Sie versuchte eindeutig etwas vor mir zu verbergen. Nur was? Ich machte energisch einen Schritt auf sie zu. „Nein ist es nicht." Wie aus Reflex fand meine Hand wieder ihre Wange und strich zart darüber als ich ihre Verletzung betrachtete. Dieses Mal zuckte sie nicht zurück, sondern lächelte zaghaft und ihre Hand legte sich auf meine und streichelte sie leicht. Ich versank regelrecht in ihrem Blick, bekam weiche Knie und mir wurde plötzlich ganz warm. Oh nein, dass durfte nicht sein. Schnell entzog ich ihr meine Hand und sah sie entschuldigend an. „Du kannst mit mir über alles reden." Flüsterte ich eindringlich. Jenna lächelte schief. „Wirklich über alles?" Ich nickte sofort und nahm neben ihr auf einem Tisch Platz. Sie tat es mir gleich und ihr lächeln verschwand. „Ich bekomme dich nicht aus meinem Kopf." Oh, das war es also was sie zu verbergen versuchte. Hatte sie ernsthaft Gefühle für mich entwickelt? Jenna verzog das Gesicht zu einem schiefen Grinsen. „Hab es mit Alkohol versucht und bin dann volltrunken mit meinem Schrank kollidiert. Daher das Veilchen, nichts weiter." Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und stieß die Luft durch die Zähne aus. „Alkohol ist doch keine Lösung." Sagte ich angespannt. Sie lachte bitter. „Ich wollte mal abschalten und den Kopf frei bekommen. Ich weiß nicht ob du das verstehen kannst, aber ich träume jede Nacht von dir, von uns. Höre dich immer wieder unter mir stöhnen. Sehe dein vor Lust verzehrtes Gesicht, fühle, rieche und schmecke deinen atemberaubenden Körper." Raunte sie mir ins Ohr. Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht schoss und meine Mitte sehr eindeutig, auf ihre doch recht eindrücklichen Schilderungen reagierte. "Jenna..." Ich bekam kein weiteres Wort heraus und starrte sie mit leicht geöffnetem Mund an. Sie lächelte anzüglich und lehnte sich wieder näher zu mir, ihre Hand streichelte leicht über meine. „Das passiert mir dann auch manchmal, wenn ich den Gedanken zu intensiv nachgehe. Dann muss ich mich selbst berühren und wenn ich komme, kommt mir immer dein Name über die Lippen. Dana!" Mir entwich ein leises Stöhnen und ich presste unwillkürlich die Beine zusammen. „Was machst du nur mit mir." Brachte ich heißer und abgehackt heraus, schüttelte leicht meinen Kopf und atmete tief ein. Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe als ich flüsterte, „Mir geht es auch nicht anders, aber..." Jenna legte ihren Finger auf meine Lippen und brachte mich damit zum Schweigen. „Endlich bist du ehrlich zu mir." Flüsterte sie nah vor mir. Ich hatte nicht mitbekommen wie sie aufgestanden war und sich plötzlich zwischen meine Beine drängte und mit ihren Fingern leicht über meine Oberschenkel fuhr. Unsere Blicke trafen sich und ich versank erneut in ihren Smaragd grünen Augen. Alle Zweifel waren wie ausgelöscht. Ihre rechte Hand löste sich und fuhr über meine Wange, ganz zart und vorsichtig brachte sie ihren Kopf näher an meinen und dann lagen ihre weichen Lippen auf meinen. Ohne darüber nachzudenken erwiderte ich den Kuss hungrig. Meine Gefühle überrollten mich. Plötzlich war alles so logisch, das, nein sie hatte mir in den letzten Woche so gefehlt. Ich zog sie näher an mich und ihre Hände legten sich in meinen Nacken und hielten mich nah bei ihr. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher und intensiver, unsere Zungen duellierten sich wild und wenig später trennten wir uns atemlos grade so weit, das ihre Stirn an meiner ruhte. „Ich will dich!" Hauchte sie leise und ich schüttelte leicht den Kopf. Sie nahm ihren Kopf zurück, sah mich kurz an und küsste mich erneut mit so einer Intensität und voller Gefühl, dass mir schwindlig wurde. Wieder löste sie unsere Lippen voneinander. „Bitte, vergiss all die Lügen." Sie nahm meine Hand und legte sie auf ihr Herz, ich spürte wie schnell es schlug. „Meine Gefühle für dich sind echt!" Ein Lächeln legte sich auf ihr Gesicht. „Dana, ich hab mich total in dich verknallt." Ich konnte nicht anders als ebenfalls zu lächeln und leicht den Kopf zu schütteln. „Aber das hat doch keine Zukunft mit uns", sagte ich mit einem traurigen Unterton und sah ihr wieder in die Augen. Sie biss die Zähne zusammen und legte ihren Kopf sanft an meinen. „Lass es uns versuchen." Ich lehnte mich etwas zurück und schaffte etwas Abstand zwischen uns. „Lass mich darüber nachdenken und dann reden wir noch mal in Ruhe, aber nicht hier." Sie löste sich von mir ging zu ihrer Tasche, riss einen Zettel aus ihrem Block und schrieb mit einem Stift etwas darauf. Sie faltete ihn und gab ihn mir. „Dann meld dich, bitte." Flüsterte sie eindringlich und drückte mir einen Kuss auf, bevor sie aus dem Raum eilte. Wie versteinert saß ich noch immer auf dem Tisch und starrte auf den Zettel mit ihrer Nummer in meiner Hand. Was war in den letzten Minuten geschehen. Meine Gefühle waren völlig in Aufruhr und ob ich es mir selbst eingestehen wollte oder nicht, ich hatte Schmetterlinge im Bauch. Ihre Worte hatten mich erregt und auch dieses Gefühl wollte nicht vergehen. „Verdammt!", fluchte ich laut, ich hatte tatsächlich mit meiner Schülerin geknutscht und das auch noch in der Schule. Zugegeben wir hatten schon weit aus mehr miteinander getan, aber da wusste ich noch nicht das sie meine Schülerin sein würde und es war nicht in der Schule. Ich musste von allen guten Geistern verlassen sein, aber es war so schön, schlich sich der Gedanke in meinen Kopf. Verzweifelt schüttelte ich ihn ab, streckte den Zettel in meine Hosentasche und schulterte meine Tasche.

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