Ihnen kam der Geruch von abgestandener Luft und Linoleum entgegen. Bis zum regulären Trainingsbeginn waren noch gut eine Stunde Zeit. Ohne ein weiteres Wort zu wechseln begannen die Beiden die benötigten Gegenstände aus dem Lagerraum zu holen und das Netz aufzubauen. Hinata schob fröhlich auf und ab hüpfend einen Wagen mit Bällen an den Spielfeldrand und schnappte sich einen davon um ihn auf einer Fingerspitze kreisen zu lassen. „Bereit?", kam es in herausforderndem Ton von dem kleinen Spieler. Kageyama warf seine gerade verwendete Trinkflasche auf sein Handtuch und schritt grinsend in die Mitte des gegenüberliegenden Feldbereichs. Mit einer herausfordernden Handbewegung deutete er an der Rothaarige solle anfangen. Hinata richtete den Ball auf sein Gegenüber aus, holte tief Luft und warf den Ball in die Luft. Mit voller Wucht schlug er gegen das runde Leder und ... beförderte dieses, mit zugegebener Maßen hohen Geschwindigkeit, gegen das Netz. Er blinzelte einige Male verdutzt bevor er sich die Haare raufte. „Aaah, verdammt!" Kageyama war in die Knie gegangen und hatte die Arme bereits nach vorne ausgestreckt um den Aufschlag anzunehmen, kringelte sich jetzt jedoch vor Lachen auf dem Hallenboden. Prustend holte er Luft und wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln. Beleidigt blies der Wuschelkopf auf der anderen Seite des Netzes seine Wangen auf. Ohne lange zu Zögern – oder nachzudenken – griff er in den Ballwagen und schmetterte gleich den Zweiten hinterher. Dieser fand wie beabsichtig seinen Weg über das Netz. Zu seiner eigenen Überraschung hatte Hinata sogar die Richtung getroffen, die er beabsichtigt hatte und realisierte jetzt erst, dass Kageyama nicht mehr rechtzeitig auf die Beine kommen würde um den Ball annehmen zu können. Erschrocken quietschte er auf und unterbrach damit den Lachanfall seines Mitspielers. Dieser bemerkte das auf ihn zukommende Geschoss gerade noch rechtzeitig um seine Arme schützend vor sein Gesicht zu ziehen. Der Ball traf auf seinen rechten Unterarm und prallte ab. Da der Schwarzhaarige jedoch alle Energie aufgewendet hatte um seine Arme nach oben vor sein Gesicht zu bringen schaffte er es nicht der Wucht des Balles seitwärts etwas entgegenzubringen, wodurch sein rechter Arm an dem er getroffen wurde gegen sein Gesicht schlug. Auch wenn Hinatas Aufschläge es an Wucht bei Weitem noch nicht mit seinen aufnehmen konnten tat seine Nase in diesem Augenblick ganz schön weh. Aufs Äußerste gereizt ließ er bedrohlich langsam seine Arme sinken und warf stechende Blicke in Richtung der anderen Seite des Netzes. Im ersten Augenblick stutzte er, da er den Übeltäter nicht entdecken konnte Dann jedoch verengten sich seine Augen zu Schlitzen, denn hinter dem Ballwagen lugten einige rotblonde Haarsträhnen hervor. Mit geröteter Nase stapfte er los und blieb neben dem Wagen stehen. Mit vor Wut zitternder Stimme blaffte er den Besitzer des Haarschopfes an: „Was um alles in der Welt war das?! Sah es in irgendeiner Weise so aus, als ob ein Aufschlag in dieser Situation angemessen gewesen wäre?! Was ist deine Entschuldigung?!" Der Angesprochene hatte während der Ansprache versucht den Wagen erneut zwischen sich und sein Gegenüber zu bringen, jedoch nur mit dem Erfolg nun hinter einer sehr dünnen Stange zu sitzen. Ängstlich schaute er auf und zeigt kurz darauf eine seltsame Mimik. Die Gesichtszüge des Kleineren schienen zu entgleisen, seine Augen weiteten sich und wurden feucht, seine Lippen waren aufeinander gepresst und die Mundwinkel zuckten immer wieder auf und ab während seine Nasenflügel auffällig zitterten. „Hinata?" Kageyama blickte ihn verwirrt an. Er hatte eher mit Unschuldsbeteuerungen oder gejammerten Entschuldigungen gerechnet, aber nicht mit einem ganz offensichtlich vor Anstrengung prustendem Hinata dessen Ausdruck einer Hannya-Maske ähnelte. Mit steigender Verwirrung verpuffte der Zorn des Zuspielers, seine zuvor geballten Fäuste entspannten sich und er hob fragend eine Augenbraue. „Tut dir doch noch was weh von eben als du gegen die Tür geknallt bist?" Der Rothaarige reagierte nicht auf die Frage, er schien immer noch stark mit etwas beschäftigt zu, was nur er alleine verstand. Nach einigen Sekunden verlor er den Kampf gegen was auch immer und ein lautes Lachen und Prusten brach aus ihm heraus. Der kleine Körper wurde geschüttelt von einem Lachkrampf und Tränen rannen über das vor Anstrengung gerötete Gesicht. „Bahaha! Kageyama, deine Nase... und der Blick dabei... Ich kann nicht mehr!" Keuchend sog er Luft in seine Lungen um unmittelbar darauf wieder in schallendes Gelächter auszubrechen. Er saß immer noch gekrümmt hinter dem Ballwagen und umschlang mit beiden Armen seinen Körper. Kageyama riss geschockt zunächst seine Augen auf bevor diese sich innerhalb von Millisekunden zu engen Schlitzen verengten. Mit ungezügelter Wut presste er durch seine fest aufeinander gebissenen Zähne: „Na warte du kleiner ...", und warf sich auf den am Boden Kauernden. In wilder Rangelei, bei der mal der eine und mal der andere die Oberhand hatte, rollten sie über den Boden, bis sie schließlich beide keuchend und außer Atem in der Mitte des Spielfeldes zum Halten kamen. Der Schwarzhaarige hatte es geschafft die Handgelenke des Kleineren zu packen und presste diese an den Boden während er breitbeinig auf dessen Oberschenkeln saß und somit auch diese bewegungsunfähig machte. Angestrengt dachte er nach wie er jetzt am besten vorgehen sollte, denn wenn er seinen Griff löste würde sich dieses rote Wiesel sofort entwinden und abhauen. Einige Augenblicke vergingen bis der Größere bemerkte, dass Hinata nicht mehr zappelnder Weise versuchte seinem Griff zu entkommen, sondern sich seinem Schicksal zu ergeben schien. Die Brust des Rothaarigen hob und senkte sich immer noch in einem schnelleren Takt als sonst, jedoch hatte das Keuchen nachgelassen. Schweiß rann seinen Hals und Nacken entlang und bildete feuchte Schlieren auf der erhitzten Haut. Der Schwarzhaarige verfolgte eine besonders große Schweißperle, die sich ihren Weg von den Schläfen des kleinen Spielers, an der Gesichtskontur entlang, am Hals runter bis in den Ausschnitt bahnte und bemerkte, dass dieser seinen Kopf zur Seite gedreht hatte. Die Augenlider waren niedergeschlagen, so dass es aussah, als hielte er die Augen geschlossen. Die Wangen waren gerötet und Hinata biss unbehaglich auf seiner Unterlippe herum. Zunächst erschloss sich Kageyama nicht warum er dies tat, realisierte dann jedoch, in welcher Position sie sich befanden. Erschrocken ließ er die Handgelenke des Kleineren los und richtete sich ruckartig auf. Innerhalb weniger Augenblicke stand er auf seinen Füßen und drehte sich von dem am Boden Liegenden weg. „L-lass dir das eine L-Lehre sein. Mach so einen M-Mist nicht noch einmal", stotterte er vor sich hin und war plötzlich sehr mit seiner Trinkflasche beschäftigt. Hinata rappelte sich währenddessen vom Boden auf und klopfte sich verlegen den imaginären Staub von seiner Hose. Eine seltsame angespannte und vor allem unangenehme Atmosphäre entstand zwischen den Beiden. Keiner wusste was er sagen sollte. Die Rettung kam kurz bevor die Spannung unerträglich wurde durch den Kapitän der Mannschaft und seinem Begleiter. „Oh, hallo ihr Beiden. Schon wieder fleißig am trainieren?", kam es im fröhlichen Ton von dem breitschultrigen Braunhaarigen. „Daichi! Sugawara!", quietschte Hinata erleichtert auf und stürmte auf die beiden Drittklässler zu um sie zu begrüßen. Kageyama murmelte ein „Morgen", bevor er sich abwand und mit einigen Dehnungsübungen begann. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust und das Blut rauschte in seinen Ohren. Irritiert betrachtete er seine Handflächen. Er spürte noch immer den rasenden Puls und die feuchte Haut des Kleinen. Ein Kribbeln durchfuhr seinen Körper und breitete sich wie Ameisen in seiner Magengegend aus. Was war das gewesen? Er war doch sonst nicht so empfindlich was Körperkontakt anging. Der dunkelhaarige Zuspieler seufzte und schlug sich die Handflächen gegen die Wangen. Jetzt musste er sich erst Mal auf das Training konzentrieren. Komische Körperfunktionen, die er erst in letzter Zeit zu entwickeln schien, konnte er danach immer noch analysieren. Noch einmal tief einatmend drehte er sich in Richtung seiner Teamkameraden und schritt auf die Dreiergruppe zu. „Sugawara, spiel mir bitte ein paar Bälle zu", bat er den Begleiter des Kapitäns. Der junge Mann mit den silbergrauen Haaren lächelte und nickte zur Bestätigung. Erleichtert zumindest für den Augenblick nicht direkt mit Hinata zusammen trainieren zu müssen machte sich Kageyama auf den Weg zum Spielfeld. Bei dem Gedanken verzog er sein Gesicht. Wenn er jetzt schon erleichtert war nicht mit dem Kleineren spielen zu müssen würde das restliche Training kein Zuckerschlecken werden. Betrübt lies er die Schultern hängen. „Ist was passiert Kageyama?", vernahm er eine leise Stimme in seinem Rücken. Kurz vorm Netz angekommen drehte er sich zum Inhaber der Stimme und schüttelte leicht den Kopf. „Nein, alles gut bei mir. Lass uns anfangen Sugawara."
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Sweet Summer-Dream (mit 🍋Extra)
FanfictionEine kleine Geschichte über aufkommende Gefühle im Spätsommer. Kageyama ist im ersten Jahr an der Karasuno-Oberschule. Nach einigen Auf und Abs hat er sich in das Volleyballteam der Schule integriert. Ein besonderes Verhältnis pflegt er mit seinem...