Kapitel 2

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Ayleen hörte nur mit halbem Ohr zu, deswegen war sie überrascht als sich Lucien neben sie setzte, denn der Stuhl neben ihr war immer frei, niemand wollte mit ihr sitzen.
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Sie warf ihm einen unsicheren Blick zu und fühlte sich unangenehm ertappt als er ihren Blick belustigt erwiderte. "Wie heisst du, schüchternes Mädchen?", fragte er leise damit der Lehrer ihn nicht hörte. Zuerst wollte sie nichts sagen weil sie einfach eingeschüchtert war aber da sie jetzt in die gleiche Klasse gingen wäre es komisch, ausserdem würde er ihn sowieso erfahren sobald der Lehrer sie aufrufen würde oder etwas in der Art. Entschlossen straffte sie ihre Schultern, schliesslich war es doch nur ein Junge Herrgott nochmal. "Ayleen", sagte sie und blickte ihm dabei direkt in die Augen um nicht ein weiteres Mal als schüchtern bezeichnet zu werden. "Ayleen, ein schöner Name", sagte er und erwiderte ihren Blick freundlich lächelnd. "Da wir jetzt alle auf dem gleichen Stand sind können wir ja mit dem Unterricht beginnen", rief Herr Darnielle und unterbrach uns somit, im Klassenzimmer wurde es still. Herr Darnielle fing an die Aufgabe zu erklären, die wir zu zweit am Pulten würden lösen müssen, "Ihr werdet euch zu zweit für ein Thema entscheiden. Ihr habt drei Doppellektionen, in denen ihr ungestört am Plakat zu eurem Thema arbeiten könnt, das heisst heute in zwei Wochen müsst ihr abgeben. Gebt euch Mühe, diese Arbeit wird benotet werden." Während er redete, ging er die Pultreihen entlang und blieb schliesslich ganz hinten bei uns stehen. "Ich werde euch nun die Themen vorstellen, bitte diskutiert kurz mit eurem jeweiligen Partner für was ihr euch interessiert und entscheidet euch dann bitte." Er projizierte eine Tabelle mit einigen Themen an die Wand und liess sich anschliessend in seinem Stuhl nieder.

Ayleen musterte kurz die Tabelle und drehte sich danach zu Lucien. "Hast du schon ein Thema das dich interessiert?", fragte er und schaute sie an. "Hmm also ich denke dass die Ägypter oder die Römer spannend sein könnten, wäre eins von diesen beiden in Ordnung für dich?" antwortete sie und schaute ihn fragend an. Er überlegte kurz und streckte dann auf. Herr Darnielle schaute über den Rand seiner klobigen Brille und rief Lucien auf. Dieser antwortete leise aber deutlich: "Wir würden gerne das Thema über die Ägypter übernehmen." Der Lehrer nickte erfreut und wandte sich an den Rest der Klasse. "Bitte entscheidet euch nun wie die Beiden hier und fangt an in den Dossiers zu lesen wie der Auftrag ausgeführt werden muss. Ich steh euch nachher für allfällige Fragen zur Verfügung, ihr solltet aber konzentriert Arbeiten." Lucien und Ayleen lasen beide für sich die Einleitung zum Thema Ägypten durch. Sie einigten sich darauf ein Plakat zu machen und fingen an zu recherchieren. Ayleen musste zugeben, dass Lucien sie auf eine gewisse Weise faszinierte. Er war ohne Zweifel intelligent und seine Worte schienen einem immer vorsichtig gewählt. Sie musste zugeben, dass auch wenn er eine dunkle Energie besass, ihr die Gruppenarbeit spass machte. Sie mussten viel lachen, was Ayleen neidische Blicke der anderen Mädchen einbrachte. Doch sie kümmerte sich nicht darum, denn warum sollte sie die Meinung derer kümmern, die sie runtermachten und beleidigten? Ausserdem war das einzige das sie wirklich interessierte der Fakt das sie lachte. Frei und offen, ohne Scham, ohne das Gefühl dass sie sich verstecken müsste. Sie hatte schon lange nicht mehr so offen gelacht und das stimmte sie nachdenklich. Warum eigentlich? Warum hatte sie vor einigen Jahren aufgehört zu lachen? Weil zwei blöde Tussen sich dazu entlschlossen hatten nicht mehr mit ihr zu reden, das war die traurige und dämliche Warheit!

Offenbar war sie ein kleines bisschen abgeschweift denn Lucien sah sie verwirrt an und wiederholte ihren Namen wie in Dauerschleife. "Ayleen? Hallooo Ayleen?" Sie grinste ihn entschuldigend an und sagte leise "Sorry, war in Gedanken." "Das habe ich gemerkt", sagte er und musste leise lachen. Danach machten sie am Projekt weiter. Der Rest des Tages verlief ruhig, das Mittagessen ass sie alleine an einem Tisch im Innenhof. Nachdem der Schultag endete fuhr sie in einem überfüllten, lärmigen Bus nach Hause. Sie trat durch die Tür und rief leise "Hallo?". Sie bekamm keine Antwort, es war aber nicht weiter wunderlich. Ihr älterer Bruder war nie Zuhause, dafür wurde er aber nie bestraft denn ihr Vater sah in seinem Verhalten überhaupt kein Problem. Wie auch wenn er selber nie Zuhause war und sich irgendwo bei anderen Frauen rumtrieb. Ihre Mutter hingegen wohnte in Australien. Sie hatte die Familie verlassen als Ayleen 6 Jahre alt war, die aber hatte ihre Mutter nie sonderlich gemocht. Schon mit sechs Jahren musste Ayleen im Haushalt mithelfen, ihr Bruder hingegen der sogar älter war musste einen Scheiss machen. Was heissen sollte gar nichts. Ihre Familie hatte schon immer eine altmodische Denkweise, leider nicht auf eine gute Art und Weise. Sie war der Ansicht das Männer die Schlauen, die Mächtigen sind, dass sie das Geld einbringen und das Oberhaupt sind. Die Frauen aber müssen gehorsam sein, sie dürfen nichts hinterfragen und müssen dafür sorgen dass im Haus alles gut aussieht. Solange sie putzen und kochen ist die Welt in Ordnung. Das Ganze kotzte Ayleen an. Sie lebten im verdammten 21. Jahrhundert, nich im 19. Natürlich war das ganze nicht so schlimm wie vor paar hundert Jahren aber es war doch so schlimm dass sie einfach nur weg wollte. In dem Moment in dem sie 18 werden würde, wird sie diesen Scheissplatz namens „Zuhause" verlassen. Regelrecht flüchten wird sie, Geld sparte sie schon seit Jahren, für eine Wg oder so wird sie auch schon einen Monat vorher Ausschau halten. Bei diesen finsteren Gedanken seufzt sie tief und geht in die Küche um sich etwas zu essen zu holen. Müde und ein wenig niedergeschlagen sass sie an die Kücheninsel und ass eine Scheibe Brot die mit einem grossen Stück dunkler Schokolade belegt war. Nicht gerade das gesündeste aber wen interessierte es, Hauptsache es war lecker.

Anschliessend schlurft sie die Treppe hoch in ihr Zimmer und lässt sich dann langsam und dezent dramatisch die Tür runter rutschen. Auch wenn sie versucht es zu unterdrücken ist es sinnlos. Kleine, heisse Tränen rinnen ihr die Wange hinab und tropften auf ihre Hände, die ihre angewinkelten Beine umklammerten. Sie atmete ruckartig und hastig im Versuch nicht laut zu schluchzen. Denn falls ihr Bruder oder noch schlimmer ihr Vater das hören würde dann würde es wieder eine ellenlange Predigt geben. Das weinen für schwache Leute sei, dass Ayleen auch überhaupt keinen Grund habe zu weinen da sie ja alles hätte. Essen, ein Dach überm Kopf, sogar ein Handy, gute Kleider und so weiter und so fort. Aber was sie sich eigentlich wünschte war simpel. Freunde die mit ihr zu Mittag assen, mit ihr lehrten, einfach mit ihr sprachen und sich um sie kümmerten. Sie selber würde sich liebend gerne um jemanden kümmern, mit der Person lachen, Spässe mache und sie halten, trösten, unterstützen wenn die Person Kummer hätte. Erneut seufzte sie tief und bemühte sich konzentriert um eine regelmässigen Atmung, um ihren Heulkrampf zu stoppen. Ein..., aus..., ein..., aus. Sie rieb sich mit den Knöcheln die roten Augen und stand auf. Sie trat vor den Spiegel, schaute ihr Ebenbild entschlossen an, straffte die Schultern und band sich die Haare zu einem strengen Dutt.
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Sooo, also wie ihr vielleicht schon gemerkt habt bin ich nicht diejenige die wirklich regelmässig veröffentlicht, aber ich hoffe das stört nicht...
Verbesserungsvorschläge sind immer erwünscht ^^
Eure LilithBellaLestrange ✌🏻

Im Schatten der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt