Neue Realität

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Sobald sie der Kerker verließen musste Maribel die Augen zusammenkneifen. Sie befanden sich in einer Art Halle, deren großen Rundbogenfenster das Licht der untergehenden Sonne durch ließen. Drei Treppen an den Enden und in der Mitte des Raumes führten nach oben. Nur ein paar Wachen hielten sich hier auf und schauten abschätzig in ihr Richtung. Bevor sie sich mehr umschauen konnte, lotste Rosalind sie an der linken Treppe vorbei in einen schmalen Gang, vermutlich ein Weg für Bedienstete. Eine junge Frau mit Korb unter dem Arm kam ihnen entgegen. Bei Maribels Anblick verzog sich ihre zuvor neutrale Mine zu einem Ausdruck voller Verachtung. Sie wich aus und presste sich an die Wand, schürzte dabei aber die Lippen, als würde sie sich bereit machen Maribel ins Gesicht zu spucken.

Rosalind wurde nicht langsamer und ignorierte sie vollkommen. Entweder sie sah nicht was vor sich ging oder sie ignorierte es.

Maribel lief es kalt den Rücken runter. Sie saß fest an einem Ort, an dem sie die verhasste Feindin war, Himmel, wo jeder ihr Feind war. Ihre Fäuste verkrampften sich. Sie versuchte ihren Frust herunter zu schlucken und sich auf den Gedanken zu konzentrieren, dass es unwichtig war. Sie würde sowieso nicht lange hier sein.

Allzu bald traten sie ins Freie. In im Licht der letzten Sonnenstrahlen konnte Maribel noch einen Blick auf das Hauptgebäude werfen, bevor Rosalind ihr Aufmerksamkeit auf ein Gebäude nahe an der Schlossmauer lenkte. „Hier ist die diensthabende Wache stationiert und hier wirst du vorläufig untergebracht", erklärte sie, „Je nachdem wie du dich verhältst, wirst du einen anderen Platz zugewiesen bekommen. Ich werde dir drinnen deine Unterkunft zeigen und dir dann erklären, was deine Aufgaben sind, verstanden?" Maribel nickte. Die Luft war angenehm, lieber wollte sie in diesem Hof verweilen, als wieder irgendwo eingesperrt zu sein. Mühsam humpelte sie nach drinnen und mühte sich ab, eine schmale Stiege zu erklimmen. Oben befand sich ein kleiner dunkler Flur, von dem mehrere Türen abgingen. Rosalind führte sie zu der hintersten.

„Dies ist dein Zimmer. Den Schlüssel verwahre vorerst ich. Es ist alles darin was du brauchst. Für die nächsten Tage wirst du deine Mahlzeiten hierher gebracht bekommen." Sie machte eine Pause und musterte Maribel eindringlich. „Aufgrund deiner Verletzungen wirst du dich vorerst in der Küche nützlich machen, immer unter Aufsicht. Du bewegst dich nicht ohne mich durchs Schloss. Der Hofarzt wird regelmäßig nach dir schauen, Du solltest dem König dafür dankbar sein. Das ist erstmal alles was du wissen musst."

„Verstanden."

Dienst hin oder her, egal was der König sagte, sie war immer noch eine Gefangene.

Unter Rosalinds strengem Blick betrat Maribel das Zimmer und hörte kurz darauf die Tür ins Schloss fallen. Das Klicken eines Schlüssels blieb aus, auch schienen Rosalinds Schritte sich nicht weit zu entfernen.

Der Weg war kurz gewesen, aber alle ihre Glieder schmerzten.

Das Zimmer war spärlich möbliert, in der Ecke stand ein Bett, daneben ein Schrank. Ein winziges Fenster führte runter zum Hof, davor stand ein dunkler Tisch mit einem Holzstuhl. Neben dem Bett befand sich noch ein Nachttopf sowie eine Kerze, mehr gab es in dem Raum nicht. Mit etwas Mühe humpelte sie zum Schrank und öffnete ihn. Zu ihrer Überraschung befand sich tatsächlich Kleidung darin, sie hatte nicht damit gerechnet damit ausgestattet zu werden.

Es handelte sich um zwei weiße Blusen, eine dunkle Hose, sowie ein Kleid in einem ausgeblichen Blau samt Unterbekleidung. Mit Wehmut dachte sie an ihre Garderobe zuhause. Das hier war nichts dagegen und nicht von der Qualität die sie gewöhnt war.

Sie war nicht überrascht, aber spürte trotzdem das Ziepen der Enttäuschung, dass sie nichts von den Dingen, die sie am Körper getragen hatte hier vorfand.

Ächzend ließ sie sich auf dem Bett nieder.

Wieder warten.

Sie musste sich fürs erste fügen. Allerdings hatten Rosalinds Anweisungen nur so geklungen, als würden sie für die nächste Zeit gelten. Wenn sie sich gut benehmen würde, würden ihr bestimmt mehr Freiheiten gestattet werden.

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⏰ Last updated: Feb 07, 2021 ⏰

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Schatten der LoyalitätWhere stories live. Discover now