„Wofür habe ich jetzt nochmal so viel Geld gezahlt, wenn ich hier lerne, Rührei zu machen? Ernsthaft Liz, Rührei?", meckert der große Typ jetzt schon wieder und ich summe auffällig fröhlich vor mich hin, während ich die Zwiebeln weiter in kleine Würfel schneide.
„Damian, jetzt hör' doch bitte mal auf zu meckern", zischt das zierliche, rothaarige Mädchen, offenbar seine Freundin, neben ihm. „Die anderen haben auch alle Spaß."
„Die sind ja auch alle freiwillig hier", brummt der Miesepeter weiterhin, sieht sich in der Teilnehmerrunde um und hält meinem neugierigen Blick stand, als er bei mir ankommt. Seine Augenbraue hebt sich herausfordernd und ich lege mir im Kopf bereits eine bissige Antwort zurecht, als Tom, der Leiter unseres Kochkurses, sich zwischen uns stellt und motivierend in die Hände klatscht.„So, mir ist schon klar, dass die meisten von euch bereits Rührei zubereiten können", lacht er laut und mir entgeht nicht das Augenrollen des Meckermannes. „Aber ihr seid ja auch hier, um einfache Gerichte spannend und neu zu entdecken. Keiner kocht zu Hause ein Vier-Gänge-Menü, also zeige ich euch hier alltagstaugliche Gerichte, mit denen ihr zu Hause so manches Lob ernten könnt. Und dazu gehört eben auch - Rührei."
Ich lächele Tom freundlich an und blicke mich im Teilnehmerkreis um. Ich habe mir schon lange diesen Kurs gewünscht und mein Freund Martin hat ihn mir dieses Jahr endlich zum Geburtstag geschenkt. Ich koche für mein Leben gern, bin jedoch nur bedingt talentiert darin. Leider hat Martin heute Abend einen wichtigen Termin, so dass ich den ersten Kochabend allein bestreiten darf, aber ab nächster Woche will er immer dabei sein.
Das andere Pärchen, Heiko und Sophie, hat ihn zur Hochzeit geschenkt bekommen, das erzählte Sophie mir vorhin, als wir vorn im Eingangsbereich darauf warteten, dass Tom uns abholte.
Das dritte Pärchen, offenbar heißen sie Liz und Damian, kam zu spät und darum habe ich keine Ahnung, wie sie zu diesem Kurs kamen. Oder warum. Oder warum sie zusammen sind.
Seit ihrem Eintreffen ist dieser Typ nur am Meckern. Darüber, dass er das alles total überflüssig findet, er meckert mit Liz, wenn sie etwas nicht richtig macht und überhaupt ist er der negativste Mensch, dem ich seit langem begegnet bin. Wie die kleine, süße Liz es mir diesem Mann aushält, ist mir schleierhaft.„Also", erklärt Tom das weitere Vorgehen. „Ich habe verschiedene Stationen vorbereitet und einige von euch haben ja bereits angefangen, Zutaten vorzubereiten. Wir haben Krabben bei Sophie und Heiko, Feta und Spinat bei Liz und Damian und Zwiebeln und Speck bei Elias."
Als mein Name genannt wird, zeige ich wie ein Präsentationsmodel über meine vorbereiteten Schälchen mit Zwiebeln und Speck, was allen ein herzliches Lachen entlockt. Allen außer diesem Damian. Er rollt mit den Augen und trommelt genervt mit seinen langen Fingern auf der Arbeitsplatte herum.
„Und", schließt Tom lachend ab. „Wir haben jede Menge Eier."
Damian murmelt etwas, was Liz ihn unsanft ihren Ellbogen in die Seite stoßen lässt und ich vermute, dass es keine nette Aussage über Tom war. Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen und beschließe hiermit, ihn scheiße zu finden.„Bitte fangt an, die Eier mit der Milch und einem Schuss Mineralwasser für die Fluffigkeit zu mischen und dann könnt ihr bitte an den Stationen rotieren und jeweils probieren. Es ist genug für alle da", weist Tom uns an.
„Die Fluffigkeit", lacht Damian laut und ich forme meine Augen zu Schlitzen. „Steht das so im Duden?"Tom schaut etwas verunsichert und ich mische mich ein: „Ja, direkt unter Taktlosigkeit. Können wir dann anfangen? Ich möchte schrecklich gern die Variante mit den Krabben probieren."
Damit ignoriere ich Damians wütenden Blick in meine Richtung und stelle mich zu Sophie, die mich freudestrahlend anlächelt.Ich weiß, wäre Martin hier, hätte er mich schon vorher mit einem Blick oder einer Berührung von meiner patzigen Bemerkung abgehalten, denn er ist von uns beiden der Harmoniefreund, der allem Ärger grundsätzlich aus dem Weg geht, aber Martin ist nicht hier und außerdem hat dieser Penner es verdient.
„Also Liz", plaudere ich zwanzig Minuten später fröhlich, als ich meine Lieblingsvariante des Rühreis, nämlich die mit Spinat und Feta, bei ihr probiere. „Wie seid ihr denn zu diesem Kurs gekommen? Damian scheint ja nicht besonders motiviert zu sein."
Ihr missgelaunter Freund hat sich kurz entschuldigt, vermutlich überlegt er sich auf dem Klo weitere genervte Anmerkungen oder er kotzt seine schlechte Laune aus. Irgendwie hoffe ich auf das Zweite, gehe aber davon aus, dass das Universum diesen Wunsch nicht erhören wird.
„Oh, Damian ist auch nicht ganz freiwillig hier", lacht die Kleine, die ich auf Anhieb sympathisch finde. „Mein Freund Justin hat mir den Kurs geschenkt, aber er hat sich vor vier Tagen die Hüfte gebrochen und kann nun nicht mitkommen."
„Die Hüfte?", frage ich entsetzt. „Wie alt ist er? Achtzig?"
Liz lacht ihr glockenhelles Lachen und schüttelt den Kopf. „Nein, er ist achtundzwanzig, aber wenn man meint, das Treppengeländer auf dem Hintern herunterzurutschen, kann man sich bei einem Sturz auch die Hüfte brechen."„Wie kann man auch auf so dumme Ideen kommen?", brummt jemand hinter mir und ich sehe, dass das Universum meinen Wunsch in der Tat nicht vernommen hat, denn das Stirnrunzeln in Person steht neben uns und drängt mich zur Seite, um an das Rührei zu kommen.
„Man könnte auch fragen", schnappe ich.
„Man könnte auch nicht im Weg stehen", patzt er zurück. Liz scheint zu spüren, dass wir uns nicht besonders grün sind, denn sie legt beruhigend ihre Hand auf Damians Schulter. „Jedenfalls konnte ich die zweite Person nicht mehr stornieren und so springt jetzt eben Damian ein."„Das heißt, ihr seid gar kein Paar?", frage ich und schaue zwischen beiden hin und her. Die zwei reißen entsetzt die Augen auf, Damian schüttelt sich sogar angewidert und sie sagen fast zeitgleich: „Grundgütiger! Nein!"
•••
„Wie war der erste Kurs?", fragt Martin mich am Abend, als ich schon lesend im Bett sitze.
„Oh, du wirst morgen das phänomenalste Rührei bekommen, das du je gegessen hast", schwärme ich und er lacht.
„Da bin ich sehr gespannt, ich kann mir nicht vorstellen, dass Rührei phänomenal sein kann", überlegt mein Freund. „Wie sind die anderen so?"
„Oh, ganz nett. Eigentlich wären es zwei Pärchen, aber der Freund der einen hat sich die Hüfte gebrochen und so musste sein Kumpel einspringen. Der hat mal so gar keinen Bock und ist ein richtiger Miesmacher", berichte ich.Martin sieht mich mit erhobener Augenbraue an. „Du warst aber lieb, oder?"
Gespielt entsetzt hebe ich die Augenbrauen. „Was denkst du denn?"
„Warst du lieb, Elias?", hakt er nach.
„Die meiste Zeit", knirsche ich und er seufzt.
„Gut, dass ich beim nächsten Mal dabei bin, um dich in Schach zu halten."
„Nur zu meiner Verteidigung", brumme ich und lösche das Licht. „Er hatte es verdient."
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Teufelsküche | ✓
Teen FictionElias hat sich schon lange einen Kochkurs gewünscht. Einmal wöchentlich trifft sich eine kleine Gruppe, um Neues in der Küche zu lernen. Elias hätte sogar noch mehr Spaß daran, wäre da nicht ein miesgelaunter Teilnehmer, der eigentlich gar nicht gep...