Kapitel drei

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Ich habe mich immer gefragt, was in einem Menschen vorging, wenn er eine Waffe an den Kopf gehalten bekam. Wenn sein ganzes Leben nur an der Bewegung eines Muskels hing. In meiner Vorstellung wurden die Menschen ganz panisch und windeten sich im Griff des Täters. Doch nun, wo ich es selber erlebte war mir bewusst, dass es überhaupt nicht so ablief.
Sämtliche Panik war mir aus dem Körper gewichen, als Adam die Waffe an meinen Kopf hob. In diesem Moment war das einzige, an das ich dachte, das Überleben. Die Gedanken rasten, um eine Lösung zu finden. Tausende Ansätze schossen einem auf einmal durch den Kopf und sämtliche Sinne waren geschärft, um potenzielle Fluchtmöglichkeiten schnell wahrzunehmen. Das Adrenalin rauschte durch die Adern, um den Körper für schnelle Aktionen vorzubereiten und um ihn zusätzlich Kraft zu geben, damit die körperliche Unterlegenheit wenigstens etwas ausgeglichen werden konnte. Ich bezweifelte, dass das in meinem Fall wirklich viel brachte. Nicht, solange er noch eine Waffe hatte.
Trotz dieser Gewissheit stand mein gesamter Körper noch unter Strom, jedoch war diese Angst weg. Mein Gehirn schein zu verstehen, dass diese nur Probleme machen würde und absolut keine Hilfe war. Nun ja oder ich nahm die Angst einfach nicht mehr wahr. Um genau zu sein war das nächste was ich mitbekam der laute Knall. Jemand hatte geschossen und aus irgendeinem Grund atmete ich noch. Ich war unverletzt. Richtig reagieren konnte ich nicht, denn ich wurde sofort von jemandem am Arm gefasst. Leya. ,, Oh mein Gott bist du okay?", wollte sie angsterfüllt wissen und in ihrer Stimme schwang wirklich so etwas wie Sorge mit. Unfähig zu sprechen nickte ich bloß. Was zur Hölle ist da grade passiert? Noch nie hatte ich mich so gefühlt, ich war nahezu taub. Unfähig zu irgendeiner Reaktion. Der Mann hatte grade mit meinem verdammten Leben gespielt, ganz so als wäre es nichts.
Ich nahm mir einen Moment, um die Lage zu verstehen. Adam lag am Boden, während ein Mann über ihm stand. War er tot? Und mit einem Mal wurde ich wieder unruhig. Bin ich etwa für den Tod eines Mannes verantwortlich? Habe ich das das zu verantworten? Meine Beine zitterten stark und mein Atem ging wieder unkontrolliert. ,, Ist er tot?", fragte ich hysterisch. Der Mann vor mir schenkte mir keinen Blick. ,, Warum würde dich das interessieren?", sprach er dann doch in einem eiskaltem tot. Hat der Kerl das grade ernsthaft gefragt? Ich könnte es mir doch niemals verzeihen an einem Tod schuld zu sein. Ja Adam hat mir eine Waffe an den Kopf gehalten, aber vielleicht hätte er nie geschossen? Ich meine wer kann das schon wissen?
Ich achtete überhaupt nicht mehr auf meine Umgebung und kniete mich neben Adam. In diesem Moment wurde die Unruhe in mir wieder stärker. Was würde ich machen, wenn er wirklich tot wäre? Daran zu denken war keine gute Idee, denn plötzlich bekam ich ganz schwer Luft und es mir wurde schwindelig. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht loszuheulen. Das war alles zu viel für mich. Viel zu viel.
Grade als ich mit zittrigen Händen seine Atmung überprüfen wollte, da wurde ich von zwei großen, fremden Händen an den Schultern gepackt und hochgezogen. ,, Was denkst du, was du da tust?", fragte mich derselbe Mann, welcher schon davor so unfreundlich war. Hatte er den überhaupt kein Herz? War ihm ein Menschenleben wirklich so egal? ,, Gucken ob er noch lebt, offensichtlich.", erwiderte ich bissig, denn auch wenn ich grade fast gestorben wäre kriegt kein Mann die Chance über mich zu bestimmen. Niemals wieder. ,,Ach und warum würde das wichtig sein?", entgegnete er wiederum. Ich konnte ganz genau sehen wie sehr meine Sturheit ihn aufregte, doch ich dachte nicht daran aufzuhören. Er war im Unrecht und ich im Recht, so leicht war es und das musste er verstehen. ,, Weil er ein Mensch ist", faucht ich ihn an. ,, Ach haben wir es hier mit einer Weltretterin zu tun? Das nächste Mal kannst du ihm ja einen Kuchen backen und mit Schokoguss fragen, ob er dich eventuell leben lässt!", erwiderte er gehässig und zog provokant seine Augenbraunen nach oben. Oh ja das würde er noch bereuen. Zugegebener Weiser, war er wirklich ziemlich angsteinflößend, doch ich denke nicht, dass der Fremde vor mir mich verletzten würde. Ich meine er hatte mich gerettet, da war es ja verbrauchte Mühe mich jetzt umzulegen. Im Augenwinkel bekam ich mit wie Adam von Männern in Anzügen weggetragen wurde und dabei irgendwelche Drohungen murmelte, jedenfalls soweit es ihm noch möglich war. Fokussieren tat ich mich trotzdem nur auf den Mann vor mir, welcher mit neutraler, fast gleichgültiger Miene auf meine Antwort wartete. ,, Warum hast du mich den bitte gerettet? Ich hätte das auch selber hinbekommen und zwar ohne jemanden zu verletzten.", spuckte ich ihm entgegen. Meine gesamte Panik schien nahezu verpufft zu sein, jetzt war Wut an ihren Platz gerückt und das gefiel mir definitiv besser. Ich wusste ganz genau, dass ich das nie im Leben selber geschafft hätte und das ich wohl den Boden, auf dem er lief vor Dankbarkeit küssen sollte, aber in diesem Moment interessierte es mich irgendwie nicht. Normalerweise hatte ich ein eher ruhiges Temperament, aber wenn ich recht hatte, dann hatte ich recht!
,, Glaub mir Pünktchen, wenn du meinen Schwestern nicht geholfen hättest, dann hätte ich dir höchstpersönlich eine Kugel zwischen die Augen gejagt.", sagte er und schien dabei ziemlich gelangweilt zu sein. Die Aussage an sich brachte mich erstmal zum Nachdenken. Was das seine Schwestern waren, dann war er wohl.... Oh fuck ich sollte wirklich glücklich sein, dass er mich nicht schon umgebracht hatte. Das würde ich jedoch nicht zugeben. Zu groß war mein Stolz. ,, Ich bedanke mich dafür, dass du mein Leben gerettet hast, aber ich werde mich nicht dafür entschuldigen, dass ich gucken wollte, ob Adam noch lebt und noch weniger werde ich dir dafür danken, dass du mich nicht umgebracht hast. So etwas sollte selbstverständlich sein", sagte ich und bemühte mich dabei um einen genauso neutralen Tonfall, wie er ihn hatte. Natürlich klappte das nicht, jedoch war ich trotzdem extrem Stolz auf mich. Denn, obwohl ich grade fast gestorben war, war ich fast ruhig so als wäre nie etwas passiert. Was ich irgendwo wohl größtenteils dem Schock und meiner Wut zu verdanken hatte. Auf meine kleine Rede antwortet er nur mit einem verachteten Lachen und verdammt das machte mich sauer. Ich hasste es, wenn Menschen mich nicht ernst nahmen. Das gab mir das Gefühl nicht respektiert zu werden und auf der Welt gibt es fast nichts, was ich noch weniger leiden konnte. Nun ja abgesehen von dem Kerl vor mir. ,, Zu überwältig, um richtig zu antworten?", provozierte ich ihn, da ich unbedingt eine richtige Antwort brauchte. Ich meine er lag falsch und das musst er einsehen! Kurz nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte, da bereute ich es wieder, jedenfalls ein wenig. Er kam gefährlich nah an mein Ohr und flüsterte dann: ,, Sei glücklich, dass meine Schwestern hier sind, ansonsten würde ich dich, ohne mit der Wimper zu zucken, umlegen." Um seine Worte zu verdeutlichen hielt er mir eine Waffe an den Bauch. Erschrocken wich ich zurück und schaute ihn mit großen Augen an. ,, Was auch immer lasst uns gehen.", sagte er dann in einem ganz natürlichen Ton. So als hätte er mich nicht noch vor einer Minute damit gedroht mein Leben zu beenden. Die Chance etwas zu erwidern bekam ich nicht, da er schon vorging. Ich jedoch blieb genau dort stehen, wo ich war, bis mich jemand an der Schulter berührte. Es war Leya. ,, Nimm das was er sagt nicht so ernst. Er hat bisschen Probleme mit seinem Temperament" sprach sie mit ruhiger Stimme. Wenn sie wüsste, was er gesagt hatte, dann wäre sie vermutlich nicht so locker. ,, Ich merk es", erwiderte ich mit gezwungen belustigt. ,, Ach ich bin übrigens Leya und das hier", sie machte eine kurze Pause und deutete auf das Mädchen mit langen blonden Haaren neben ihr, ,, das ist Viki. Und was ist dein Name", fragte sie interessiert. ,, Ich bin Kalia", stellte ich mir freundlich vor. Keinen Moment später spürte ich etwas an meinem Bein. Es war Viki, welche dieses umarmte. ,, Danke Kalia.", hörte ich die kleine Kinderstimme sprechen. Ich kniete mich zu ihr um sie richtig in den Arm nehmen zu könne. ,, Kein Problem kleines.", murmelte ich. Sie legte ihrer Arme um meinen Hals und flüsterte: ,, Kannst du mich bitte tragen? Leya erlaubt das nie". Ich kicherte kurz und nahm sie dann hoch. Ja, ich war von wenigen Momenten fast gestorben, jedoch nahm ich jedes Fünkchen Normalität lächelnd entgegen. Leya lachte nur belustigt über Vikis Verhalten und wir gingen ihrem Bruder nach. ,,Wohin gehen wir eigentlich?", fragte ich sie nach einigen Metern. ,,Zum Schutzraum unserer Familie. Dort sind wir sicher", antwortete sie mir. Das bedeutete wohl, dass ich mit diesem aufgeblasenen Arsch noch eine Weile eingesperrt sein würde. Das würde definitiv lustig werden.

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Hello,
und wie findet ihr unseren Loverboy bis jetzt und wie bewertet ihr das Verhalten von Kalia? Dumm oder doch mutig?
Kommentare motivieren mich megaaa also bitte lasst eurer Meinung da! :)

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