#4

37 3 0
                                    

Einige Sekunden schaute ich nur in diese smaragd-grünen Augen, bis ich mich wieder besann. "Sorry.", murmelte ich und wollte weiter laufen. Doch plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Oberarm. Ich drehte mich um und musterte die Person. Ein Junge mit wilden, langen, braunhaarigen Locken, ungefähr in meinem Alter und wie bereits erwähnt grünen Augen, die mich besorgt ansahen. Für eine Sekunde verlor ich mich wieder in seinen Augen, aber ich machte mich los und sagte ein kaltes, stumpfes: "Ja." Ich drehte mich abermals um und lief los. Das war das Startzeichen meiner Tränen, die jetzt wieder anfingen zu fließen. "Warte mal!", rief der Junge, doch ich lief einfach weiter. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Scheiße, mein Herz wurde grade gebrochen. Ich wollte nur nach Hause und ganz viel Eis und Schockolade essen und stundenlang weinen und in Selbstmitleid versinken. Als ich wieder eine Hand an meinem Arm spürte, wirbelte ich wütend herum und kreischte weinend: "WAS? MAN WAS? LASS MICH DOCH EINFACH IN RUHE!", es war mir egal ob das total unhöflich war und es war mir auch egal, dass ich wahrscheinlich aussah wie eine Mischung aus einem Geist und einem Zombie. Er sah mich bloß sanft an und zog mich plötzlich in eine Umarmung. Überrumpelt von seiner Geste, überrumpelt von der Situation und überrumpelt von meinem Leben, fing ich lauthals an in seinen Armen zu weinen. Er strich mir beruhigend über den Rücken und nach einigen Minuten hatte ich mich beruhigt. Langsam löste ich mich von ihm und lächelte ihn leicht an. "Tut mir Leid, dass ich dein Shirt vollgerotzt habe.", sagte ich bloß und er fing an mich anzulächeln, wodurch seine Grübchen sichtbar wurden. "Schon okay. Habe noch ein paar andere zu Hause.", gab er schulterzuckend zurück. "Ich bin übrigens Harry.", stellte er sich vor und reichte mir seine Hand. "Ich bin Ella.", sagte ich während er meine Hand schüttelte. Was für ein eigenartiger Junge. Sekunden vorher weinte ich in seinen Armen und jetzt schüttelten wir Hände.
"Geht es dir etwas besser, Ella?", fragte er und ich nickte. "Sorry nochmal. Es war nur alles zu viel..", ich sah auf den Boden und strengte mich an, nicht wieder loszuheulen. Ich wünschte man könnte von Weinen abnehmen, dann hätte ich sicherlich die Maße eines Topmodels.
"Lüg mich nicht an.", sagte Harry und verwirrt von seinen Worten schaute ich ihm jetzt direkt in die Augen. Ich hatte das Gefühl, dass seine Augen meinen Körper durchbohrten und direkt in mein Herz und in meine Seele schauten. Da mir dieses Gefühl unangenehm war, unterbrach ich den Blickkontakt. "HAROLD STYLES! BEWEGST DU ENDLICH DEINEN FAULEN ARSCH HIER HER?!", schrie plötzlich eine sehr laute und sehr wütende Frauenstimme aus einem Auto. Wir beide zuckten zusammen und Harry drehte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. "Oh-Oh, das wird Ärger mit deiner Freundin geben.", sagte ich grinsend. "Tja, ich wünschte es wäre meine Freundin, denn das würde zehnmal weniger schlimm sein. Es ist meine Mutter.", erklärte er.
Verständnissvoll nickte ich. "Dann werden wir uns wohl das nächste mal an deiner Beerdigung sehen.", sagte ich und er fing an zu lachen. Er lachte irgendwie...süß.
"HAROLD! DU KANNST GLEICH NACH HAUSE LAUFEN!", schrie seine Mutter nochmal und er rollte mit den Augen.
"Ich denke es ist jetzt besser, wenn du gehst. Danke nochmal.", unschlüssig stand ich vor ihm und wusste nicht, wie ich mich verabschieden sollte. Eine Umarmung oder lieber die Hand geben?
Nach einem kurzen, inneren Streit entschied ich mich für die Hand.
Harry betrachte mich amüsiert, anscheinend bemerkte er meinen inneren Konflikt, denn er zog mich einfach wieder in eine Umarmung. Dieser Junge versprühte eindeutig zu viel Liebe.
"Nichts auf der Welt sind deine Tränen wert Ella. Vergiss das nicht.", er löste sich von mir, lächelte mich nochmal an und ging dann zum Auto. Eine Gänsehaut bildete sich auf meinem Körper von Harrys Worten. Langsam drehte ich mich um und ging nach Hause. Mit Harrys Worten in meinen Ohren.

"Ich weiß einfach nicht weiter!", jammerte ich schon zum 90. Mal ins Telefon. Gleich als ich zu Hause war, habe ich mich wieder in einen lebenden Wasserfall verwandelt und versucht Leo anzurufen, doch als sie nicht ran ging, habe ich meinen besten Freund Leon angerufen (ja ich weiß, total witzig, dass meine besten Freunde Leonie und Leon heißen).
"Soll ich ihn hauen?", gab Leon einen unglaublich, helfenden Ratschlag von sich. Ich verdrehte die Augen.
"Nein, Leon! Du sollst mir sagen, warum ihr immer eure imaginären Tage habt!", erwiderte ich verzweifelt. Soll noch eimal jemand sagen Frauen wären kompliziert, werde ich dieser Person meinen Freund zeigen! Oder eher meinen 'Noch-Freund.'
Bei dem Gedanken schossen mir wieder die Tränen in die Augen. "Ich liebe ihn so sehr, Leon...ich weiß nicht, was ich ohne ihn machen soll.", sagte ich leiser ins Telefon.
"Ella, ich flehe dich an, hör auf zu weinen! Du weißt, dass ich das über alles hasse! Außerdem siehst du danach hässlich aus.", warnte er und ich musste grinsen. Genau das liebte ich so sehr an ihm: Er konnte mir einfach immer ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Aber Leon war sowas wie ein großer Bruder für mich, wir beide hatten noch nie mehr als geschwisterliche Liebe füreinander empfunden. Und das war auch gut so.
Nach einer Weile legte ich mit irgendeiner billigen Ausrede auf und versprach noch, dass wir uns bald wiedersehen würden.
Als ich auflegte, ließ ich mich erschöpft auf's Bett fallen. Hoffnungsvoll schaute ich nach, ob Zayn mir eine Nachricht geschrieben hatte, doch...Fehlanzeige.
Sofort schossen wieder Tränen in meine Augen und ich drückte Pupsi, meinen Stoff-Hasen an die Brust, in der Hoffnung, dass er das Loch schließen konnte, welches Zayn geöffnet hatte.
Ich verstand es einfach nicht. Es war doch alles so perfekt. Nachdenklich starrte ich auf das Bild von mir und ihm, welches neben meinem Bett auf dem Nachttisch stand. Ich nahm es in die Hand und strich über Zayns vollkommenes Gesicht.
"Was hat sich geändert, Liebster?", flüsterte ich. Plötzlich traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag ins Gesicht. Er liebt mich nicht mehr. Genau das ist es.
Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und die Luft wurde mir langsam zugeschnürt. Aus meinem Mund kam ein Ton, der mich selber erschreckte...so verletzt. So einsam.
Wie sollte ich das überleben?
Ich legte meine Hände auf mein Gesicht und fing zitternd an zu weinen. Wie durch Watte hörte ich mein Handy klingeln. "Zayn!", schoss es mir durch den Kopf und ohne darauf zu achten, wer überhaupt anrief, ging ich ran.
"Zayn?", fragte ich heulend. Oh Gott, ich hörte mich schrecklich an.
"Ella? Was ist los? Ich bin's Leo!", hörte ich die panische Stimme meiner besten Freundin.
Erneut wurde meine Hoffnung kaputt gemacht und ich heulte mir die Seele aus dem Leib und ließ mein Handy fallen.
Es konnte nicht vorbei sein! Das war so unfair! Wo war der Zayn, der mit mir zusammen in meinem Bett lag und sich mit mir über die Namen unserer zukünftigen Kinder stritt? Wo war er?! Wo?
Warum war er hier nicht bei mir und küsste mir die Tränen weg? Warum war er der Grund für meine Tränen?
Ich sah auf das Bild und warf es schreiend an die Wand. Das Glas zersplitterte in tausend Teile und das Bild rutschte aus dem Rahmen.
Genauso fühlte ich mich auch.
In tausend Teile gesplittert.

"Ich kann WIRKLICH hier übernachten!", sagte Leo hartnäckig.
Nach einer halben Stunde stand sie plötzlich mit zwei Ben&Jerry's in meinem Zimmer. Mittlerweile war es 23 Uhr Abends, ich hatte 7 Taschentuch Packungen und die Hälfte von meinem Eis aufgebraucht.
"Nein, ist schon okay. Außerdem ist es besser, wenn ich jetzt alleine wäre.", ich lächelte sie schwach an. Sie musterte mich noch einmal skeptisch, stand aber dann doch auf. "Keine Sorge, Süße. Das renkt sich schon alles wieder ein.", sanft gab sie mir einen Kuss auf die Stirn. "Ich denke wir werden uns morgen nicht sehen?", fragte sie doch wusste bereits die Antwort. Panisch schüttelte ich den Kopf. Ich konnte ihm noch nicht gegenübertreten. Ich war noch zu schwach.
Nach 10 Minuten war Leo weg und ich legte mich in mein Bett. Meine Tränen Vorräte waren wohl aufgebraucht, denn ich starrte bloß an die Wand.
Nach einer Stunde unruhigem hin und her Gedrehe, schaltete ich seufzend mein Handy an.
Natürlich hatte ich keine Nachricht von Zayn. Dafür hatte ich aber eine Benachrichtigung in Facebook. "Wahrscheinlich wieder irgendeine Spielanfrage.", dachte ich genervt und öffnete Facebook.
Doch ich hatte eine Freundschaftsanfrage. Neugierig drückte ich auf das Zeichen und erstarrte.
Die Freundschaftsanfrage war von Harry Styles.
Wie hatte er mich gefunden?!

CloserWo Geschichten leben. Entdecke jetzt