Sunflower, Vol. 6

~1~

Ich hatte schon fünf Beziehungen geführt und nur eine war bisher perfekt. Ralph Newt und ich waren beide kaputt, er mit einer akuten Depression und ich mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung. Wir hatten uns in der Klapse kennen gelernt, dass war zu einer Zeit, in der ich mich nicht mal getraut hatte, meinen Waschlappen selbst nass zu machen.

Dank der Therapie konnte ich irgendwann auch wieder duschen, aber ich betrat nie ein Gewässer, welches tiefer als knöcheltief war.

Ich schweife ab!

Ralph hatte mich geliebt und ich ihn, wir waren perfekt zusammen. Bis er sich das Leben nahm. In seinem Abschiedsbrief hatte gestanden, dass meine Liebe neue Möglichkeiten aufgezeigt habe und das er sie nicht verdient hätte. Das hatte er mir immer wieder gesagt, ich hatte aber nie erwartet, dass er sich deswegen umbringen würde, weil ich ihm immer wieder gesagt hatte, dass er meine Liebe mehr verdiente, als alle anderen. 

Das er sie als einziger wirklich verdiente.

Naja, so perfekt waren wir am Ende dann wohl doch nicht.

Aber anders als ich es mit meinen anderen Exfreunden gemacht hatte, verbrannte ich Ralphs Sachen nicht, ich behielt eine seiner Sweatshirt-Jacken und ein paar unserer Fotos, den Rest überließ ich seiner Mum.

Diese Jacke hatte ich immer neben mir im Bett liegen und hin und wieder trug ich sie auch.

So, kommen wir jetzt aber zu der Geschichte, von der ich eigentlich erzählen will.

Es ist eine Geschichte über eine perfekte Liebe, zwischen zwei kaputten Trotteln. Und diese perfekte Liebe ist keine, die so schnell enden wird. Ganz im Gegenteil, jetzt gerade stehen wir doch erst am Anfang. Deshalb gehen wir nochmal zurück zum Anfang vom Anfang, denn damit man alles versteht, muss ich ein bisschen weiter ausholen. Wir beginnen am 17. August 2023...

***

Ich war zu Besuch bei meinen Eltern in Amsterdam, weil meine Mum mich zwingen würde, sie zu einem Konzert zu begleiten, auf das ich auch sehr gut hätte verzichten können.

Natürlich respektierte ich die Fangemeinde von One Direction (ich würde mich niemals trauen, mich mit den Directionern anzulegen!), aber ich war eben kein Fan von den fünf. Meine Mutter hatte es erwischt gehabt, als 1D gerade bei der Show X Factor gegründet wurde, da hatten wir noch in England gelebt.

Ich lebte immer noch in England, inzwischen alleine in meinem Traumhaus, mitten im Nirgendwo.

Aber meine Eltern waren nach Amsterdam ausgewandert. 

Sie behaupteten, es läge am Käse, der Kunst und der Kultur, aber ich hatte den Verdacht, dass es zumindest ein bisschen mit dem überall verfügbaren Cannabis zu tun hatte.

Jedenfalls war es Mums Geburtstag und ich hatte ihr versprochen gehabt, sie zum Konzert zu begleiten. Was ich zutiefst bereute, als sie aufgekratzt durchs Haus wuselte und ihre Haare fast schon vergewaltigte. ,,Ginger, willst du dich nicht auch langsam mal fertig machen?", scheuchte sie mich dann natürlich vom großen Sessel im Wohnzimmer, ,,Du siehst aus, wie ein Penner." ,,Na besten Dank auch Mum", schnaufte ich mit einem Blick auf mein leuchtend gelbes Sommerkleid, dass ich extra für Mums Geburtstag angezogen hatte, ,,Wieso muss ich überhaupt mitkommen? Hättest du nicht Zoey fragen können? Die ist wenigstens Directioner. Dad kannst du mich nicht irgendwie retten?" 

,,Sorry Kleines, da musst du jetzt durch", verneinte Dad und blätterte ungerührt in seiner Zeitung, ,,Alter Falter, da hat jemand mit seinem Quad ein Tulpenfeld niedergemäht."

,,Ich frag lieber gar nicht erst", seufzte ich verzweifelt und tat Mum den Gefallen, dass sie auch meine Haare vergewaltigen durfte. Dafür durfte ich immerhin ein bisschen Pizza, die noch vom Mittagessen übrig geblieben war, mit zum Konzert schmuggeln (hehe).