„Ist alles in Ordnung bei dir?" Vorsichtig ging der Junge auf das Mädchen zu, welches erschreckt zurückwich. „Entschuldigung. Du musst wirklich verängstigt sein", murmelte er ruhig und blieb auf der Stelle stehen.
„Danke, eure Hoheit."
Schluchzend wischte sie die Tränen aus ihrem Gesicht und wollte sich verbeugen.
„Bitte tu das nicht, ich hab das schon immer gehasst und das „Meine Hoheit" kannst auch getrost sein lassen." Ein berührendes Lächeln entschwand seinem Gesicht, während er wieder auf sie zu ging. „Kann ich irgendwas für dich tun? Dich zum Beispiel nach Hause begleiten",schlug er zwinkernd vor. „Ich möchte dem Prinzen wirklich keine Probleme bereiten."
Sie lächelte ebenfalls und machte sich auf dem Weg zum Ende der Gasse. „Warum müssen immer alle so sein", murmelte er und hechtete in ihren Weg. „Kannst du nicht so mit mir umgehen, wie mit jedem anderen auch? Außerdem würde es dir was ausmachen, wenn du mich Matt oder Mathew nennst, das würde das ganze für mich etwas angenehmer machen." Erneut konnte sich das Mädchen ihr Lächeln nicht verkneifen.
„Nun denn Matthew, ich hab noch was zu erledigen. Tu mir den Gefallen und geh mir aus dem Weg." Leicht genervt machte Annabell einen Schritt nach vorne und schubste dabei den Prinzen aus dem Weg.
„Na, wenn du es nur so halbherzig versuchst, wird das wohl nichts", erwiderte der Prinz grinsend und blieb standhaft. „Ich muss Lebensmittel besorgen, meine Mutter liegt krank im Bett, es stürmt und mir ist kalt, weil meine Socken durch den ganzen Schnee langsam nass sind."
Wie auf Stichwort fing Annabelle an zu zittern. „Vielleicht hast du recht. Nimm so lange den hier", sagte er freundlich, während er sein Mantel auszog und ihn ihr über die Schulter legte. „Kuschel dich in ihn hinein, er hält dich eher warm, als dein kaputter löchriger Mantel. Naja, wo wir schon mal beim Thema sind,wie willst du neues Essen besorgen, wenn du dein Geld verloren hast?"
„Ich weiß, nicht." Sie wühlte erneut in ihren Taschen, jedoch erfolglos. „Vielleicht finde ich es einfach, wenn ich den Weg nochmal zurück gehe." „Hmm, vielleicht." Ausdruckslos starrte der Prinz das Mädchen an, als würde er erwarten, dass sie dem noch etwas hinzufügt. Nach einiger Zeit brach er die Stille.
„Weißt du, manchmal höre ich meinem Vater zu, wenn er sich die Klagen der Bürger und Wachen anhört. Vor nicht allzu langer Zeit, beschwerte sich jemand über eine Diebin mit einer kleinen Stupsnase, regenbogenfarbenem Haar, lilanen Augen und Sommersprossen. Zu dem trägt sie meist einen braunen Mantel mit bunten Flicken.
Fällt dir da zufällig jemand ein",fragte er und schaute Annabelle eindringlich an.
So eindringlich, dass das Mädchen sich blitzartig umdrehte und weg rannte.
„Warte", rief die Stimme hinter ihrem Rücken, welche begleitet war von Schritten die immer näher kamen.Doch das kleine Mädchen war zu erschöpft, sodass der Prinz sie schnell einholte und an der Schulter festhielt. „So dankst du also demjenigen der dich rettet? Du klaust ihm seinen Mantel, indem du einfach wegrennst? Das ist doch nicht fair." Er stellte sich ihr wieder grinsend in den Weg und schaute sie mit warmen Augen an. „Es tut mir leid, ich wollte dich nicht verschrecken. Ich werde nicht die Wachen rufen, geschweige dich vor den König werfen. Ich will dir einfach nur helfen." Misstrauisch schaute Annabell den Jungen vor sich an. Sie wusste, dass er sie schon längst hätte ausliefern können, aber er hatte es nicht getan. Warum? „Ich weiß, dass es immer heißt Arsine sei ein Königreich voller gütiger Menschen, aber doch hat hier jede „Güte" ihren Preis. Was willst du?"
Entschlossen kam ihr der Prinz einen Schritt näher. „Ich möchte von dir genau 3 Dinge." Langsam beugte er sich zu ihr runter. „Ich möchte, dass du mir deinen Namen verrätst, mir dann erlaubst, dass ich ,meine in Not gerettete Prinzessin begleiten darf um ihr ihre Lebensmittel zu bezahlen. Und drittens, dass ich dir dabei helfen darf eine Arbeit zu finden, damit du deine andere Beschäftigung an den Nagel hängen kannst. Mehr nicht."Daraufhin nickte das Mädchen und antwortete ihm Lächelnd. „Ich heiße Annabell, Annabell Walters um genau zu sein. Aber ich bezweifele, dass du für mich Arbeit finden wirst, die kennen mich doch alle schon."
Betreten schaute das Mädchen zu Boden. „Ich hab zwar gesagt, dass du mich nicht wie einen Prinzen behandeln musst, aber das heißt nicht, dass du mich unterschätzen sollst" ,antwortete er ihr grinsend und nahm ihre Hand.
So gingen sie zusammen durch die dunklen Gassen Arsines, bis sie bei einem Schneider vorbei kamen.
Immer noch Annabelles Hand haltend blieb der Prinz plötzlich stehen und fing an das Mädchen zu mustern.
„Wir sehen aus wie zwei streunende Waisenkinder. So werden wir wohl kaum Arbeit für dich finden."
Nun bemerkte auch Annabelle, dass ihre so schon alten Sachen völlig durchnässt waren und das sie immer noch den Mantel des Prinzen trug. „Stimmt du hast Recht, was anderes zum Anziehen würde mir sicher weiterhelfen.
Du vergisst jedoch, dass ich kein Geld habe..." „...Um dir welche zu kaufen. Mach dir keine Sorgen, ich habe genug. Warte nur kurz hier, ich hol dir einen neuen Mantel."
Er schaute ein letztes mal lächelnd zu ihr, bevor er die Ladentür öffnete und durch diese verschwand.
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Fabulaes Mundi - Die Legende der tödlichen Nacht -
FantasíaHätte ich gewusst, dass die Geschichte, die die verrückte Oma vor mir, mir erzählt, so wichtig werden würde... „Hätte das Mädchen gewusst, was alles noch passiert, nur weil sie genau an diesem Tag an diesem Moment durch gerade diese dunkle Gasse gin...