The one that got away

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Langsam schwiff sein Blick wieder auf das Bild im Wohnzimmer seiner Eltern, auf welchem man ihn sah.
Ihn, seinen besten Freund und zwischen beiden seine Schwester.
Seine Schwester, die seinen besten Freund geheiratet hatte.

Die beiden standen mit beiden Beinen im Leben, erwarteten nun sogar ein Baby.
Und San?

San saß jeden Tag in seiner Einraumwohnung, die er grade so mit dem bisschen Geld, welches er vom Pizza ausliefern bekam, bezahlen konnte.
Saß da und schwelgte in Erinnerungen.

Heute war Haneul's Geburtstag, weshalb sie alle in seinem Elternhaus saßen.

„Hörst du überhaupt zu?" riss seine Mutter den jungen Mann aus seinen Gedanken.

„Ja, klar, worum ging's nochmal?" fragte er eher desinteressiert.

Haneul sah mit einem glücklichen Lächeln zu ihm.
„Wir sprachen grade über den Sommer vor eurem Abschlussjahr. Den, wo du mir Wooyoungie vorgestellt hattest. Wir saßen Stundenlang in seinem Auto und hörten Radio."

Er nickte.
„Natürlich erinnere ich mich."
Das war der Sommer, in dem Wooyoung und er sich gegenseitig einen Schriftzug an der Seite tätowierten.
-Wir gegen die Welt-, das hatten sie sich immer wieder gesagt und dann auf ihren Rippen verewigt.
Sie klauten den Schnaps von Wooyoung's Eltern und sprachen bei Nacht über die Zukunft, als hätten sie einen Plan davon, während sie den Sternenhimmel betrachteten.
Um genau zusein sah Wooyoung den Sternen entgegen, während San unbemerkt sein, vom Mond angeschienenes Profil betrachtete.

Haneul sprach weiter, während sie über ihren kleinen Babybauch streichelte.
„Ich wusste sofort, dass es immer er sein wird."

Niemals hätte San daran gedacht, dass seine Schwester das Herz seines Geliebten erobern würde.
Niemals hätte er daran gedacht, Wooyoung eines Tages zu verlieren.

Waren die Küsse tatsächlich nur vom Alkohol getränkt?
Hatte sein bester Freund wirklich nie mehr empfunden?

Es brach ihm das Herz, seine große Liebe mit seiner älteren Schwester zu sehen.
Aber er hoffte.
Hoffte, im nächsten Leben das für seinen besten Freund zu sein, was dieser im jetzigen Leben für ihn war.
Er hoffte, sie könnten dann all ihre Versprechen halten.
Vor allem das, nie ohne einander zu sein.
In einem anderen Leben, würde San ihn zum bleiben bewegen.
Dann müsste er nicht sagen, dass Wooyoung der Grund ist, warum er immer noch keinen Partner hatte.

Sein Vater bemerkte wohl, dass San vertieft in seinen Gedanken war und zwickte ihn.
Aber San wünschte sich, er hätte abwesend bleiben können, denn er hörte etwas, was ihn wohl mehr verletzte, als es sollte.

„Und er lässt sich endlich dieses hässliche Tattoo wegmachen."

Wooyoung's Augen weiteten sich einen Moment, bevor sie die seinen trafen.
Sein Blick sollte wohl eine Entschuldigung ausdrücken, aber San schüttelte nur, mit einem zarten, aufgezwungenen Lächeln auf seinen trockenen Lippen den Kopf.
Er wollte symbolisieren, dass es für ihn okay war, bevor er sich, das Zittern in seiner Stimme unterdrückend, entschuldigte und auf Toilette verschwand.

Er stützte sich mit beiden Händen am Waschbecken ab und sah in den Spiegel, versuchte gegen die aufsteigenden Tränen anzublinzeln.
Er musste es sich eingestehen; für Wooyoung war da niemals etwas zwischen den beiden und für ihn wird da auch nie etwas sein.

Der junge Mann rutschte auf den Boden und vergoss jede schmerzerfüllte Träne, die er die letzten fünf Jahre zurückgehalten hatte.

Die Badezimmertür öffnete sich ohne Vorwarnung.
Wooyoung ließ sich neben ihm nieder und griff nach seiner Hand, aber San zog sie weg.

„Es tut mir leid, ich wusste nicht, dass du so an diesen paar Worten hängst."

„Lass gut sein." meinte San, den Blick auf den Boden geheftet.
„Es ist okay. Wir waren Kinder und jetzt sind erwachsen geworden. Lass es ruhig weglaseren. Sieht eh kacke aus."

Sein bester Freund lachte.
„Deins sieht mindestens genauso scheiße aus."

San schmunzelte etwas.

Wooyoung seufzte.
„Hör zu."
Er machte eine Pause und fuhr sich durch die Haare.
„Erinnerst du dich, wie wir ein und die selbe CD aus der offenen Tür meines Wagens hörten, während wir betrunken auf einem Feld lagen? Wie wir nächtelang in die Sterne sahen und uns die Zukunft bunt sprachen? Dass wir in unserem Geld baden und uns mit Ringen und Goldketten schmücken würden?"
Ein seufzen.
„Ich kann dich aber nicht mal mit Millionen von Ringen ersetzen und von all meinem Geld kann ich auch keine Zeitmaschine kaufen, damit ich dem jüngeren Wooyoung Mut zusprechen kann."
Er legte eine Hand auf Sans Wange und drehte dessen Kopf zu sich.
„Manchmal, wenn ich dich vermisse, schleiche ich mich nachts in mein Auto und lege die CD ein."
Er lachte kurz.
„Meine Ehe basiert auf einer Lüge und das nur, weil ich damals nicht die Eier in der Hose hatte, um dir zu sagen, was du mir bedeutest. Und jetzt zahlen wir beide den Preis dafür."

San sah ihn mit ungläubigen Augen an, während sich die Lippen des Mannes, den er nun schon so lange liebte, auf die seinen zubewegten.

Die Tür öffnete sich erneut, die Blicke beider Männer schnellten nach oben, während der selbe Name ihre Lippen verließ.

„Haneul?!"

The one that got away //a Woosan Oneshot//Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt