Untold Secret 1/2

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Die Sonne schickte ihre warmen Strahlen nur noch schwach über die Stadt Marley, veredelte die Dächer, Fassaden, Straßen, Fensterspiegelungen mit ihrem goldenen Schein und der blonde Mann mit dem Bart und der markanten runden Brille lächelte.
Ein ehrliches Lächeln, frei von Sorge oder Kummer.
Vom Fenster seines Raumes aus konnte er nach draußen in den Hof sehen und er sah, wie die Nachbarskinder miteinander spielten und herumtollten.

Zeke Jäger, der Kommandant der Soldaten Marleys, war gerade dabei, sich einen edlen Tropfen Rotwein in sein Glas zu schenken, als es leise, ja regelrecht zaghaft an seiner massiven Ebenholztür klopfte.
Wer konnte das sein?
Was wollte man nun von ihm?

Bewusst langsamen, ruhigen Schrittes ging der hochgewachsene Mann zur Tür und öffnete diese schwungvoll.
Da stand sie nun.
Seine Muse.
Und zugleich seine Nemesis.
Der Grund seiner schlaflosen Nächte.
Und der Grund, wieso er jeden Morgen trotzdem aufstand.

Ihre moosgrünen Augen sahen hoch in seine blauen Augen und er konnte in ihnen lesen.
Wie von einer aufgeschlagenen Seite in einem Buch.
Sie fühlte sich alleine, wollte die Gesellschaft eines anderen Menschen den sie lieb gewonnen hatte.
Guten Abend, Mister Jäger.
Ihre Stimme war nur ein sanftes Wispern und er blinzelte perplex.
Darf ich reinkommen?” fragte sie mit sanftem Lächeln und er nickte schnell, musterte sie.
Sie trug ein schlichtes rotes langärmeliges Nachtkleid und ihre Haare hatte sie in einen Pferdeschwanz gebunden, das dunkelrote Band passte farblich perfekt dazu.
Schuhe trug die junge Frau allerdings keine.
Ich habe gehört, sie reisen morgen Abend mit dem Zug ab?” fragte der Blondhaarige und die junge Frau mit den dunkelroten Haaren nickte nur, sah sich in seinem Zimmer um.
Sie haben die Bilder abgehängt?” fragte sie mit verschmitztem Grinsen und er nickte, erwiderte ihr Lächeln. “Gute Entscheidung, ihr Zimmer wirkt nun nicht mehr so… düster.” flüsterte sie und nickte, um ihre Aussage zu bekräftigen.
Sich ihrem Charme zu entziehen war unmöglich.
Wie beiläufig nahm sie ihm sein Glas Wein aus der Hand und trank einen Schluck von dem edlen Tropfen, sah ihm dabei fest in die Augen.
Ein sanfter Rotschimmer zeichnete sich auf seiner hellen Haut ab und sie lächelte triumphierend, der Schalk blitzte in ihren Augen.
Wieso sind sie eigentlich zu mir gekommen?” fragte er die junge Frau und sie lächelte nur, ging langsam zu seinem in die Jahre gekommenen Plattenspieler und strich sanft darüber.
Der Staub blieb an ihrem Zeigefinger haften und sie pustete ihn weg.
Mit flinker Handbewegung legte sie die Schallplatte auf und setzte die Nadel auf ihr ab.

Tchaikovsky’s erste Töne des Blumenwalzers ertönten und Zeke war im Moment gefangen, ließ sich kurz von ihr leiten. Die ersten Takte verklangen und sie sah ihn auffordernd an.
Natürlich würde er das Geleit geben.
Doch plötzlich legte sie ihre Hand an seine Hüfte, zog ihn mit einem Ruck näher an ihren zierlichen Körper heran und er konnte beim besten Willen nicht verhindern, überrascht aufzukeuchen.
Seine Nase erfasste ihren Duft; blumig und sanft, wie die erste morgendliche Brise nach einer lauen Sommernacht.
Tchaikovsky’s Blumenwalzer ließ metaphorisch die Blütezeit in ihm erwachen und auch die junge Frau vor ihm blühte bei jeder Umdrehung die sie mit ihm machte regelrecht auf.
Ihr Lächeln wurde breiter, seine Bewegungen lockerer und geschmeidiger.
Er ließ sich auf ihren Zauber ein und das sanfte Knistern und Kratzen durch die Nadel auf dem Plattenspieler trug noch zur Atmosphäre bei, welche den Raum in verhaltene Sehnsucht hüllte.

Ja. Verhaltene Sehnsucht.
Das beschrieb die Beziehung zu der jungen Frau, welche ihn gerade im Tanze dominierte.
Seine himmelblauen Iriden bohrten sich regelrecht in ihre moosgrünen und sein Herz schlug plötzlich ein paar Takte schneller.
Sie war immernoch seine Soldatin, seine Untergebene.
Ich bin zu Ihnen gekommen um sie um Erlaubnis zu bitten, Mister Jäger.” lächelte sie ihn voller Freude an und sein Gesicht erhitzte sich, eine sanfte Röte zierte seine Wangen.
Wofür bitten Sie mich denn um Erlaubnis, Miss?” fragte er neugierig und ihr freudiges Lächeln wirkte nun schüchtern, fast schon zurückhaltend.
Ich würde gerne um die Hand eines Soldaten anhalten.
Aber mein Sweetheart hat eine höhere Position inne...
Miss Thielemann ließ den Satz offen stehen und es war als würde es ihm die Sprache verschlagen.
Als würde er plötzlich nicht mehr wissen, welche Sprache sie nutzten.
Wie war es noch gleich, das gehörte eines anderen zu verstehen und zu verarbeiten?
Innerlich lachte er über sich selbst, seine Naivität.
Seine eigene Torheit.

UNTOLD SECRET - Zeke Jaeger OS GERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt