Eᴘɪʟᴏɢ

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1 Jahr und fünf Monate später

Hoseok

Bei Jin-Hyung eingeharkt lief ich durch den Stadtpark. Die Kirschbäume blühten in voller Pracht und es duftete lieblich nach ihren Blüten. 

Nach der Operation vor einem Jahr hatte es einiges gedauert, bis ich alles überstanden hatte. Erst die Tatsache, dass ich wieder auf beiden Beinen stehen konnte, dann hatte Jin-Hyung endlich wieder jemanden gefunden und dann war noch die Sache mit dem Blauschopf Taehyung. 

Ich hatte vorgehabt, ihn einfach zu vergessen, so, wie er es bestimmt mit mir getan hatte. Doch sage das einmal deinem Herzen. Ich hatte ihn nicht einfach wie ein Tier aus meinen Gedanken wegsperren können. Ja, selbst nach all der Zeit sehnte ich mich nach ihm. Nach seiner Wärme und seinem angenehmen Eigenduft. Nach seiner dunklen Stimme und seinen warmen Augen. 

"Du denkst schon wieder an ihn, oder?", riss mich Jins Stimme in die Realität zurück und ertappt sah ich auf den kiesigen Weg vor mir. 

"Hobi, wie oft denn noch. Du musst ihn endlich vergessen!", seufzte Jin leise und ich sah aus dem Augenwinkel, wie sich sein Blick auf mich heftete. 

"Vergiss Du mal jemanden, den du liebst!", murrte ich ihn an, doch kam von Jins Seite nichts anderes als ein wiederholtes Seufzen. 

Schweigend gingen wir nebeneinander her, genossen noch die letzten gemeinsamen Stunden, ehe Jin zu seiner Freundin nach Daegu fahren würde. 

"Pass auf dich auf, Hobi!", mahnte Seokjin mich noch, ehe er mich kurz umarmte und schließlich ins Auto stieg und davon fuhr. Lächelnd sah ich ihm nach, bis er aus meinem Blickfeld verschwand. 

Plötzlich stieg mir der köstliche Duft von frischem Kaffee in die Nase und wie ferngesteuert folgte ich meiner Nase zu einem kleinen Café, welches ein paar Meter entfernt des Parks war. 

Nanu? Das ist mir ja noch nie aufgefallen?

Neugierig betrat ich die Gebäckstube. Alles war sauber und ordentlich. Die weißen Tische mit den dazugehörigen Sofas waren allesamt mit einem kleinen Blumensträußchen versehen. Perfekt für Pärchen. 

Ich seufzte und wünschte mir- wieder einmal- dass ich nun mit Taehyung hier sitzen, einen Kaffee trinken und erzählen könnte. 

"Oh, Guten Tag, was kann ich für Sie tun?"

Ich riss die Augen auf. Diese Stimme... diese Stimme!

Vorsichtig löste ich den Blick von den liebevoll dekorierten Tischen und sah zur Theke, wo ein junger Mann mit rot gefärbten Haaren stand und mich freundlich anlächelte. Ohne Zweifel, dass war mein Taehyung, wie er leibt und lebte. 

Er schien mich nicht zu erkennen und wenn er es tat, dann überspiele er dies perfekt.

"Ich hätte gern einen Kaffee ohne alles!", bestellte ich und sah, wie sich kurz seine Augen weiteten und er schluckte.

"H-hyung?", fragte er leise, nicht sicher, ob ich es wirklich war. 

Ein trauriges Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich nickte. 

"Hallo Taehyung!"

Eilig kam der Rothaarige um die Theke, direkt auf mich zu. 

"D-du... du kannst ja laufen. U-und s-stehen!", stotterte er überrumpelt und errötend nickte ich. 

"Und du scheinst also etwas aus deinem Leben gemacht zu haben!", sagte nun ich und nun war es an ihm, zu erröten. 

Eine kleine Weile schwiegen wir uns nun an, bis...

"Ich hab dich so vermisst, Hyung!"

Mit diesen Worten warf sich der Jüngere in meine Arme und geschockt fing ich ihn auf. Warum war er so froh, mich zu sehen? 

Dezent überfordert legte ich meine Arme um seinen Körper, während Taehyung sich an mich drückte. 

"Es tut mir so leid, einfach alles! Ich war so ein Arschloch und habe es nicht mal gemerkt. Ich habe dich verletzt. Ich habe dich so sehr verletzt, dabei wollte ich das gar nicht! Als ich deinen Brief gelesen habe, bin ich sofort von Kai weg und hab mir im vergangenen Jahr ein richtiges Leben aufgebaut. Ich bin auch bei deiner Schwester Dawon auf dem Friedhof gewesen und habe mich bei ihr entschuldigt! Ich hatte so das schlechte Gewissen und habe mich nicht getraut, bei dir aufzukreuzen. Mir ist klar geworden, dass ich dich liebe, doch habe ich mich wie ein Idiot aufgeführt. Es tut mir alles so leid, Hyung!", schluchzte Tae in meinen Armen und beruhigend strich ich ihm über den Rücken. 

Und jedes seiner Worte machte mich glücklich, denn anscheinend hatte er aus meinen Fehlern gelernt. Er hatte sich verändert, zum Guten! Und er liebte mich, wie ich ihn!

"Verzeih mir, Hyung!", flüsterte Taehyung und löste sich, ehe er zu mir hinab sah. Denn auch ohne den Rollstuhl war ich kleiner als er. Leider.

"Du warst ein ganz schöner Idiot, dass weißt Du, oder?", fragte ich und beschämt nickte Taehyung. 

"Doch habe ich einen Vorschlag!"

Fragend sah Taehyung mich an, die Verwirrung stand ihm in großen Buchstaben auf der Stirn geschrieben. 

"W-was meinst Du?", fragte er.

Vorsichtig legte ich meine Hände auf seine Wangen, weshalb der Jüngere kurz zusammen- und zum Glück nicht wegzuckte. Sanft wischte ich eine Träne weg und lächelte ihn sanft an.

"Wie wäre es, wenn wir an dieser Stelle die Geschichte abschließen und unsere zweite Geschichte leben?", fragte ich. Durch meine Nervosität und Angst wurde mir leicht übel, vielleicht wollte er ja gar nichts mehr mit mir zu tun haben?

"J-ja... Ja! Verdammt ja!", schluchzte Taehyung und mir fiel ein Stein vom Herzen. 

"Aber bitte kein Drama mehr, j-ja?", fragte er nach und kichernd schüttelte ich den Kopf. 

"Kein Drama. Aber wenn du möchtest, können  wir aus dem Drama eine Romanze machen... A-also nur, w-wenn Du d-das auch möchtest?", stammelte ich zum Ende hin und grinsend platzierte Taehyung seine Hände auf meiner Hüfte. 

"Mir wäre nichts lieber als das, Hyung!", flüsterte er, ehe er sich leicht nach vorn beugte und sanft seine Lippen auf meine legte. In mir explodierte ein Feuerwerk. Endlich, endlich hatte ich ihn wieder an meiner Seite. Und das für immer. 

Of No Value ᵛʰᵒᵖᵉ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt