5 Kapitel

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Während Mara dem Pick-Up ihres großen Bruders hinterher fuhr, hatte sie ausreichend Gelegenheit ihren Zwillingsbruder aus dem Augenwinkel zu betrachten. Als die beiden Männer vorhin nebeneinander standen, konnte Mara erkennen, dass Mick etwa zwei bis drei Zentimeter kleiner war als ihr großer Bruder.

Mick hatte wie seine Zwillingsschwester kastanienbraunes Haar und grüne Augen. Dazu kamen noch sein dunkler Teint und sein gut durchtrainierter Körper. Em würde sie jetzt sowas von beneiden und allein bei dem Anblick des durch das Shirt schwach erkennbaren Six-Packs anfangen zu sabbern. Bei dem Gedanken musste Mara kichern.

"Was ist los?", fragte Mick irritiert.

"Nicht so wichtig", gab sie leise lachend zurück. "Also, ich höre."

"Was m-....?" Weiter kam er nicht, denn Mara unterbrach ihn grinsend.

"Mick, du wolltest nicht nur bei mir mitfahren, falls ich den Pick-Up verliere."

"Ok, du hast Recht. Ich...ich wollte dir vielleicht ein paar Fragen stellen." Unsicher kaute Mick auf seiner Lippe herum.

"Keine Sorge, ich reiß dir schon nicht den Kopf ab. Warte, ich hab eine Idee. 5 Fragen, 5 Antworten. Du fängst an. Solange bis wir da sind. Wäre das ein Vorschlag?"

"Ja.....ja, das klingt gut. Wie hast du herausgefunden, dass du Geschwister hast?"

"Nach der Trennung unserer Eltern hab ich einen Ordner mit Dokumenten über zwei Adoptionsfreigaben (gibt es das Wort überhaupt ^.^*) gefunden. Dad hat mir dann, zumindest zu einem Teil, die Geschichte erzählt."

"Unsere Eltern sind getrennt?"

"Ja, seit fast zwei Jahren. War aber auch besser so."

"Wieso das?"

"Weil beide nicht gerade zu den treusten Seelen."

Entsetzt und mit einem ungläubigen Blick schaute Mick seine Schwester an.

"Glaub mir, so schlimm ist das mit der Trennung nicht. Die letzten zwei Jahre ihrer Ehe haben sich die beiden nur noch gezofft, angeschwiegen und gegenseitig auf das übelste beschimpft. Es war einfach nur die Hölle mit den Beiden."

„Ich kann das irgendwie nicht glauben. Max hat immer so wahnsinnig viel Gutes über unsere Eltern gesagt. Also, was hat sich verändert?"

„Ich schätze, früher haben sie sich wirklich geliebt, aber die Tatsache, dass sie dich und Max weggegeben und mich behalten haben, hat eine Art Keil zwischen die Zwei getrieben und ihre Liebe praktisch getötet. Zumindest würde es mich zerstören. Und unsere Eltern werden nicht anders sein."

„Ja, du hast Recht. Das alles ist ziemlich kompliziert. Jahrelang wünschst du dir nichts anderes, als eine intakte Familie und alles was du bekommst ist eine Welt voller Scherben. Es sollte alles anders werden als bisher."

„Anders ist nicht immer gleich gut oder gar besser!", antwortete Mara leise. „Du hast so unglaublich viel! Und vor allem so viel mehr!"

„Ach ja, und was hab ich bitte?", schrie Mick verzweifelt zurück. Mit tränenverhangenem Blick warf Mara ihrem Bruder einen kurzen Seitenblick zu, bevor sie sich wieder auf die Straße konzentrierte.

„Einen großen Bruder, der dich liebt und für dich sein Leben opfern würde."

„Nein, würde er nicht!"

„Glaub mir, das würde er. Ohne auch nur mit der Wimper zu zucken."

„Tut mir echt leid, aber das nehm ich dir nicht ab!", gab ihr Zwilling verbittert zurück.

Verzeihen unmöglich?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt