~Kapitel 1~

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Ich lag gerade auf meinem Bett und starrte an die Decke, da hörte ich Stimmen aus dem Foyer. Hatte Dad Besuch? Aber nein, das kann nicht sein. Der Sache musste ich auf den Grund gehen! Ich stand auf, öffnete die Tür zu meinem Zimmer und sah hinaus in den langen Flur. Auch meine Geschwister schienen mitbekommen zu haben, dass dort jemand war, denn ich konnte auch ihre Gesichter an den jeweiligen Türen erkennen. Ich hatte sieben Geschwister: Marcus, Ben, Fei, Alphonso, Sloane, Jayme und Christopher. Chistopher war allerdings kein wirklicher Mensch, jedenfalls hatte er nicht die „Form" eines Menschen, denn er war ein existenzielle Angst auslösender Psykronium-Würfel. Fragt einfach nicht.
Ich bedeutete mit einem Nicken, dass ich jetzt zur Treppe gehen und nachgucken würde, wer dort war. Meine Geschwister nickten ebenfalls und zusammen begaben wir uns auf den Weg. Meine Geschwister und ich hatten alle besondere Kräfte, übermenschliche Kräfte. Ich zum Beispiel konnte alles machen, was man mit dem Kopf anstellen kann. Hierbei rede ich von Gedankenlesen, Dinge durch Gedanken zum Schweben bringen, in Gedanken zu jemandem sprechen, die Träume anderer beeinflussen und einer Person etwas einzureden, was sie für immer glaubt. Das war noch längst nicht alles, doch die besten meiner Fähigkeiten.
Die Stimmen aus dem Foyer wurden immer lauter und ich konnte heraushören, dass es mehrere Personen waren. Darunter auch Dad.
Wir waren am Geländer, von dem man nach unten sehen konnte, angekommen. Die Stimme von Dad war nicht besonders freundlich, sondern eher gereizt. Es war also kein erfreulicher Besuch, das wusste ich jetzt und vielleicht wusste ich auch, wer es war, ohne sie gesehen zu haben...
„Auch falsch. Das hier ist die Sparrow Academy", hörten wir Dad auf einmal sagen und das war unser Zeichen. Wir traten hinter dem Geländer hervor und stellten uns ins Licht. Ich fühlte mich wie, wenn ich gerade mit meinen Geschwistern von einer erfolgreichen Mission zurückkam und die Leute von der Zeitung unbedingt Fotos von uns wollten. So standen wir da. Christopher schwebte nah neben unseren Köpfen. Eine seiner Fähigkeiten.
Jetzt sah ich mir die Leute genauer an: Es waren sechs an der Zahl. Ein riesiger Mann, mit erstaunlich vielen Muskeln, einer mit einem Cowboyhut, einer mit Messern am ganzen Körper, zwei Frauen und ein so, wie er aussah, 13-jähriger Junge. Das waren die Leute, von denen Dad uns erzählt hatte. Keine Freunde, nein, eher so etwas wie Feinde.
„Dad, wer sind denn diese Arschlöcher?", hörte ich Ben von unten fragen. Er war als einzigster von uns dorthin gegangen und anscheinend hatte es keiner von den „Leuten" bemerkt. Ich wusste, dass sie Ben kannten, doch unser Ben war nicht so, wie sie es erwartet hatten.
„Shit", stießen sie mit einem entsetzten Gesichtsausdruck hervor.
Damit hatten sie nicht gerechnet. Mit dem, was sie hier sahen: uns. Meine Geschwister schienen genauso schadenfroh zu sein, wie ich, denn auch sie hatten ein schelmisches Grinsen aufgesetzt.
„Wer sind die denn?", sagte der Typ mit den Messern und meine Augen verengten sich zu Schlitzen.
Was erlaubt der sich? Wir sind die Sparrow Academy!
„Jemand, den du nicht erwartet hättest mhh", antwortete ihm Ben mit kaltem Ton, was mein Grinsen noch breiter machte.
„So wird es sein! Nummer 1, 2, 3, 4, 5, 6 und 8: runterkommen!", meldete sich nun auch Dad zu Wort und wir gehorchten ihm.
Während ich die Treppe herunterstieg spürte ich den Blick der Leute, die hier nicht erwünscht waren auf mir. Ich konnte es ihnen nicht verübeln, denn ich unterschied mich in einem Punkt von meinen Geschwistern: Ich sah jünger aus, als ich war. Mein Körper sah aus, wie als wäre ich 13, doch mein geistliches Alter war 30. Damals hatte ich mich während einer Mission stark verletzt und ich wäre gestorben, hätte mir Dad nicht diese eine Spritze verabreicht. Dabei gab es eben eine kleine Nebenwirkung. Mein Körper veränderte sich zu dem, eines 13-jährigen Mädchens, aber das war es mir wert. Lieber so, als tot.
„Sag mal, warum siehst du so viel jünger aus, als deine Geschwister?", fragte mich auf einmal der Typ mit den Cowboyhut.
„Ich wüsste nicht, was dich das angeht, du Bastard", sagte ich mit zuckersüßer Stimme.
„Oh, sie hat Temperament", antworte er mit einem Lächeln.
Langsam wurde ich echt wütend. Was wollen die überhaupt noch hier? Kann Dad die nicht einfach rausschmeißen?
Ich warf dem Typen meinen besten Todesblick zu, worauf sein Grinsen verschwand.
„Pass auf, was du sagst", zischte ich unter zusammengebissenen Zähnen hervor.
Normalerweise verlor ich nicht so schnell die Fassung, doch irgendwie machten die mich aggressiv.
„Genug, Nummer 8. Dieses Gespräch wird morgen fortgesetzt. Unsere Gesellschaft wird solange die Gästezimmer beziehen und da du ja schon so nett warst, wirst du diese ihnen zeigen", ordnete Dad an und ich konnte meinen Ohren nicht trauen.
War das gerade sein scheiß ernst? Ich hatte mit allem gerechnet, doch nicht damit! Ich dachte, er macht diese Leute jetzt fertig und lässt sie auf der Straße schlafen, doch stattdessen bekommen sie alle ein Gästezimmer und ich muss diese ihnen zu allem Überfluss auch noch zeigen! Das ging jetzt wirklich zu weit, doch ich nickte stumm, da ich keine Lust auf Stress hatte. Äußerlich sah man es mir nicht an, doch innerlich kochte ich. Wie konnte Dad mir das antuen?!
Mit einem Nicken bedeutete ich ihnen, mir zu folgen und ich führte sie in den Flur.

☂︎︎different, but also the same☂︎︎  [abgebrochen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt