Prolog

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Am Anfang, noch weit vor Zeit und Raum beherrschte gähnende Leere das Universum, weiß und klar wie ein unbeschriebenes Blatt Papier erstreckten sich seine Glieder in alle Richtungen. Doch die Unendlichkeit kann ohne Gesellschaft ziemlich einsam sein. So gebar die Leere 7 Farben: Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett. Als großer Schleier hingen die Farben fest aneinander und bildeten so eine Einheit, welche wild um das Weiß tanzte und ihm so in der menschenleeren Unendlichkeit Gesellschaft leistete. 

Lange waren die Leere und die Farben glücklich zusammen, doch ewiger Frieden ist unmöglich und so geriet auch ein Tropfen Dunkelheit an die Oberfläche. Als großer Schatten kroch es in den Schleier und trennte gewaltsam alle sieben Farben. 

Panisch flohen diese in alle Richtungen: Als Basis das Rot, es sollte von nun an unter der Erde leben, als Magma stetig in Bewegung, achtsam und unruhig, stets auf der Hut vor dem schwarzen Schatten. Es folgte das Indigo, unergründlich und tief tobte es seither als das Meer auf der Erde. Kurz darauf haftete sich das lebensfrohe Gelb an das Indigo, dort wo das Meer endet, sollte es als Sand an seiner Seite sein. Auch das Orange ließ sich nieder, trocken und unbelebt als Wüste. An den Polen der Welt fand das Blau Platz, erfror jedoch augenblicklich, als es den Boden berührte. Seit diesem Tag ruht es nun in sich gekehrt und philosophiert über den Sinn des Lebens. Dort, wo es noch Platz fand, siedelte sich das Grün an und so gutmütig wie es war, schenkte es Pflanzen und Tieren im ewigen Sommer ein Zuhause. 

Um die Dunkelheit zu verscheuchen erschuf das Weiß die Sonne und den Mond, welche im ständigen Kampf mit den Schatten am Himmel hingen. Doch jetzt, wo schon all der Platz besetzt war, wo sollte das Violett sich niederlassen? So ward es, dass die Sonne im Himmel für das Violett im stetigen Wechsel von Tag zur Nacht Platz schuf. Nun hing es übersinnlich über allen anderen. Als Trost, da es von den restlichen Farben getrennt war, sollte das Weiß beim Violett als Wolken über den Himmel ziehen. Doch in seiner Trauer um die vergangenen Geschehnisse, vergießt das Weiß noch heute bittere Tränen über die Erde. Und manchmal, wenn man genau hinschaut, so kann man den einstigen Schleier der Sieben Farben als Bogen am Himmel erkennen.

Rot- Das gebrochene LichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt