Von außen ist es fast ein wenig amüsant, den beiden zuzusehen.
Sie sind gemeinsam in die Blondierungen vertieft und könnten noch so sehr angestarrt werden, sie merken überhaupt nichts mehr um sich herum, hauptsächlich, weil sie total nervös davon sind, dem jeweils anderen so nah zu sein, dass sie seinen Geruch erahnen können. Nach einigem Stammeln haben sie es aber nun doch geschafft, ruhig miteinander reden zu können, und sich auch mehr oder weniger auf das konzentrieren, wofür sie hier sind.
Es dauert nicht lange, bis sie in Besitz von Farbe und Blondierung sind und damit den Ausgang ansteuern, wobei ihnen eine Welle der Hitze entgegenschlägt, sobald sie durch die automatische Schiebetür nach draußen treten. Jaemin gibt dabei ein leises, gequältes Jammern von sich, und sofort mustert Jeno ihn von der Seite.
"Warm?"
"Viel zu warm."
Jeno schmunzelt. "Ich bringe dich nach Hause, wenn du magst, dann kannst du dich auf den kalten Fußboden legen."
"Au ja." Zu spät fällt Jaemin auf, dass Jeno gerade gesagt hat, dass er ihn nach Hause bringt. "Aber ich– Ich muss mit dem Bus fahren", schiebt er deshalb hastig hinterher, und er weiß nicht, was er von Jeno als Antwort kriegen will.
"Soll ich dich dann zur Haltestelle bringen?"
"Wenn's dir keine Umstände macht...?" Jaemin spielt unauffällig an seiner Hose herum.
"Nein. Ich muss sowieso in die Richtung, da kann ich dir noch eine Weile auf die Nerven gehen~"
"Du nervst nicht", murmelt Jaemin, den Blick auf den Fußweg unter ihnen gerichtet.
"Dann ist ja gut", schmunzelt Jeno.
Eine Weile sind sie still, lauschen nur ihrer Umgebung, da die Straßen relativ belebt sind und es irgendwie auch angenehm ist, einfach nur nebeneinander herzugehen.
"Wer war das vorhin eigentlich?", fragt Jeno dann, und Jaemin braucht einen Moment, um zu verstehen, dass er Chenle meint.
"Ein Freund von mir, Chenle. Er ist in der Stufe unter uns, aber wir kennen uns von früher, aus dem Kindergarten. Ich weiß nicht, ob du ihn gesehen hast, aber Jisung war auch da. Sein bester Freund. Ihre Charakter sind komplett unterschiedlich, aber Gegensätze ziehen sich wohl an."
"Ich hab ihn aus dem Augenwinkel gesehen. Bist du nicht auch ihr bester Freund?" Jeno legt leicht den Kopf schief, und seine unschuldigen Augen bringen Jaemin eine Ruhe, die er selten in der Nähe anderer Menschen spürt.
"Ich weiß nicht, vielleicht? Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, ich meine, die beiden sind meine einzigen Freunde, also..." Einen Moment herrscht Stille, und Jaemin kriegt sofort ein schlechtes Gewissen. "Womit ich zufrieden bin!", hängt er eilig hinterher, "die beiden sind toll und ich bin jetzt nicht gerade sozial, das sollte nicht–"
"Hey", unterbricht Jeno ihn sanft, lächelnd, "alles gut. Es ist doch gut, dass du zwei Freunde hast, auf die du dich verlassen kannst. Besser zwei gute Freunde als zehn Bekannte."
"Schon", murmelt der Jüngere, "aber manchmal wäre es schön, jemanden in meinem Jahrgang zu haben."
"Jetzt hast du ja mich", schmunzelt Jeno, und klingt dabei so ehrlich, dass es Jaemin von den Socken haut.
"Das... ist schön", stammelt er deshalb, und er könnte schwören, dass daraufhin Jenos Hand seine streift.
π
An der Haltestelle haben sie nur noch einen kurzen Moment Zeit, ehe sie sich voneinander verabschieden müssen, da der Bus direkt vor ihnen hält.
"Wir sehen uns dann morgen", lächelt Jeno, und Jaemins Herz schlägt davon höher.
"Bis morgen", erwidert er etwas zögerlicher, denn eigentlich will er nicht gehen, bevor er Jeno nicht gefragt hat, aber er kann ihn nicht einfach so fragen, wo sie sich doch heute das erste Mal richtig gesehen haben...
"Du kannst mir ja schreiben, während die Farbe einwirkt", grinst der Ältere.
"Eigentlich–"
"Na?", hakt Jeno nach, als Jaemin seinen Satz nicht fortführt.
"Ich... Ich hab das ja noch nie gemacht, mit dem Färben und so, und, deshalb dachte ich... Vielleicht hast du ja Lust, mir dabei zu helfen...? A.k.a. mir die Haare zu färben, weil ich garantiert zu viel Angst habe, um das selbst zu machen, wenn ich es nicht muss?"
"Natürlich." Innerlich bricht Jaemin in Geschrei aus. "Sag einfach Bescheid, wenn du Zeit hast. Wir können auch erst blondieren und dann ein paar Tage später färben, bei manchen hält die Farbe dann besser. Du musst nur sagen, wie es am besten für dich ist. Und stress dich damit bloß nicht!" Er schenkt dem Rabenschopf ein Lächeln, das dessen Herzschlag durch die Decke schießen lässt.
"Okay", bringt er irgendwie hervor, "ich... ich melde mich dann bei dir, j-ja?"
"Ja. Wann immer es dir passt. Bis morgen!"
"Bis morgen..."
Jaemin sieht ihm ein wenig perplex hinterher, bis ihm einfällt, dass er in den Bus steigen muss, und das mit hochroten Wangen tut.
23.04.2021
jeno♡
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math boy ππ nomin ✓
FanfictionJaemin ist ein durchschnittlicher Schüler, wenn auch eher ruhig, in sich gekehrt. Sein Zwillingsbruder ist das Gegenteil davon; immer unter den Klassen-, gar Jahrgangsbesten, gutaussehend, beliebt. Eineiige Zwillinge sind sie, und wo sie sich eigent...