Kapitel 2

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Als ich aufwachte, war es dunkel.
Es roch nach Holz und Schimmel.

Meine Hände waren gefesselt, ich lag anscheinend in einem Bett. Doch ich wusste nicht, wo genau ich mich befand.

Was war passiert?
Als ich genauer darüber nachdachte, fiel es mir wieder ein. Ich wurde entführt. Und das so plötzlich. Am hellichsten Tag.

Ich fühlte mich komisch. Es war so, als hätte ich schon jetzt mit meinem Leben abgeschlossen. Als wenn ich schon jetzt die Hoffnung auf die Freiheit aufgegeben hätte.
Doch ich wusste, dass das nicht möglich war. Denn mein Lebenswille war stark. So stark, dass ich jede Hürde überstehen würde.
Hätte ich doch nur gewusst, wie groß diese hier war...

Die Tür öffnete sich und das Licht ging an.
Sofort schlossen sich meine Augen, doch ich öffnete sie und blinzelte nur wenige Male, um mich an das grelle Licht zu gewöhnen.

,,Du bist also wach", erklang die ruhige Stimme meines Entführers. Mein Blick wanderte zu einer alten Holztür. An dieser stand ein großer muskulöser Mann. Dies erkannte ich daran dass er oberkörperfrei da stand. An seinen schwarzen nassen Haaren und dem Handtuch um seine Hüfte machte ich fest, dass er grade wohl geduscht oder gebadet haben musste.
Seine dunklen Augen bohrten sich in meine braunen.

,,Wo bin ich...", wagte ich, zu reden und sah ihn mit Angst in den Augen an. Dabei versuchte ich doch, mutig rüberzukommen...
,,In deinem neuem Zuhause, Yoko", antwortete der etwa 20-Jährige noch immer ruhig und schloss die Tür hinter sich. Er ging auf mich zu und während er das tat, fragte ich:,,Woher weißt du, wie ich heiße?" Ich sah ihn neugierig an.
Mein Entführer setzte sich neben mich an die Bettkante und strich mir über den Kopf.

,,Ich weiß vieles über dich. Zum Beispiel, dass du einen Freund hattest, du seit neustem in die neunte Klasse gehst, einen Hund namens Riki hast und dir nichts so sehr wie eine strahlende Zukunft wünschst..."
Ich schluckte ängstlich.

Er machte mir Angst.
Wieso wusste er das alles? War er ein Stalker?
Dumme Frage. Natürlich war er das. So viel wie er wusste...

Ich stellte mir so viele Fragen...
Warum ich?
Was würde er nun mit mir tun?
Würde ich sterben?
Wo war ich?
Wer war er?

Er schien meinen verwirrten Blick zu bemerken, es brachte ihn zum Schmunzeln.
,,Weißt du, Yoko... Ich weiß genau, wie du dich fühlst. Ich habe genau dasselbe durchmachen müssen, wie du es ab jetzt wirst." Er stand auf und drehte sich um, sodass ich seinen Rücken sah. Zu meinem Entsetzen war dieser voll mit Narben und weiteren Wunden.
Meine Augen weiteten sich.
Er wurde also misshandelt... Irgendwie hatte ich Mitleid mit ihm. Das klang schon lustig. Ich hatte Mitleid mit meinem eigenem Entführer. Komisch. Dennoch...

,,Wirst du m-mir weh tun...?"
Der schwarzhaarige drehte sich erneut zu mir um und sah mich an. ,,Du wirst schon früh genug sehen, was dir hier blüht. Bleib einfach brav und dir wird nichts geschehen."
,,Warum bin ich hier?", fragte ich weiter und sah ihm in die Augen.
,,Weil ich dich hier will. Ist das nicht klar? Wir werden glücklich zusammen." Er grinste kurz verschmitzt. Das verhieß nichts Gutes.
,,Und... Wer bist du?"
Auch diese Frage war überflüssig. Wer sollte er schon sein? Er war nur einer von vielen Entführern und Vergewaltigern, die Spaß daran fanden, kleine Mädchen zu entführen, ihre Psyche zu zerstören und ihnen das Leben einfach gesagt zur Hölle zu machen.
In diesem Fall hatte es nun eben mich getroffen. Es war unvermeidlich.
,,Ich heiße Sora." Er sah mich kalt an.
Sora... Ein Name der Schrecken in mir auslöste. Zumindest jetzt. Nach fast vier Jahren in denen ich mit keinem anderem Menschen geredet habe, keine andere Person zu spüren bekam...
Nach so einer langen und vor allem qualvollen Zeit war der Name der einzigen Person, die ich zu sehen bekam, ein Traumaauslöser.

Ich gab ihm nur ein Nicken als Antwort und bewegte meine Hände etwas, da die Fesseln störten.
Er bemerkte das und löste sie. ,,Du brauchst sie jetzt nicht", meinte Sora ruhig und legte das Seil weg. Ich sah auf meine Hände und seufzte leise.

,,Ich will nach Hause...", flüsterte ich.
,,Du bist zu Hause, Kleines", antwortete er und strich mir über die Wange. Ich sah ihn noch immer nicht an und schüttelte nur langsam mit dem Kopf.

,,Und jetzt zeig mir, wie gut du küssen kannst~"
,,Ich möchte nicht...", versuchte ich, ihm etwas schockiert beizubringen, doch er sah mich streng an. ,,Denk an meine Worte. Sei brav."
Ich schluckte schwer und nickte dann langsam.

Schon zog er mein Gesicht zu sich und drückte seine Lippen auf meine.
Ich war überhaupt nicht bereit, doch ich ließ es über mich geschehen. Also schloss ich meine Augen und erwiederte diesen Kuss zögernd und mit schlechtem Gewissen.

Ich wollte zurück zu Taiki...
In seine Arme genommen werden.
Ich wollte, dass er mich küsst und mir sagt, dass das alles nur ein Traum gewesen sei.
Nicht der Realität entsprechend.
Doch ich selber wusste ganz genau, dass dies nicht so war. Nur ein Wunsch. Ein unbedeutender Wunsch, der niemals Wahrheit werden könnte.
Denn ich war mir sicher, das war echt. Ich spürte Soras Lippen auf meinen. Und ich lag in seinem Bett.

Es war echt.
Und es war Schmerz.

𝗨𝗦𝗘𝗗 - 𝚃𝚑𝚎 𝚙𝚊𝚒𝚗 𝚘𝚏 𝚋𝚎𝚒𝚗𝚐 𝚊𝚕𝚕 𝚊𝚕𝚘𝚗𝚎 || 𝑆𝑐ℎ𝑜𝑘𝑖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt