Zitternd hielt ich die Dose mit den Medikamenten in der Hand und starrte auf die Pillen.
Tod. Was bedeutete Tod überhaupt?
Nicht für die Angehörigen, Familie, Freunde und so weiter, sondern für denjenigen der starb.
Was bedeutete es zu sterben? Himmel? Hölle? Ein unendlicher Schlaf?
Es war jetzt gut 2 Jahre her, dass ich das letzte Mal gesund und glücklich war, doch dann ging es mir immer schlechter. Es fing langsam schleichend an, die Besuche bei den Ärzten die anscheinend nicht wissen was sie den ganzen lieben langen Tag so anstellen, bis endlich eine Diagnose von einem dieser Idioten gestellt wurde. Lungenkrebs. Und die Bombe platze.
Ich sehe noch genau vor mir wie meine Mutter die Hände vors Gesicht schlug und in Tränen zusammen sank. Sehe den betretenen Blick des Arztes und seiner komischen Assistentin.
Streng genommen war das der Augenblick gewesen in dem ich starb. Meine Eltern weinten jeden Tag, es reichte schon mich anzusehen, dass sie wie erstickt waren und Tränen unterdrückten.
Mein Körper war noch am Leben, doch er war leer.
Also sitze ich hier. Nachts. Im Krankenbett des Krankenhauses meines Vertrauens, mit der Medikamentendose, kurz davor einzuschlafen und nicht mehr aufzuwachen.
Ich hatte mich am Abend einfach besonders lange von meiner Familie verabschiedet, die nicht ahnte was ich geplant hatte.
Ich hatte einen Brief geschrieben, ja ich weiß, total Klischee, und ihn in meinem Nachttisch verstaut auf dem immer frische Blumen standen. Ich kam mir vor als würde ich in meinem eigenen Grab liegen, vor allem wenn einer der Genies meiner Familie weiße Lilien brachte.
Sie sagten immer ich würde den Krebs eines Tages besiegen und ich sagte das auch, auch wenn ich es vielleicht ein bisschen anders meinte als sie.
Ich würde den Krebs besiegen, das bedeutete für mich, dass ich mich nur nicht von ihm besiegen lassen würde, alle anderen Umstände waren irrelevant.
Ich wollte mit Würde gehen und nicht langsam dahinraffen und zusehen wie das Leben aus mir floss.
Ich würde den Krebs besiegen indem ich ihm seine Spielwiese nahm.
Kein Ich, kein Krebs, so einfach war das.
Ich würde das was ich denke (und tun werde) nicht als Suizid Gedanken abstempeln… nein, Suizidgedanken haben Teenie Mädchen die ja sooo unglücklich mit ihrem ach so schweren Leben sind und ja sooo alleine sind und sooo ein schreckliches Leben haben und der einzige Ausweg ist dieses Leben mit Suizid zu verschwenden. Komische Weiber.
Ich verschwendete kein Leben, nein, ich sparte nur Leid. Für alle Beteiligten.
Also setzte ich das Döschen an meine zitternden Lippen. Jetzt würde ich es also tun, jetzt würde es zu Ende gehen, einfach so.
Einfach einschlafen, keine Schmerzen mehr, kein Leid.
Frei sein.
Und dann schluckte ich alle auf einmal und schlief in meinen Tränen ein. Ich schlief ein, ohne Schmerzen, ohne Sorge. In meinem Kopf die Erinnerung an meine Familie, meine Freunde. Die Erinnerung an meinen ersten Kuss in der 7.Klasse unter einem Kirschbaum an einem Spätsommerabend. Die Erinnerung an meine beste Freundin die ich schon seit dem Kindergarten kannte und auch die an mein erstes Mal, meinen ersten Freund… Die Erinnerung an die Freude und Liebe und Geborgenheit dich ich in meinem kurzen aber erfüllten Leben spüren durfte. Weitere Tränen rannen über mein Gesicht.
Es waren keine Tränen der Trauer, es waren Freudentränen.

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Stories.
Fiksi RemajaHier werde ich eine kleine Sammlung von Kurzgeschichten erstellen:) Bitte seid euch im klaren was Kurzgeschichten sind, ich werde keine Fortsetzungen schreiben. Ich finde es toll wenn die einzelnen Geschichten für sich stehen:)