Pierre Part VI

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„Was willst du denn hier", kommt es mir erstickt über die Lippen, nachdem ich mich nach dem gefühlten hundertsten Mal Sturmklingeln dazu durchgerungen habe doch die Tür zu öffnen.

Antonio mustert mich von Kopf bis Fuß, seufzt leise und drängt mich zurück in meine Wohnung, schließt die Tür hinter sich und ich finde mich in seinen Armen wieder. Ein Beben erschüttert meinen Körper, meine Hände krallen sich in den Stoff seines T-Shirts und die Tränen beginnen augenblicklich wieder zu fließen. Wie kommt es eigentlich, dass ich mich gegenüber ihm nie unter Kontrolle habe.

„Ist schon gut", murmelt er, streicht mir über den Rücken, alleine seine Anwesenheit spendet mir Trost.

„Was machst du hier?", wispere ich in sein T-Shirt, bin mir nicht sicher, ob er mich überhaupt verstanden hat, doch er zuckt leicht die Schultern.

„Ich dachte du könntest einen Freund gebrauchen."

Mehr nicht. Schlicht und einfach. Erneut schluchze ich auf, klammere mich an ihn und er hält mich fest.

Eine halbe Ewigkeit später habe ich mich wieder halbwegs beruhigt. Registriere erst jetzt, dass er eine Reisetasche dabeihat.

„Willst du irgendwo hin?"

Ein kleines Lächeln umspielt seine Lippen, „Ich bin schon da."

Mein Herz stockt, bevor es umso schneller zu schlagen beginnt. Ist er tatsächlich aus seinem Urlaub wegen mir gekommen. Er muss die aktuellen Nachrichten ja auch verfolgt haben, die ganzen fiesen Kommentare zu meiner Karriere genauso, wie die heuchlerische Mitleidsbekundungen bezüglich meiner Trennung.

„Du denkst schon wieder zu viel", informiert er mich, legt mir seine Hände an die Wangen und wischt mir die Tränenspuren weg. Die Berührung hat etwas Intimes, Zärtliches und lässt mich die Luft anhalten.

Leicht schüttelt er seinen Kopf.

„Ich bin nicht deshalb hier. Was ich vorhin gesagt habe ist die Wahrheit. Ich will für dich da, dir ein Freund sein, zumindest wenn du das willst."

Es irritiert mich ihn in meiner Wohnung zu sehen, dennoch lasse ich es zu, dass er das Kommando übernimmt, als er mich auf mein Sofa dirigiert und uns aus der Küche etwas zu trinken holt. Das Wasserglas zittert in meinen Händen und ich stelle es sicherheitshalber auf dem Couchtisch ab. Der Italiener hat es sich in der anderen Sofaecke gemütlich gemacht, mustert mich aufmerksam.

„Willst du mir erzählen, was überhaupt passiert ist?", fragt er vorsichtig nach.

„Weißt du das nicht längst?", gebe ich leise zurück, habe keine Lust schon wieder alles zu erzählen. Habe ich heute schon zu oft getan. Meiner Familie gegenüber musste ich Rechenschaft ablegen, meine Freunde haben mich ebenfalls gelöchert.

Gio seufzt leise, „Als ich es gelesen habe, konnte ich mich ein wenig erinnern. Du hast mit Charles darüber gesprochen, dass Caterina und du getrennte Wege gehen wollt, weil sie keine Lust mehr hat sich zu verstecken. Dann beantworte mir doch die Frage, warum ihr das so offen vor mir besprochen habt."

Ich bin kurz überrascht und von meinen eigentlichen Problemen abgelenkt, denke über eine Antwort nach und kaue ein wenig auf meiner Unterlippe herum.

„Ich wusste von deinen Gefühlen für Carlos", setze ich an, registriere, dass er das Gesicht leicht verzieht, „Und dachte, dass du mir vielleicht eher vertraust, wenn du weißt, dass ich auch Probleme habe und eigentlich gar nicht in einer richtigen Beziehung bin."

„Erzähl mir davon", bittet er.

„Wovon?"

„Von England. Ich bin es leid im Dunkeln zu tappen", gibt er leicht resigniert von sich.

Gegen jede Vernunft (Formel 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt