Kapitel 2

793 83 36
                                    

(Pov. Harry)

Ich wollte mich auf die Seite drehen, doch etwas Schweres, dass auf mir lag, hielt mich davon ab. Ich versuchte es von mir zu schieben, was mir jedoch zu meinem Leidwesen missglückte. Gähnend schlug ich also die Augen auf, nur um Niall quer über mir schlafend vorzufinden. Stöhnend setzte ich mich auf, um den chaotischen Iren von mir zu schieben. Er wachte davon jedoch nicht einmal auf, sondern gab nur einen leisen Schnarcher von sich und kuschelte sich stattdessen an Liam, der direkt neben mir schlief. Wie konnte sich ein Mensch nur so viel im Schlaf bewegen, ohne davon aufzuwachen?

Verschlafen rieb ich mir über die Augen und griff dann zu meinem Handy, um auf die Uhr zu sehen. Es war bereits nach Mittag, doch ich hatte bestimmt nur einige Stunden Schlaf gefunden. Ich dachte an den gestrigen Abend zurück. Louis Geburtstagsfeier war wirklich lustig gewesen. Ich konnte es gar nicht glauben, dass er nun 18 Jahre alt war und seinen Seelenverwandten hören konnte. Eigentlich brachte es ihm nicht wirklich etwas, da er seine große Liebe Eleanor schon gefunden hatte. Trotzdem war es aufregend und ich freute mich sehr für meinen besten Freund, dass ihre Liebe dadurch noch einmal bestätigt wurde. Auch wenn es mir insgeheim einen Stich versetzte, ihn so glücklich mit seiner Freundin zu sehen.

Ich sah mich in Louis Zimmer um, doch die anderen schienen alle noch zu schlafen. Um mich auf andere Gedanken zu bringen, rappelte ich mich möglichst leise auf und tapste zur Tür. Träge machte ich mich auf den Weg ins Bad, was jedoch keine Schwierigkeit war. Louis Haus war wie mein zweites Zuhause. Ich würde mich hier auch im Dunklen zurecht finden. Als ich schließlich vor dem großen Spiegel stand, spritzte ich mir ein wenig Wasser ins Gesicht und fuhr mir einige Male durch die Haare. Das trug jedoch auch nicht wirklich dazu bei, dass ich wacher aussah. Seufzend gab ich es auf und trottete zurück zu meinen Freunden.

Ich schob die Tür zu Louis Zimmer auf, doch was ich sah, ließ mich wünschen angeklopft zu haben. Louis und Eleanor waren mittlerweile wach und teilten einen heißen Zungenkuss. Schnell richtete ich meinen Blick zu Boden und räusperte mich leise. Doch erst nach dem dritten Mal schienen sie mich zu bemerken. „Oh Harry, wir haben dich gar nicht gesehen.“ meinte mein bester Freund grinsend. Seine Haare waren verstrubbelt und seine Lippen leicht gerötet. Ich verzog mein Gesicht, als sich ein eifersüchtiges Ziehen in meinem Bauch breit machte. Ich sollte mich nicht so anstellen und mich lieber für ihn freuen. Doch das war leichter gesagt als getan, weshalb ich, ohne etwas zu sagen anfing in meiner Tasche zu kramen, um ihn nicht ansehen zu müssen.

„Stell dich nicht so an Harry, schließlich hast du uns doch schon öfter küssen gesehen.“ lachte Louis, der meine Reaktion als Verlegenheit deutete. „Sorry, bin nur noch ziemlich müde.“ murmelte ich, während ich mir innerlich gegen die Stirn schlug. Schuldgefühle nagten an mir. Ich war wirklich ein miserabler bester Freund. Warum musste ich auch Gefühle für Louis entwickeln. So viele Gründe sprachen dagegen. Erstens war er zu 100 Prozent hetero, zweitens hatte er eine Freundin und drittens war diese auch noch ganz zufällig seine vorherbestimmte Seelenverwandte. Welche Chance sollte ich da bitte haben? Doch das alles interessierte mein Herz anscheinend nicht oder es wollte einfach liebend gerne gebrochen werden. Ich wusste es doch selbst nicht.

Glücklicherweise lenkte mich Niall, der in diesem Moment aufwachte und dessen Magen laut knurrte, von meinen Gedanken ab. „Ich habe Hunger. Was gibt es zum Frühstück?“ fragte der Ire, bevor er überhaupt richtig seine Augen geöffnet hatte. Ich lachte auf. Wie konnte er immer ans Essen denken? Doch als wenig später auch Liam und Zayn aufwachten und wir uns alle fertig gemacht hatten, bekam auch ich langsam Hunger. „Ist noch etwas von deinem Geburtstagskuchen übrig, Louis?“ wollte Niall wissen, während er auch schon den Kühlschrank in der Küche öffnete und diesen durchsuchte. Es endete damit, das wir zusammen den restlichen Kuchen zum Frühstück aufzuessen.

„Wo bleibst du, Harry? Wir wollten doch gemeinsam den Weihnachtsbaum schmücken.“ erreichte mich plötzlich eine Nachricht von meiner Schwester. Ich sah auf die Uhr. Verdammt, schon fast zwei Uhr nachmittags. Heute war Heilig Abend und wir mussten noch den Baum schmücken und wie jedes Jahr, alle gemeinsam kochen, bevor meine Großeltern uns besuchen kamen. So schnell ich konnte sammelte ich meine Sachen zusammen und stopfte sie in meinen Rucksack. Dann verabschiedete ich mich von allen, wobei ich Louis wahrscheinlich etwas zu lange umarmte. Doch ich konnte einfach nicht anders, als seinen wundervollen Louis-Duft einzuatmen, wenn er mir so nahe war. Ich war meinem besten Freund wirklich hoffnungslos verfallen.

Auf dem Weg nach Hause, bließ mir ein kalter Wind entgegen. Mein Atem zeichnete sich als Nebel in der Luft ab, nur geschneit hatte es dieses Jahr leider noch nicht. Seufzend vergrub ich meine Hände in meinem Hoodie. Ich schaffte es einfach nicht zu verhindern, dass meine Gedanken erneut zu Louis schweiften. Seine weichen Haare durch die nur Eleanors Finger fuhren, seine zarten Lippen die nur Eleanor küssten und seine wunderschönen blauen Augen die nur bei Eleanor dieses besondere Funkeln hatten. Warum war ich nicht mehr wie sie? Hübscher, weiblich und vor allem nicht sein bester Freund, seit dem Kindergarten. Ich konnte ihm keinen Vorwurf machen, dass er sie lieber mochte, doch es tat einfach weh, die beiden jeden Tag gemeinsam zu sehen, wie sie so glücklich wirkten.

Ich versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie niedergeschlagen ich war, als ich an der Haustür klingelte. Meine zwei Jahre jüngere Schwester hatte ein Gespür dafür, wenn es mir schlecht ging. Aber genauso sehr liebte sie Weihnachten und das wollte ich ihr nicht mit meinen Sorgen verderben. „Harry, da bist du ja endlich!“ rief Gemma, während sie mit Schwung die Tür aufriss und mich ins Haus zog. Doch in Sekunden änderte sich ihr Gesichtsausdruck zu besorgt. Verdammt, ich schaffte es wirklich nicht, ihr etwas zu verheimlichen.

„Ist alles okay bei dir?“ fragte meine Schwester sofort. „Ja natürlich, warum fragst du?“ gab ich wenig überzeugend zurück und sie schien augenblicklich zu erraten, um was oder besser gesagt wen es ging. „Louis?“ Ich nickte nur. Sie war die einzige, der ich von meinen Gefühlen für meinen besten Freund erzählt hatte. Aber auch nur, weil ich nichts vor ihr geheimhalten konnte. Wir standen uns schon immer sehr nahe und sie unterstützte mich wirklich bei allem. Auch wenn es nur kleine Dinge, wie Trösten bei Liebeskummer, waren.

Gemma führte mich in die Küche und drückte mich auf einen der Stühle am Esstisch. Sie kramte einige Minuten herum, bevor sie eine Tasse dampfenden Tee und einen Teller mit Plätzchen vor mir abstellte. „Erzähl.“ forderte sie mich knapp auf, während sie mich mit durchdringendem Blick musterte. Ich wusste, dass ich mich sowieso nicht gegen sie wehren konnte, also gab ich seufzend nach. „Eleanor ist wirklich Louis Seelenverwandte.“ fasste ich die Situation mit einem Satz zusammen. Ich nahm mir einen Keks und knabberte lustlos auf ihm herum.

„Gemma meinst du ich bin ein schlechter bester Freund, wenn ich mich nicht für ihn freuen kann?“ wollte ich unsicher wissen, doch sofort widersprach sie mir. „Nein, das bist du ganz bestimmt nicht! Schau dich doch mal an, Harry. Du tust alles dafür, dass Louis glücklich ist und stellst deine eigenen Gefühle dabei zurück. Das ist sehr stark von dir. Es dauert nicht mehr lange bis du selbst 18 bist und dann findest du auch endlich deine große Liebe.“ sprach mir meine Schwester gut zu und wenn ich ehrlich war, tat es gut das von ihr zu hören. Doch trotzdem war ich nicht ganz überzeugt. „Es fühlt sich aber nicht so an, als könnte ich je jemand anderen als Louis lieben. Er war meine erste große Liebe und ist es nach so langer Zeit immer noch.“

„Du wirst schon sehen, dass du auch ohne Louis glücklich werden kannst. Selbst wenn es sich im Moment vielleicht nicht danach anfühlt. Aber jetzt schmücken wir erst einmal den Weihnachtsbaum. Mum und Dad holen gerade Oma und Opa vom Bahnhof ab und bis dahin müssen wir fertig sein. Heute wird nicht mehr an Louis gedacht. Wir feiern jetzt Weihnachten!“ bestimmte Gemma und tatsächlich hatte sie recht. Der ganze Abend war wundervoll und bot eine tolle Ablenkung von meinem Liebeskummer.

Wir hatten viel Spaß dabei, den Baum mit hübschen roten Kugeln, unzähligen Lichtern und einigen Strohsternen zu schmücken. Das Endergebnis konnte sich definitiv sehen lassen und verbreitete eine gemütliche, weihnachtliche Stimmung. Als dann auch unsere Eltern und Großeltern ankamen, wurde erst gemeinsam gekocht und dann gegessen. Ein paar Plätzchen zum Nachtisch und das Singen von Weihnachtsliedern durften natürlich auch nicht fehlen. Alles in allem, war es ein wirklich tolles Fest und ich genoss die Zeit zusammen mit meiner Familie sehr.

Hear you sing (l.s.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt