Info zu Artikel 17

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Hier ist das versprochene Infokapitel zu Artikel 17.

Und ich habe semi-gute Nachrichten und schlechte. Wo soll ich nur anfangen? Ich denke, ich beantworte am besten FAQ.

1. Was ist eigentlich das Problem?

Das Grundproblem ist der umstrittene Artikel 17 des EU-Gesetzes, der mittlerweile beschlossen wurde und in der ganzen EU (bzw. deren Mitgliedsstaaten) gilt. Bei diesem Artikel handelt es sich um eine EU-weite Urheberrechtsreform, die besagt, dass Plattformen geschützte Inhalte vom Netz nehmen müssen, sofern die Rechtinhaber das so verlangen. Hier in Deutschland versucht die Regierung zurzeit den Artikel ins Deutsche Grundrecht einzuarbeiten. Dafür hat sie noch bis zum 7. Juni dieses Jahres Zeit.

2. Wie versucht die Regierung den neuen Artikel in unser Grundrecht einzuarbeiten?

Zurzeit existiert der Plan, dass auf Plattformen Uploadfilter installiert werden sollen, damit nicht gerechtfertigte Inhalte von den Plattformen gelöscht werden. Um diese Filter zu vermeiden, müssten Websites teure Lizenzverträge abschließen, wenn sie möchten, dass ihre Nutzer weiterhin frei fanbasierten Content veröffentlichen können. 

Zeit Online schreibt hierzu:

,,Künftig sollen sie für alle Inhalte, die Nutzerinnen und Nutzer bei ihnen hochladen, urheberrechtlich verantwortlich gemacht werden können. Das bedeutet, sie müssen entweder für diese Inhalte Lizenzen erwerben – oder aber sie müssen dafür sorgen, dass geschützte Inhalte auf ihren Plattformen nicht mehr verfügbar sind.

Die Idee: Die Plattformen sollen endlich für urheberrechtlich geschützte Inhalte zahlen oder die Inhalte eben sperren, wenn die Rechteverwerter das wünschen.''

Also entweder Uploadfilter oder teure Lizenzverträge. Der Haken ist nur, dass nur große Plattformen wie YouTube, Facebook, Instagram etc. sich es leisten können, diese Verträge abzuschließen, kleinere Plattformen wie Archieveofourown oder Fanfiction.de können solche kosten jedoch nicht stemmen. 

Hierzu hat auch Fanfiktion.de sich geäußert:

,,Zum einen kann die Plattform einen oder mehrere Lizenzverträge mit Rechteinhabern und -verwertern wie z.B. der GEMA abschließen. Die Plattform müsste dann Lizenzgebühren zahlen, dürfte aber im Gegenzug alle Uploads grundsätzlich ungefiltert erlauben. Jegliche Urheberrechte an hochgeladenem Material wäre dann über die Lizenzgebühren abgegolten. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, werden diese Gebühren entsprechend hoch und für uns höchstwahrscheinlich nicht zu stemmen sein.''

3. Was bedeutet es also?

Das bedeutet, dass kleinere Plattformen wohl gezwungen sein werden, Uploadfilter zu verwenden, auch wenn das für Geschichten ein wenig kompliziert werden dürfte. Hierzu hat sich Fanfiktion.de ebenfalls geäußert:

,,Hinsichtlich automatischer Uploadfilter wüssten wir aber momentan auch nicht, wie das funktionieren soll. Man kann nur filtern, wenn es dafür auch einen Filter gibt. Im Fall von Texten müsste es also eine Möglichkeit geben, gegen alle jemals veröffentlichten urheberrechtlich geschützten Publikationen abzugleichen. So wie es z.B. Shazam mit der Musikerkennung macht. Dafür gibt es allerdings Anbieter, deren Datenbanken Shazam dafür abfragen kann. Bei Texten (weltweit) ist mir so etwas nicht bekannt. Und selbst wenn dürften die entsprechenden Nutzungsgebühren unsere Portokasse weit übersteigen.''

Ihr merkt also, die ganze Sache ist noch sehr unausgereift. 

4. Wer ist davon jetzt betroffen?

In erster Linie sind die Betreiber sämtlicher Websites davon betroffen. Denn sie sind diejenigen, die sich für Uploadfilter oder Lizenzgebühren entscheiden müssten. In zweiter Linie trifft es natürlich auch uns selbst, denn bei Uploadfiltern werden wir stark eingeschränkt und wenn Websites weder Filter noch Lizenzgebühren einführen wollen, können wir als Nutzer entweder keine Fanfictions etc. mehr veröffentlichen oder müssen selbst Lizenzgebühren dafür abtreten. 

Der einzige Weg, das zu umgehen wäre für uns, auf Plattformen auzuweichen, die diese Lizenzgebühren tragen können. Nur das möchte eben keiner. 

5. Gibt es denn Ausnahmen?

Ja gibt es. Und das ist der Teil, in dem es richtig bescheuert wird. 
Denn Karikaturen, Parodien und Pastiche (Fanfictions, Memes, Remixes etc.) sind von diesem Entwurf ausgenommen, sofern (Zitat) ,,die Nutzung in ihrem Umgang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist."

Was das jetzt genau heißen soll, weiß nicht einmal die Regierung selbst. 
Zudem ist die Nutzung urheberrechtlich geschütztem Materials in einem gewissen Rahmen erlaubt. 

Zeit Online formuliert das wie folgt:

,,Unter die Bagatellschranke fallen nur noch Video- und Audioschnipsel, die nicht länger als 15 Sekunden lang sind, nur noch Grafiken und Fotos bis zu 125 Kilobyte und nur noch bis zu 160 Zeichen Text. In einem vorherigen Referentenentwurf sollten noch bis zu 20 Sekunden Video und Audiomaterial, bis zu 250 Kilobyte große Fotos und bis zu 1.000 Zeichen Text als "geringfügige" Nutzung gelten.

Als "mutmaßlich erlaubt" gelten Uploads aber auch unterhalb dieser Grenzen nur dann, wenn sie weniger als die Hälfte eines fremden Werks enthalten und mehrere verschiedene Inhalte kombinieren. Hieße: Selbst ein zehnsekündiger Ausschnitt aus einem Video, das insgesamt nur 15 Sekunden lang ist, würde nicht als mutmaßlich erlaubt betrachtet – und auch keines, das zwölf Sekunden lang eine Szene aus einem Blockbuster zeigt, ohne ihn mit Musik, Text oder anderen Videoschnipseln zu kombinieren. Hinzu kommt: Eine "mutmaßlich erlaubte Nutzung" ist nicht das Gleiche wie eine Erlaubnis. Zwar gehen Inhalte, die entsprechende Anforderungen erfüllen, erst einmal online – können aber über Beschwerdeverfahren noch einmal überprüft werden.''

Wer da jetzt nur Bahnhof versteht, den heiße ich an der Stelle willkommen im Club. Also theoretisch ist fanbasierter Content bei der Veröffentlichung erlaubt, wenn er unter die geringfügige Nutzung fällt, aber eigentlich auch nicht, wenn er bestimmte Kriterien nicht erfüllt oder der heilige Geist noch nicht auf der Toilette war. Also im Ernst, eine Entscheidung wäre in dem Fall doch nicht so schwer oder?

6. Was haben wir zu befürchten und sollten wir etwas dagegen unternehmen?

Wir als Nutzer haben zu befürchten, dass wir in der Veröffentlichung fanbasiertem Contents stark eingeschränkt werden oder gar selbst Lizenzgebühren zahlen müssen, um z.B. unsere Fanfictions zu veröffentlichen. Haben wir auf keines von beiden Lust, müssten wir auf Plattformen ausweichen, die selbst die Lizenzgebühren für uns tragen.

Auf der anderen Seite gilt jedoch: 
Abwarten und Tee trinken. 
Noch ist nichts beschlossen (außer die EU-Reform an sich) und noch kann sich alles zum Guten wenden. Ihr müsst keinesfalls jetzt gleich sofort eure sämtlichen FFs zurückziehen in der Befürchtung, Kosten zu zahlen. Bis zum 7. Juni wird sich da eh nicht mehr viel tun und auch danach müssen wir erst einmal schauen, wie die ganze Sache in unser Gesetz umgesetzt wird und welche Auswirkungen es hat. 

Was ihr tun könnt, ist, wie ich, eine Petition zu unterschreiben, die uns als Bereich Pastiche aus dem Gesetzesentwurf herausnimmt, also dafür sorgt, dass wir weiterhin frei unseren Content veröffentlichen dürfen. 

Der Link dafür ist folgender (den müsst ihr entweder manuell in die Taskleiste einfügen oder mich privat anfragen, privat funktionieren Hotlinks, in Kapiteln leider nicht):

http://chng.it/BDsYshMsJ6

Und wer sich noch einmal genau durchlesen möchte, welche Seiten ich zitiert habe, hier sind die Links zu meinen beiden Quellen:

https://www.zeit.de/digital/internet/2021-02/urheberrechtsreform-deutschland-eu-upload-filter-youtube-kabinett-entwurf?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

https://blog.fanfiktion.de/blog/7116/kommentar-zur-eu-urheberrechtsreform/

Art from Blazing SparksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt