四 ; 1873

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有其父,必有其子。
Wo ein Vater ist,
da ist ein Sohn.


Jener Abend war der letzte gewesen, den Taehyung im Palast verbracht hatte. Noch vor dem Morgengrauen hatte er seine Sachen gepackt, einen knappen Abschiedsbrief verfasst und war bei Tagesanbruch aus dem Königshaus verschwunden. Seine Familie und auch die restlichen Bewohner des Palastes waren erschüttert darüber gewesen, denn sie alle hatten den damals achtzehnjährigen in ihr Herz geschlossen. Besonders Namjoon, der Einzige, der um das Ausmaß der Situation wusste, bedrückte Taehyungs Verschwinden sehr, doch er hatte sich geschworen, niemandem von den wahren Beweggründen (im Brief hatte der jüngere etwas davon geschwafelt, eine Vision gehabt zu haben) seines Bruders zu erzählen.

Nun war es kälter geworden und im Dorf begannen bereits langsam die Vorbereitungen für die Weihnachtsfeierlichkeiten. Taehyung hatte in der ersten Zeit bei einer befreundeten Familie Unterschlupf gefunden, die Frau der Familie kannte seine Mutter bereits seit Kindertagen. Recht bald war er jedoch mit einem älteren Herrn zusammengezogen, der ihn bei sich leben ließ, solange Taehyung ihm im täglichen Leben unterstützen würde, was dieser mit Freuden tat. Herr Park hatte eigentlich mit einem Jungen in Taehyungs Alter zusammengelebt, seinem Sohn, jedoch war dieser auf Reisen gegangen. Taehyung würde in drei Wochen einundzwanzig werden und während er sich früher immer auf diesen Tag gefreut hatte, war ihm nun ganz Unwohl bei dem Gedanken an seinen Geburtstag.

Seufzend stieß er die Luft aus, während er den Weg, der dünn mit Schnee bedeckt war, entlanglief, den Beutel voller Kartoffeln und Rüben mit beiden Armen tragend. Trotz dessen, dass nun bald Weihnachten sein würde, schienen die Menschen ungemein träge und schlecht gelaunt. Es wurde kaum geredet und wenn doch, dann war es meistens nur der Hauch eines Flüsterns. Taehyung wusste nicht, was los war, denn die letzten Tage hatte er fast ausschließlich mit der Pflege von Herrn Park verbracht, dieser hatte sich wohl den Knöchel verstaucht. Verwundert ließ Taehyung den Blick durch die ungewöhnlich leere Straße schweifen, ging seinen Weg bis zu dem kleinen Häuschen von Frau Jeon. Höflich klopfte er an die Tür und nach einer kurzen Wartezeit wurde ihm die Tür geöffnet.

„Hyung!", wurde er von Jeongguk, dem jüngsten Sohn der Familie, begrüßt, bevor dieser sich in Richtung des Wohnzimmers drehte, „Mutter, Taehyung-ah ist hier!" Taehyung wurde jedes Mal warm ums Herz, obgleich es auch schmerzte, die beiden so vertraut zu sehen. Taehyung trat lediglich in den Flur, da er das Haus bald schon wieder verlassen müsste. „Ach, Taehyung-ah, wie schön, dich wieder zu sehen", sprach Frau Jeon und lächelte ihn warm an. „Die Freude ist ganz meinerseits", sprach Taehyung und stellte den Beutel auf dem Boden ab, verbeugte sich einmal, „leider kann ich nicht lange bleiben, aber ich wollte unseren Tee aufstocken. Herr Park liebt den Kamillentee, den ich von hier mitbringe."

Frau Jeon lachte einmal hell auf, etwas, dass Jeongguk von ihr geerbt hatte. „Natürlich, ich mache einen Vorrat fertig. Und du brauchst kein Geld zu bezahle mein Junge, du bist doch wie mein dritter Sohn, außerdem ist es so etwas wie ein Weihnachtsgeschenk." Taehyung wollte etwas erwidern, da war sie bereits fort, was Jeongguk kichern ließ. Dann wandte er sich an Taehyung. „Hyung, stell dir vor: Ich werde unsere Armee unterstützen!", sagte er aufgeregt und mit geweiteten Augen. „Wieso denn das?", fragte Taehyung den gerade einmal zwei Jahre jüngeren verwundert. Jeongguk legte den Kopf schief. „Hast du es den nicht mitbekommen?"

Nun war es Taehyung, der den Kopf schief legte, denn er verstand nicht. „Nun, es herrschen Unruhen an den Grenzen unseres Landes. Die königliche Armee wird heute Nacht mit dem Prinzen als Anführer vorrücken und Bürger ab dem Alter von achtzehn Jahren können bei Bedarf in einer Woche nachrücken und unser Land mitverteidigen." Taehyung hatte rein gar nichts von Unruhen mitbekommen, wobei dies natürlich die bedrückte Stimmung erklärte. „Heute Nacht, sagst du?", fragte er noch einmal nach. Jeongguk nickte und wollte gerade noch etwas sagen, da kam seine Mutter mit einem kleinen Säckchen voll Kräutern wieder.

„Hier mein Junge, die Zubereitung kennst du ja", sprach sie und Taehyung nickte lächelnd, verabschiedete sich anschließend und machte sich auf den Heimweg. Dort angekommen begrüßte er Herrn Park und fing sogleich an, sich um das Abendmahl zu kümmern. Dazu brühte er warmen Tee auf und während die Suppe und der Tee vor sich hin köchelten, holte er aus dem Garten des Hauses Brennholz, welches er anschließend in den Kamin warf und so eine angenehme Wärme im Haus entfachte. „Das schmeckt wieder einmal hervorragend, mein Junge", lobte ihn Herr Park, was Taehyung gerne annahm. Nach der warmen Speise kümmerte er sich noch um ihn, bevor er sich auf seinen Schlafplatz legte.

Als es bereits dunkel war, kreisten Taehyungs Gedanken noch immer um das kurze Gespräch mit Jeongguk. Yoongi würde also in den Kampf ziehen. Er würde vielleicht in diesem Sterben. Und Taehyung würde ihn vielleicht niemals wieder zu Gesicht bekommen. Von seinen eigenen Gedanken erschrocken setzte Taehyung sich ruckartig auf. „Yoongi", hauchte er leise und ballte seine Hände zu Fäusten, um seine Tränen zu unterdrücken. Einige Minuten kämpfe er mit sich selbst, dann sprang er jedoch auf und warf sich wärme Kleidung über, bevor er das Haus rennend verließ.

Er machte keine Pause, lief alleine durch die vollkommen leeren Straßen. Seine Schritte hallten in den kleinen Gassen wider, während er seinen Blick stur geradeaus gerichtete hatte. Schon bald konnte er den Palast erspähen, woraufhin sich seine Schritte noch ein wenig mehr verschnellerten. „Yoongi", hauchte er atemlos und stand nun bald vor dem Palast. „Taehyung-ah!", sagte die Wache, welche gerade Dienst hatte, erstaunt, während Taehyung sich an seinen Knien abstützte. „Ist– Ist der Prinz noch da?", fragte er völlig außer Atem. „Ja, er ist in seinem Gemach. Soll ich deiner Mut–", doch Taehyung war bereits losgestürmt, durch die Gänge des Palastes, bis er die Tür zu Yoongis Zimmer aufstieß.

Black Rose - taegiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt