1. Kontext

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Eigentlich gibt es nicht viel über mich zu sagen. Ich bin ein verdammt komisches Mädchen mit verdammt komischen Gefühlen und Gedanken. In meinem Kopf spinnen sich die verrücktesten Ideen zusammen, manchmal bin ich ein einziges Kino für mich selbst, glaub ich. Und das führt dazu, dass ich mich in den ironischsten und dümmsten Situationen wiederfinde und da ich mal wieder in einer Stecke, muss ich es aufschreiben. Wer weiß, wofür es mal gut ist. 

Alles fing mit dieser komischen Regelung an, die wir letzten Winter getroffen haben. Es war zu einer Zeit, in der wir beide recht häufig unter depressiven Phasen litten. Bei mir äußerte sich das vor allem in Abwesenheit in meinem Sein und meinem Blick. Ich war faul, wollte nur das tun was mir gefällt, wenn ich überhaupt in dieser Zeit etwas hatte, was mir gefiel. Und er? Er blieb im Bett, verspielte seine Zeit am Computer oder ging arbeiten. Irgendwann haben wir verlernt uns zu lieben, auch wenn wir es uns immer noch sagten, war keine Bedeutung mehr hinter diesen Worten. Aber nicht nur wegen diesem Zustand litt die Beziehung. Ich war von Anfang an kein Fan von einer festen Bindung. Ich wollte mich eigentlich ausleben, mich selbst entdecken und meinen Platz unabhängig von allen anderen in der Welt finden. Tja und dann kam diese Partynacht in der schon feststand, dass du mit mir zusammen sein willst. Betrunken hab ich mich dann auf dich eingelassen. Bin viel zu schlecht im "nein" sagen und naja, geliebt habe ich dich ja auch, aber ich wusste immer, dass es nicht genug sein könnte und jetzt stehen wir hier. Dein Alltag, mein Alltag. Eine Fernbeziehung die zu einem langweiligen zusammenleben geführt hat, weil die aufregende Distanz nicht mehr existent ist. 

Um zu versuchen das Ruder noch ein mal herum zu reißen, zu versuchen doch beieinander zu bleiben, sind wir Kompromisse eingegangen. Vertrauend darauf, dass wir unsere Leidenschaft wiederfinden, wenn die Umstände sich geändert haben, bat ich dich darum, im Internet mit anderen Männern flirten zu dürfen. Das das eine völlig verrückte Idee ist war uns beiden klar, doch du hast eingewilligt, vielleicht aus Schuld, vielleicht weil du keinen anderen Weg wusstest. Du warst nie der Typ, der mich für dich beansprucht hat. Du hast deine Bedürfnisse immer hinter meine gestellt, warst selten eifersüchtig und vor allem: Hast nie die initiative ergriffen. Du nimmst alles so hin wie es kommt, kämpfst nur selten und verlierst zu gut. Und leider liebe ich grade das, dieses um mich kämpfen, dieses Feuer, das Bauchkribbeln. Ich hatte bei dir selten welches, dachte das muss so sein oder es würde noch kommen. Und irgendwann warst du so normal in meinem Leben, dass ich nicht mehr ans kribbeln gedacht habe. Was für ein dummer, dummer Fehler. Genau so dumm wie wir dachten, dass unser Zusammenzug all unsere Probleme lösen würde. Du hast mir den Himmel auf die Erde versprochen, was sich alles ändern würde, jedoch kam es dazu bis heute nicht. Es war also nicht schwer mein Herz zu stehlen, denn du hattest es nicht mehr bei dir. 

Im Juni sind wir zusammengezogen und nach 10 Monaten denke ich darüber nach wie ich an Geld kommen kann, um wieder auszuziehen. Wie konnte ich nur so sehr meinen Selbstfindungswunsch vergessen? Natürlich lag es auch an den Diagnosen. Meinen Krankheiten.. der Gedanke, es würde jetzt für immer einfach so weiter gehen und ich müsste mich mit meinem Schicksal abfinden. Aber heut weiß ich, dass es nicht so ist. Und dass ich mein Leben nicht von einer anderen Person abhängig machen sollte. Ich will frei sein, mich verlieben, wieder verlieben und werde mir bestimmt noch 100 Mal das Herz brechen lassen, aber das soll mein Weg sein. Und nicht dieser hier, auf dieser Couch in dieser Wohnung. Und leider auch nicht mit dir. Ich hätte dich damals als Freund behalten sollen, die Entscheidung nicht überstürzen sollen, aber aus Fehlern lernt man, auch wenn es drei Jahre braucht.

Die nächsten Monate werden schwer. Du wirst merken, dass ich mich damit abgefunden habe, dass es so kühl zwischen uns ist und ich keine Energie mehr investiere dies zu ändern. Jetzt werde ich diejenige sein, die dich immer wieder abweisen muss und das tut mir jetzt schon leid. Ich versuche es so einfach zu möglich zu machen. Lasse dich die Möbel behalten, wenn mein Plan aufgeht, kannst du auch die Wohnung behalten und bist nicht mal alleine hier. Aber ich muss gehen, muss wissen, was da noch auf der Welt ist, welche Möglichkeiten ich habe... und ob ich mein Herz an den Mond verloren habe.


Chase of Sun and Moon - Part IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt