𝐂𝐚𝐥𝐦 𝐌𝐞 𝐃𝐨𝐰𝐧 ~ 𝐊𝐥𝐚𝐤𝐨

[2]

Ich zog die Tür hinter mir zu. "Hi. Joko." Sagte ich freundlich und hielt ihm die Hand entgegen. Vor mir stand ein Schmal gebauter, großer, blonder Mann in einem Maßanzug und teuer glänzenden Lackschuhen. Seine Locken waren kurz und gegelt. Er griff meine Hand. Ein fester Händedruck und manikürte Nagelbetten. "Mark Hipko, von..." begann er sich vorzustellen. "Von Pro7. Ja, ich weiß schon." Beendete ich seinen Satz. "Genau. Ich wollte eigentlich auch nur zu Klaas." Sagte er und deutete auf die Tür welche ich unbemerkt und scheinbar schon seit geraumer Zeit merkwürdig zu versperren schien. "Ja, das ist grad schlecht. Der ist ein bisschen schlecht drauf im Moment. Warte einfach- das legt sich wieder." Sage ich mit einem beiläufigen grinsen auf den Lippen, welches wohl so etwas wie Gewoheit ausdrücken sollte. "Es ist dringend..." Behaarte er auf seinem Anliegen. Ich schaute grinsend zum Boden. "Das kann schon sein, aber den-" -und dabei deutete ich auf die geschlossene Tür- "-willst du gar nicht sprechen wenn er mies drauf ist." Sagte ich locker und ging davon aus, er würde es verstehen.
Was er natürlich nicht tat.

Er strahlte so viel 'Fehlbesetzter Anzugträger in einer- für seine Verhältnisse- viel zu persönlichen Firma' aus, das man es ihm von der Stirn hätte lesen können.
Er zog die Augenbrauen zusammen. "Das ist... unprofessionell." Stellte er fest. "Ne. Das ist Klaas. Wie gesagt, gib ihm ein paar Minuten. Das fängt sich alles wieder. Der trinkt einen Kaffee, dann geht das wieder." Unbeeindruckt zog er die Brauen wieder nach oben, wandte mir den Rücken zu und verschwand wortlos. "...Alles klar." Murmelte ich und wendete mich wieder dem Büro zu, welches ich vermutlich sehr bullenartig versperrt hatte.

Ich musste vollkommend bekloppt aussehen. Ein vier Meter großer drahtiger Brillenträger, in bunten Socken, der den Bodyguard für einen leicht reizbaren Kampfzwerg gibt. Klasse.

Ich schüttelte, über mich selbst schmunzelnd, den Kopf und betrat Klaas' Büro wieder. Die Tür klickte hinter mir. "Hilft ja nichts. Irgendwann musst du wieder mit nach draußen kommen." Sprach ich das sehr offensichtliche aus. Klaas warf mir einen genervten Blick zu. "Zick mich nicht an. Ich kann auch nichts dafür." Verteidigte ich mich gleich. "...hab gar nichts gesagt." Brummte er unzufrieden und starrte tödlich durch das Fenster bis runter zu dem roten Lack der unverändert auf seinem Parkplatz glänzte.

Es dauerte bis Klaas den tödlichen Blick und die sehr-ärgerliches-Ärgernis-am-frühen-Morgen Stimmung überwunden, und sich wieder aus seinem Büro getrollt hatte. Mit den Händen in den Taschen und einem noch immer ernsten Blick betrat er gespielt gelassen den Konferenzraum. Er war zu spät. Und das deutlich.

Ich hatte Schmitti nur mit sehr viel Überzeugungsarbeit dazu bekommen, so zu tun, als wäre es ihm egal das wir nun verzögert mit der Besprechung der ersten Aufzeichnung beginnen mussten. Thomas spielte seine Rolle wirklich gut. -Er tat so als wäre es ihm gar nicht aufgefallen das Klaas sich still zu uns setzte. "Wo ist denn das Hippo nun?" Fragte Klaas mit den Augenbrauen zuckend und meinte es wohl auflockernd, doch man hörte den Unterton in seiner Stimme sofort. "Hipk-" Versuchte Thomas ihn direkt zu verbessern, doch Klaas unterbrach ihn. "Schmitt, ich weiß." Sagte er trocken und starrte auf die Bilder zur Kulisse des ersten Studiospiels.

Da öffnete sich die Tür zum Konferenzraum direkt nochmal. Mark zog die Augenbrauen an sobald er Klaas sah. Fast etwas abwertend oder gespielt überrascht über dessen Anwesenheit. "Na- Haben wir uns ja doch noch alle zusammen gefunden... Wie schön." Sagte er unterschwellig und setzte sich. Thomas eröffnete das Meeting.

Nach einigen basic Check-Up und To-Do Listen, folgten Show- und Gesundheitskonzepte und einiges an Ideenfindumg und Brainstormings. Und ganz zum Schluss, nachdem uns allen schon gehörig die Schädel brummten, und keiner mehr einen Nerv zu irgendwas hatte, wurde auch noch der neue Kollege vorgestellt. Eine zwanzig minütige Ansprache zu seiner eigenen Person später, wurden wir endlich erlöst. Sein hohes Geschwafel schlug selbst mir auf die Laune. Es wurde echt Zeit das das Meeting endete. Klaas schaute mich an und schüttelte den Kopf. "Ich geh rauchen." Verkündete er frustriert und war im nächsten Moment auch schon verschwunden. Thomas und ich wechselten einen vielsagenden Blick. Er hatte seit Jahren nicht mehr geraucht. Ich schüttelte den Kopf und lief ihm hinterher.

Ich kam mir vor wie ein Trottel als ich ihm wie ein Hündchen die Treppen hinterher dackelte. Ich machte mir schon wieder Sorgen. Unbegründet. Total dämlich. Er war schließlich erwachsen. "Er muss doch selbst wissen was er tut..." dachte ich kurz, aber diese vorgegaukelte Gleichgültigkeit, war so schnell wieder verschwunden, wie sie auch gekommen war.

Ich öffnete die Tür zum Dach. Da saß er, mit dem Rücken zu mir, auf einem dieser Beton Würfel unter denen die Klimaanlagen eingebaut waren. Mit geschlossenen Augen und der Zigarette in der Hand. Wieder zögerte ich kurz. Vielleicht brauchte er wirklich nur einen Moment Ruhe. Ich beobachtete ihn. Er legte den Kopf in den Nacken. "Du starrst Winterscheidt." Sagte er trocken und zog nochmal an der Zigarette. Er hatte sich nicht einmal umgedreht um zu erkennen das ich es war. Ertappt trottete ich in seine Richtung und ließ mich neben ihm nieder.

Er hielt mir die Zigarette entgegen. Skeptisch schaute ich ihn an. "Wenn ich kotzen muss ist's deine Schuld." Lachte ich versichernd und zog den Rauch ein. Ich hatte das Gefühl echt nicht vermisst. Ich sah Klaas angeekelt an und ließ den Rauch wieder entweichen. Ich musste fast etwas husten. Er grinste belustigt. "Was ist denn aus 'von Rauchen geht man tot' geworden?" Stocherte ich grinsend. "Hör bloß auf... das ist 'ne Stresszigarette. Der Typ bringt mich zur Weißglut. Wie kann man nur so unfassbar aufgeblasen und von sich selbst eingenommen sein-!?" Gestresst nahm er nochmal einen langen Zug. "Reg dich nicht auf. Das ist der doch nicht Wert. In vier Wochen geht der von ganz alleine wieder." Versuchte ich Klaas etwas aufzubauen. "Das sind vier Wochen zu viel." Brummte er während er den restlichen Rauch entweichen ließ und zertrat die Glut und den übergebliebenen Filter.