OTHELLO ***
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Othello
Wilhelm Hauff
Wie? Wann? und Wo? Die Goetter bleiben stumm! Du halte dich ans Weil, und frage nicht Warum?
Goethe
1.
Das Theater war gedraengt voll; ein neuangeworbener Saenger gab den Don Juan. Das Parterre wogte, von oben gesehen, wie die unruhige See, und die Federn und Schleier der Damen tauchten wie schimmernde Fische aus den dunkeln Massen. Die Ranglogen waren reicher als je, denn mit dem Anfang der Wintersaison war eine kleine Trauer eingefallen, und heute zum erstenmal drangen wieder die schimmernden Farben der reichen Turbans, der wehenden Buesche, der bunten Schals an das Licht hervor. Wie glaenzend sich aber auch der reiche Kranz von Damen um das Amphitheater zog, das Diadem dieses Kreises schien ein herrliches, liebliches Bild zu sein, das aus der fuerstlichen Loge freundlich und hold die Welt um und unter sich ueberschaute. Man war versucht zu wuenschen, dieses schoene Kind moechte nicht so hoch geboren sein, denn diese frische Farbe, diese heitere Stirne, diese kindlich reinen, milden Augen, dieser holde Mund war zur Liebe--nicht zur Verehrung aus der Ferne geschaffen. Und wunderbar, wie wenn Prinzessin Sophie diesen frevelhaften Gedanken geahnet haette--auch ihr Anzug entsprach diesem Bilde einfacher, natuerlicher Schoenheit; sie schien jeden Schmuck, den die Kunst verleiht, dem stolzen Damenkreis ueberlassen zu haben.
"Sehen Sie, wie lebendig, wie heiter sie ist", sprach in einer der ersten Ranglogen ein fremder Herr zu dem russischen Gesandten, der neben ihm stand, und beschaute die Prinzessin durch das Opernglas; "wenn sie laechelt, wenn sie das sprechende Auge ein klein wenig zudrueckt und dann mit unbeschreiblichem Reiz wieder aufschlaegt, wenn sie mit der kleinen niedlichen Hand dazu agiert--man sollte glauben, aus so weiter Ferne ihre witzigen Reden, ihre naiven Fragen vernehmen zu koennen."
"Es ist erstaunlich!" entgegnete der Gesandte.
"Und dennoch sollte dieser Himmel von Freudigkeit nur Maske sein? Sie sollte fuehlen, schmerzlich fuehlen, sie sollte ungluecklich lieben und doch so bluehend, so heiter sein? Gnaedige Frau!" wandte sich der Fremde zu der Gemahlin des Gesandten, "gestehen Sie, Sie wollen mich mystifizieren, weil ich einiges Interesse an diesem Goetterkinde genommen habe."
"Mon dieu! Baron", sagte diese mit dem Kopfe wackelnd, "Sie glauben noch immer nicht? Auf Ehre, es ist wahr, wie ich Ihnen sagte; sie liebt, sie liebt unter ihrem Stande, ich weiss es von einer Dame, der nichts dergleichen entgeht. Und wie? meinen Sie, eine Prinzess, die von Jugend auf zur Repraesentation erzogen ist, werde nicht Tournuere genug haben, um ein so unschickliches Verhaeltnis den Augen der Welt zu verbergen?"
"Ich kann es nicht begreifen", fluesterte der Fremde, indem er wieder sinnend nach ihr hinsah; "ich kann es nicht fassen; diese Heiterkeit, dieser beinahe mutwillige Scherz--und stille, unglueckliche Liebe? Gnaedige Frau, ich kann es nicht begreifen!"