Kapitel 2

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wιr ѕιɴd ɴιcнт reιcн, werdeɴѕ ɴιe ѕeιɴ

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Gelangweilt starrte ich in die Dunkelheit. Mein Wecker zeigte mir an, dass bereits vor 3 Stunden der neue Tag angefangen hatte. Ein paar mal geblinzelt, und mir wurde klar wie hellwach ich wirklich war.

Das passierte mir beinahe jede Nacht. Die Ärzte meinten, dadurch das ich mich nicht sonderlich bewegen musste, hätte mein Körper noch genügend Energie, und sähe es nicht für nötig Ruhephasen einzulegen. Häufig war ich ganze Tage und Nächte ununterbrochen wach.

Oft leistete mir der Fernseher gesellschaft bis die Sonne aufging. Nur lief heute nichts Gutes, und mein DVD-Player hatte vor einigen Tagen den Geist aufgegebem. Noelle anrufen konnte ich auch nicht, scheiß Langschläfer. Also blieb mir nichts anderes übrig als zu warten bis die Zeit von alleine verging.

Vorsichtig drehte ich mich zur Wand, Paulis Seite der Couch. Eingerollt lag sie neben mir, und blickte mich verschlafen an.

"Hab ich dich geweckt?", flüsterte ich, und strich ihr das zerzauste Fell glatt.

Wie zur Antwort riss sie ihren Mund zu einem Gähnen auf, und streckte sich.

"Kleiner Spaziergang?"

Verschlafen blickte sie mich an, kletterte dann über meine Beine und sprang leichtfüßig auf den Boden.

"Sag doch gleich 'ja'."

Mein Weg nach unten gestaltete sich nicht einmal annähernd so elegant wie der der Hündin. Mit dem Oberkörper voran kletterte ich über den Rand der Couch, und der Rest meines Körpers plumpste hinterher.

Die dünne Jogginghose würde reichen müssen, trotz der Kälte und des Schnees auf den Straßen Londons. Also  streifte ich mir eine dicke Jacke über, zog mich zurück in meinen Rollstuhl, nahm Pauli an die Leine, und auf ging es zu einem Nachtspaziergang. Oder Frühmorgenspaziergang. Ganzfrühmorgenspaziergang.

Paulines Leine einige male um meine Armlehne gewickelt, rollte ich aus der dunklen Wohnung. Der Winter zeigte sich mal wieder von seiner besten Seite. Hust. Sofort verwüstete ein kalter Windzug meine Haare, und wanderte durch die Ärmel meiner Jacke. Zum Glück hatte es wenigstens aufgehört zu schneien.

Pauli, mitlerweile auf meinen Schoß gesprungen, setzte sich aufrecht hin, und ich begann die Straße hinab zu rollen. Meine Wohnug war nur eine Querstraße von einer großen Einkaufspassage entfernt, was oft sehr praktisch war. Ich hatte verschiedenste Läden direkt um die Ecke, und war nicht darauf angewiesen mit jemanden im Auto zum nächsten Supermarkt zu fahren.

Lächelnd blickte ich den langen Weg entlang, der sich nun vor mir erstreckte. Bis auf die Straßenlaternen war es dunkel, die sonst so belebte Passage tot.

"Kindchen, was treibst du dich noch so spät rum? Es ist gefährlich um diese Uhrzeit hier draußen."

Ein Lächeln zauberte sich mir bei der bekannten Stimme ins Gesicht. Angelehnt an ein Schaufenster  saß eine alte Dame. Dick eingepackt in Jacken und Decken, das faltige Gesicht in einen geblümten Schal gesteckt, die grauen Haare unter einer Kapuze, ein kleines, weises Funkeln in den Augen.

Meist saß sie dort tagelang, ohne sich vom Fleck zu bewegen. Ab und zu war sie für eine Woche wie vom Erdboden verschluckt, nur um irgendwann wieder an der gleiche Stelle wie sonst auch aufzutauchen.

Zu jedem Menschen der vorbei lief hatte sie eine Geschichte zu erzählen, die meist tieftraurig anfingen, um dann urplötzlich in ein Happy End umzuschwingen, und mit einer Lehre zu enden.

Es war nicht wirklich schwer zu erahnen, dass eine alte, obdachlose Frau viel Zeit hatte, um sich die wildesten Geschichten zusammenzuspinnen. Meistens kam der Umschwung ins Glückliche aus dem Nichts heraus, ohne das die Person etwas getan oder gehofft hatte. So spielte das Leben einfach nicht. 

"Abend Ellie, schön Sie mal wieder zu sehen. Ich hätte nicht gedacht das sie wieder hier sind."

Die alte Dame wandte ihren Blick zu mir hinauf, und lächelte freundlich. Ein paar Fältchen um ihre freundlich blickenden, blauen Augen zogen sich in die Höhe, und in mir stieg das wohlige Gefühl zu Hause zu sein auf.

"Kindchen, ich sitze hier durchgängig seit 8 Jahren. Ich bin nie weg, keine Sorge. Komm doch an meine Seite mit deinem Hündchen!"

Ich seufzte, und wendete den Rollstuhl so, dass ich neben dem Deckenberg, unter dem Ellie sich begrub, stand. Mitlerweile war ich es gewohnt, dass sie mir leugnete, jemals weg gewesen zu sein. Aber andererseits - wie konnte jemand einfach verschwinden, um sich danach nicht einmal daran zu erinnern?

Ich holte Luft um etwas zu sagen, aber da lief schon die erste Person an uns vorbei. Ein Mann mittleren Alters, den Blick auf die Schuhe gerichtet, Hände im Mantel vergraben, lief er im schnellen Schritt die Straße entlang.

"Ach, Johnny, guter Junge. Weißt du Jaqueline-"

"Dominique. Ich heiße Dominique, Ellie. Dominique und Pauli, das Mädchen und der Dackel."

"Ja, jaaa... Auf jeden Fall... Wo war ich? Jerry?"

"Johnny."

Pauli streckte ihre großen Pfoten von sich, und atmete tief aus. Die Kleine wusste genauso wie ich, das es noch ein langer Abend werden würde. Ein letztes mal rückte ich meine dicke Jacke zurecht, schloss die Augen, und wartete auf Ellies nächste Geschichte, voller Optimismus, und Happy Ends. Manchmal eine wirklich schöne Abwechslung zu meinem Leben...

Es regnet nicht ewig - immer nur schwer (1D/Liam Payne Fanfiction)Where stories live. Discover now