KAPITEL ZWEI

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JEONGGUK WURDE AM nächsten Morgen durch die fahlen Sonnenstrahlen, die durch das milchige Glas des Fensters in den Raum fielen, geweckt. Seine Lider waren noch schwer und er musste einige Male träge blinzeln, ehe er seine Augen vollends aufschlug und tief einatmete. Dabei streckte er seine entblößten Arme nach oben und vernahm ein kaum hörbares Knacken in seinen Schultern. Der Schlaf und die Müdigkeit steckte noch in seinen Knochen und benebelte seine Gedanken, machte sie langsam und träge und er blieb einen Moment regungslos im Bett liegen, bevor ihm bewusst wurde, dass er sich alleine im Bett befand. Die andere Seite des Bettes war leer und bereits kalt. Es gab keine Spur von dem Jungen, den er in der gestrigen Nacht geliebt hatte. Jeongguk spürte ein ungewohntes Gefühl bei diesem Gedanken in seiner Brust. Jimin war weg. Doch warum wunderte es ihn? Normalerweise war es Jeongguk selber, der noch vor dem Sonnenaufgang seine Kleidung zusammenklaubte und aus dem Zimmer verschwand, bevor sein Liebhaber der jeweiligen Nacht erwachen konnte. 

Aber an diesem Morgen war er es, der sich in dem leeren Bett liegend vorfand und die Tatsache, dass er darüber enttäuscht war, verwunderte ihn. Jimin hatte ihm am gestrigen Abend den Atem geraubt—mehr als nur das. Jeongguk dachte an seine sündhafte Lippen; an sein weiches, gut riechendes Haar und seine makellose Haut, die er geliebkost hatte. Oh, Jimin war wirklich die Reinkarnation aller Sünden, die sich in seinem Körper vereint hatten. Jeongguk schloss bei dem Gedanken an den Jungen seine Augen und versuchte ein Bild von ihm vor seinem inneren Auge heraufzubeschwören. Er vermochte fast den Geschmack von Jimins Lippen auf seinen, das Gefühl seiner Lippen um seinen Schwanz und seine mitleidlosen Hände auf seinem Rücken erneut zu verspüren.  

Hatte der Junge nicht bis in den Morgen bleiben können? Darauf warten, dass Jeongguk ebenfalls erwachte, oder ihn sogar zu erwecken und sich ein weiteres Mal zu lieben? Er bereute es, so einen tiefen Schlaf zu haben, ansonsten hätte er es vielleicht mitbekommen, wie sich der Junge noch im Morgengrauen davon gestohlen hatte. 

Ein Seufzen entkam Jeongguks Kehle und er zwang sich dazu, seine Augenlider vollends zu öffnen, gegen die fahle Morgensonne anzublinzeln und schließlich die Decke von seinem Körper fort zu schieben. So sehr er noch den Erinnerungen an Jimin hinterher haschen, sich daran ergötzen wollte, so durfte er seinen eigentlichen Grund für den Besuch in dem Dorf nicht vergessen und er wollte zu dem Treffen mit dem Händler nicht zu spät auftauchen. Dennoch warf er ein Blick zurück auf das Bettlaken, auf dem er mit Jimin zusammen die Nacht verbracht hatte und hielt einen Moment inne, als er auf der Bettkante saß. 

Ob er Jimin wieder sehen würde? 

Der Gedanke verwirrte Jeongguk. Er wiederholte niemals eine seiner Bettgeschichten mit ein und dem selben Mann—das war eine der Regeln, die er sich selber auferlegt hatte. Er konnte es sich nicht leisten, für irgendeinen Jungen in irgendeinem unbedeutenden Dorf Empathie zu empfinden oder gar Gefühle zu entwickeln. Jeongguk war immer auf Reisen. Er war mal hier und mal dort. Es war eine Seltenheit, dass er für mehr als drei oder vier Tage an ein und dem selben Ort blieb; er verharrte nur, wenn es seine Aufträge voraussetzten. Und wenn er den Auftrag des Händlers richtig einschätzte, würde er auch dieses Dorf in spätestens zwei Tagen wieder verlassen. Und auch wenn er die Erinnerung an Jimin—an ihre gemeinsame, unbeschreibliche Nacht—nicht vergessen wollte, so würde er den Jungen nie mehr wieder sehen.   

BLACK SWAN | ʲᶤᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt