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Mir war mehr als nur unwohl gewesen als ich in das Gesicht meines Freundes sah. Seine Augen musterten, durchdrangen mich regelrecht und zeigten mir, dass ihm eine Erklärung am liebsten wäre. Jedoch war ich unfähig Worte zu bilden, mein Blick wandte sich ab und ich entschied, dass schweigen wieder einmal die durchaus klügere Entscheidung wäre, um mich zu schützen. Nur wusste ich auch, dass ich somit viel eher wegrennen würde als mich dem Problem zu stellen und mir einzugestehen, dass ich in einem Punkt doch eine sehr starke und ausgeprägte Schwachstelle hatte, die ich nicht zeigen wollte. Allen, außer mir.

Natürlich würde es die Situation einfacher machen, wenn ich sagen würde, was mich störte und vielleicht würde es auch zu Kompromissen kommen. Nur dachte sich mein Kopf auch, dass es neben diesem einen Szenario, welches recht positiv war, auch eine gute Idee sein würde, dass es noch zehn weitere, viel schlimmere Szenarien erfinden sollte, die vorkommen könnten, aber auch auf ihre eigene Art und Weise absurd waren. Nur hatte ich Angst, dass eines dieser eintreffen würde.

Alles in allem hatte ich ein großes Problem damit unter Menschen zu sein. Nicht, weil ich Angst vor ihnen hatte, sondern weil ich wusste, wie ersetzbar ich war und dass ich letztlich nur die letzte Notlösung der Notlösungen unter meinen Freunden sein würde. Natürlich war es falsch so zu denken und indirekt unterstellte ich ihnen damit Dinge, dass sie alles andere als loyal waren. Dem war ich mir durchaus bewusst und trotzdem trichterte ich mir immer ein, dass ich niemanden brauchte. Schließlich konnte ich gut auf mich selbst aufpassen und es gäbe keinen Grund mich an jemanden festklammern zu müssen. So etwas machte mich nur schwach und dieses Denken veranlasste, dass ich auch Interaktionen mied. Die Möglichkeit, dass ich mich von jemanden abhängig machen würde, war in meinen Augen nicht die schönste Vorstellung und ich würde auch nicht der Erste sein, der blind wurde und Menschen vertraute. Ein wenig an Misstrauen war nichts Falsches. Gewiss war es das nicht, doch in dem Ausmaß, wie ich es meinen Freunden entgegenbrachte, war es alles andere als gesund. Stets auf der Hut sein zu müssen, damit man kein böses Erwachen hatte, konnte durchaus ermüdend sein. An die Müdigkeit, die mein extremes Misstrauen mit sich brachte, hatte ich mich jedoch schon längst gewöhnt.

Beinahe als wäre es etwas Normales und meine Mitmenschen waren die Seltsamen.

„Du schließt dich immer aus und am nächsten Tag sagst du, dass wir dich nicht dabei haben wollen. Würden wir das nicht wollen, würde ich dich nicht jedesmal fragen, Jeongin.", hörte ich meinen Freunden sagen, was mir meine Brust zusammenziehen ließ. Wieder ein indirekter Denkzettel, dass ich derjenige war, der anders zu sein schien und mein Verhalten nicht dem entsprach, wie man es von mir verlangte.

„Ist halb so wild" Natürlich war es das nicht. Immerhin war ich wirklich miserabel darin mir jegliche Gefühle aus meiner Stimme zu verbannen. Einen Hauch von irgendetwas würde man wohl immer heraushören und das war keineswegs etwas gutes, da es mich am Ende verriet. „Du kennst mich doch, ich bin lieber für mich allein und wenn ich mitkommen würde, dann würde ich auch nicht sonderlich viel reden... Ich würde euch am Ende eh nur stören."

Dann kam ein Stöhnen, welches ich schon vorhergesehen hatte. Das altbekannte Seufzen, wenn man mir symbolisieren wollte, dass ich nicht im Recht war, obwohl an meinen Worten ein klein wenig an Wahrheit steckte. Immerhin schien ich für die anderen jemand zu sein, der in seiner eigenen Welt gefangen war und ich mich deswegen so sehr distanzierte. Ja, ich konnte es ihnen nicht verübeln, denn es stimmte. Ständig daran zu denken, was andere über mich dachte und ob ich nicht doch Fehl am Platz, verschlimmerte es und zwang mich das Alleinsein zu bevorzugen. Und genauso wusste ich, dass es meine eigene Schuld war und nicht die der anderen. Ich war seltsam, ein schlechter Freund, weil ich mich nie meldete, geschweige denn zeigte, dass ich mit ihnen befreundet sein wollte. Ich erklärte mich nie und wünschte mir zugleich, dass sie mich verstanden. Nur wie sollte es jemals jemand verstehen, was in mir vorging, wenn ich es nicht über meine Lippen brachte, weil ich mich ja von niemanden abhängig machen wollte? Ich konnte es niemanden verübeln, wenn derjenige mich verließ.

„Wenn du keine Lust hast etwas mit uns zu verbringen, ist das vollkommen in Ordnung. Aber stell es nicht so dar als würden wir dich nicht dabei haben wollen, obwohl wir dich ständig fragen."
„Du fragst mich ständig, nicht die anderen...", gab ich kleinlaut von mir und spürte einen kurzen, finsteren Blick. Ich seufzte, sagte aber nichts weiter darauf, weil ich wusste, dass ich die Sache schlimmer machen würde und dann auch die letzte Freundschaft in den Sand setzte, die mir aufgrund meines Verhaltens blieb. Nur war es zu viel verlangt, dass ich mir wünschte, dass ich lieber etwas mit einer Person machte, anstatt mit zehn weiteren, bei denen ich mir mehr als nur sicher war, dass sie keine Lust auf mich hatten? Ich wusste, dass ich langweilig war, es unglaublich schwer war mit mir ein Gespräch zu führen, weil ich kaum antwortete und wenn ich es tat, waren meine Aussagen kurz gehalten. Ich hatte Schwierigkeiten mich für Gespräche zu begeistern und das erschwerte sehr vieles. Es war nicht weit her gegriffen, wenn man mir nachsagte, dass ich arrogant und unsympathisch herüberkam, wenn man mich ein wenig besser kannte. Zugleich bekam ich genau die entgegengesetzten Worte gesagt, wenn ich das erste Mal mit einer Person sprach. Da war ich auf einmal sympathisch, warmherzig und gesprächig. Nur hielt das eben für einige, wenige Tage an bis einem die Gesprächsthemen ausgingen und plötzlich kam wieder die falsche Seite zum Vorschein, die ich mittlerweile hasste nachgesagt zu bekommen.

„Kannst du dich nicht einfach wie jeder andere verhalten? Es wundert mich nicht, wenn dir jeder ausweicht und nicht mit dir befreundet sein möchte!" Meine Mundwinkel zuckten nach oben als wären es liebgemeinte Worte gewesen, die man mir gab. Dabei war es viel eher das Gegenteil und doch war ich nicht wirklich verletzt gewesen, weil ich wusste, dass sie der Wahrheit entsprachen. „Strenge dich einfach an ein guter Freund zu sein. Es ist gar nicht so schwer, wie du vielleicht denkst. Jeder muss über seinen Schatten springen, Jeongin. Und du wirst das auch müssen oder du bleibst immer derselbe, schüchterne Junge, der gemieden wird, weil die Menschen ihn seltsam finden."

Vielleicht war das aber auch meine Bestimmung; Allein zu sein, weil ich nicht mit Menschen zurecht kam und nicht so war, wie die meisten anderen in meinem Alter und Umfeld. Sobald man sich von den anderen unterschied, war man sowieso abgeschrieben. Das wusste selbst ich mit meinen siebzehn Jahren und wäre ich dieses dreckige Gefühl der Einsamkeit gemischt mit Hilflosigkeit und Ekel gegenüber meiner selbst nicht gewohnt gewesen, würde ich wohl hier und jetzt in Tränen ausbrechen, weil ich mich so erbärmlich fühlte. Stattdessen lächelte ich einfach nur, weil ich nicht anders konnte. All das wusste ich, während es mir auf einen Teller präsentiert wurde als wäre es irgendetwas Neues gewesen und mir blieb nichts anderes übrig als dem zuzustimmen.

Ja, ich, Yang Jeongin, war ein selbstgewählter Außenseiter. Ich hasste es unter zig Menschen zu sein, weil ich unter ihnen sowieso unterging und bekam aus diesem Grund auch große Probleme unter einer Menschengruppe zu reden. Lieber war ich ein Zuhörer als ein Redner und oftmals war ich in meiner kleinen, viel zu abstrusen Welt gefangen, bei der ich manchmal nicht wusste, ob sie Realität oder doch nur Fantasie war. Ich mochte und hasste das Alleinsein, weil ich mir einfach nur wünschte, dass es wenigstens einen Menschen gäbe, der mich verstehen würde, anstatt zu zeigen, welch schlechter Freund ich doch war, weil ich deren Erwartungen nicht erfüllen konnte. Ehe man Vertrauen zu mir aufbauen konnte, stürzten die Leute es selbst in den Ruin und entschuldigten sich nicht einmal dafür, sondern gaben mir die Schuld. Aus dem Grund wollte ich auch niemanden an mich heranlassen. Am Ende enttäuschte ich die Person oder sie enttäuschte mich.

Ich war ein schlechter Freund, jedoch war ich noch viel schlechter darin zu sagen, dass es nicht meine Schuld war. Denn es war oftmals deren Schuld und nicht meine. Ich strengte mich an, nur sie verschlossen ihre Augen und sahen es nicht als wollten sie meine Bemühungen nicht sehen. Ich konnte keine Zuneigung ausdrücken. Weder sagen konnte ich sie, noch schreiben und es war mir unglaublich unangenehm, wenn ich welche bekam, weil ich dachte, dass ich sie nicht verdiente.

„Alles gut... Vielleicht kann ich irgendwann ein besserer Freund sein, der sich nicht von jedem nach kürzester Zeit abschottet. Ich weiß, dass es an mir liegt und ich werde härter an mir arbeiten." Vorsichtig klopfte ich auf die Schulter meines Freundes und begann ein weiteres Mal zu lächeln. „Vielleicht ein andermal"

Oder ich würde wieder einmal der Freund sein, der sich von allen abschottete. Nein, ich werde der Freund sein, der sich von allen abschottet, weil ich nichts anderes gewohnt war.

E N D E

𝗙𝗿𝗶𝗲𝗻𝗱 ✧ YANG JEONGINWo Geschichten leben. Entdecke jetzt