Seine Stimmungsschwankungen ähnelten einen Psychopathen. Wäre da nicht diese Ernsthaftigkeit und Zuverlässigkeit in seinen Augen, wäre ich nicht mal im Auto geblieben als ich die Chance hatte wegzurennen.
Das Auto hingegen wird von Chakir wie ein Rennwagen gefahren. So langsam verließen wir den Wald und er fuhr auf eine beleuchtete Unterführung zu dir ich von weitem erkannte.Die Geschwindigkeit nahm etwas ab und von weitem waren viele Autos und einzelne Menschen unter der Brücke zu sehen. Das Polaroid Foto hielt ich immernoch in meiner Hand.
Ich will es gar nicht mehr los lassen. Ich möchte ihn nicht los lassen.
Mein Blick wendet sich wieder zu Chakir, der mit seinen Augen allein schon nur Menschen umbringen könnte.
Umbringen ist ein gutes Stichwort. Ich hab meine Situation noch nicht ganz reflektiert. Ich möchte keine Komplizin irgendeines Mordes sein. Die Waffe die lose in meiner Hand liegt und die Waffe unter seinem Bein, laufen nur darauf hinaus gleich Menschen umzubringen.
Ich möchte nicht in Gefängnis. Ich kann das meiner Oma nicht antun. Sie leidet schon genug, dass mein Bruder im Gefängnis sitzt.
Chakirs rechte Hand lässt vom Lenkrad locker und greift zu der schwarzen Waffe.„Gib mir die Waffe wenn ich sie brauche." erinnert er mich an die vollgeladene Waffe in meiner Hand.
Meine Augen sind weit geöffnet und versuchen meine aktuelle Lage zu realisieren. Ich darf jetzt nicht in Schockstarre verfallen. Ich kämpfe gegen die aufkommende Lähmung an, indem ich immer wieder über das Polaroid Bild streiche.
Ich will aber an keinem Mord beteiligt sein.Ich höre das Klicken der Waffe die von Chakirs Hand fest umklammert wird.
„Lehn dich an die Rückenlehne.", befehlt Chakir und richtet die Waffe an mein Fenster. Ich drücke mich auf sein Befehl hin, gegen den Sitz. Seine dunklen Augen, die von der Sturmmaske betont sind, bohren sich in meine. Seine fesselnden Augen lassen mich keine Sekunde locker. Das er mein Fenster mit einem Knopf runter gekurbelt hat, bemerke ich erst, als ich die Nachtluft wahrnehme.
Sein Arm streckt sich an meinem Gesicht vorbei und zielt auf die Menschen unter der Unterführung, die wir nun beinahe erreicht haben. Ich halte den Atem an.
Der erste Schuss fliegt und lässt durch den Knall meine Ohren dröhnen. Ich höre nur noch ein Piepen.
Meine Augen weiten sich, bei jedem weiteren Schuss den Chakir ausführt.
Ich hatte mir vorgenommen nicht hinzusehen um bloß keine Leichen sehen zu müssen, doch meine Neugier zog meine Augen ganz von allein zum Spektakel nach draußen.Die Kugeln flogen weiter aus dem Lauf, doch treffen nicht wie befürchtet auf die Männer, sondern auf die Fahrzeuge.
Trotz der schwachen Belichtung ist zu erkennen, dass die Fenster und Räder der Autos durchlöchert werden.Ich schaue wieder auf Chakirs gestreckten Arm vor meinem Gesicht der mit jedem weiteren Schuss für einen kurzen Moment zuckt.
Chakir nimmt seinen Arm vor meinem Gesicht runter und schließt mit einem Knopfdruck das Fenster auf meiner Seite.
Ist das Gefecht zu Ende?
Er beschleunigt wieder die Geschwindigkeit und flüchtet vor dem Tatort.„Leyla atmen!"
Chakirs raue Stimme erinnert mich daran, dass ich die Luft angehalten hatte.
Noch immer atemlos schaue ich nur zu ihm rüber. Überfordert schaut er nachhinten. Ich folge seinem Blick im Seitenspiegel und erkenne zwei Scheinwerfer die uns verfolgen.