Das Leben des großen Strömern

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Hier ist ein Gedicht, dass ich mit 18 für einen Poetry Slam geschrieben habe. Mal sehen, ob es euch gefällt.

Das Leben des großen Strömern

An einem windigen, kühlen Abend im Herbst
Im alten, ruhigen und verstaubten Jugendzentrum
Wo du als Blume frische Regentropfen anwirbst
Gingen beim Vorsprechen manch manische Minuten um
Unter ihnen auch Thomas, ein Knabe voller Mut
Nahm den Stier „Kabale und Liebe" bei den Hörnern
Schneiderte sein Gedankenkostüm bemerkenswert gut
Den Ferdinand spielte nun also der junge Strömern

Im Kreise bewundert, in der Öffentlichkeit belächelt
Drückte man ihm den Stempel des Merkwürdigen auf
Hinter dem Schild des Unbemerkten viel gelästert
Nahm der soziale Einsiedlerkrebs in Thomas seinen Lauf
Was wusste die breite Narrenmasse schon von wahrer Kunst?
Sein Weg lag klar vor ihm, er musste ihn zweifellos beschreiten
Nur einem kleinen Kreis Auserwählter schenkte er seine Gunst
Den Rest verbannte er als Zeitverschwendung aus seinem Leben

Es wurde ein Erfolg, das Publikum applaudierte
Es flogen die Rosen, mit Stolz auf beiden Seiten
Die Flamme ward entfacht, es wurde zur Routine
Die Größe des Erfolgs konnte sich nur ausweiten
Dahin galoppierten nun also vier strahlende Jahre
Bis Thomas ward 19, wahrlich ein ganzer Mann
Verwurzelt stand er nun in der Vervielfältigungsbranche
Und nahm nun sich dem Teil des Aufkeimens an

Der nächste Schritt war also ein Schauspielstudium
Diese Entscheidung schob Strömerns Haussegen ins Schiefe
Für die lieben Eltern nichts als sinnloses Brimborium
Sinnvoller sei Stabilität, wie wenn er beim Bankkaufmann bliebe
Doch Thomas wusste genau, welche Muschel er wollte
Lehnte elterliche Ketten ab, zu seinem Eigennutz
Zog mit Abitur und ohne Segen gen Häusermeere
Die Blume spross ohne elterlichen Windschutz

Schnell kam er dort an, im Körper und im Geiste
Das Studium schloss er im Digitaluhrziffernwechsel ab
Der treue Agent Holmer trat alsbald an seine Seite
Funktional wie ein Uhrwerk, Aufträge wurden nicht knapp
Auch emotionaler Halt war in ihm inbegriffen
Er half der jungen Rose bei der Ausrichtung
Es ging von der Bühne zu den ersten Filmaufnahmen
Strömerns gutaussehende Energie - beliebt bei Alt und Jung

Doch die Dreibeinläufer stolperten und fielen
Als große gedankliche Gegensätze miteinander rangen
Strömerns risikofreudige Suche nach dem Neuen
Vertrug sich nicht mit Holmers vorsichtigen Planungen
Die Streitigkeiten wuchsen in ihrer Zahl und Schwere
Was bildete Strömern sich ein, nach hilfreichen Jahren!
Doch der sah Holmer als Blockade und sagte ihm ade
Der Rose waren nun die ersten Dornen gewachsen

Eine Brücke zerstört, die nächste geschlagen
Wurde die nächste Komödie ein großer Erfolg
So erging es der zweiten und anderen Filmen
Vorbei war die Zeit der folgenden schwarzen Wolk'
Selbst als einmal ein Flop dabei war
Konnte Strömern das schnell verschmerzen
Mit einem Blockbuster im nächsten Jahr
Die Rose schien unaufhaltsam zu wachsen

Markus Bergmann, Strömerns enger Freund
Seit ihren Zeiten als Sprösslinge, war nun in Not
Im eskapistischen Strandurlaub gut gebräunt
Verarbeitete er seines ungeborenen Sohnes Tod
Eines Abends, vor Kummer stark betrunken
Schlug er zu, der Getroffene dem Abhang nicht auswich
Voll Reue bat er um Hilfe für die Prozesskosten
Riskant für Konto und Image! Strömern überließ ihn sich

Gealtert und erfahren fing er dann bald an
Seinen größten Film, eine Tragödie zu drehen
Das ernste Portrait eines liebevollen Scharlatan
Mit ihm in der Hauptrolle, von ihm geschrieben
Von Kritikern geliebt zog er die Mengen zu den Kassen
Die Goldene Leinwand zu bekommen fiel ihm kinderleicht
Es ward wahrlich ein Werk für die Generationen
Die Rose hatte wahrhaftig ihre höchste Blüte erreicht

Der Haussegen hing bei Strömern erneut schief
Glück im Schauspiel, Pech in der Liebe
Eines Abends reichte es, seine Frau Sophia lief
Mit den Kindern davon, der letzte und stärkste der Hiebe
Risiken, Exzess, Aufruhr und Gerüchte hatten
Das Band der Ehe zum Zerreißen gebracht
Da der Rose nun einige große Wurzeln fehlten
Begann nun seines Gefühlslebens Nacht

Er trug nun die Maske des strahlenden Lächelns
Berufliches und Privates wurden vom Schicksal gemischt
Tanzte auf schwachen Füßen durch Talkshows und Sitcoms
Deren Popularität verflog wie der hohen Wellen Gischt
Ständig fragte man nach dem nächsten großen Hit
Strömern lächelte es weg, das würde sich schon ergeben
Selbst die längste Reise beginnt mit einem kleinen Schritt
Viskos vergingen vier Jahre in seinem späten Leben

Kurz nach der Halbzeit starrte er angelehnt aufs Land
Isoliert von einem Schutzwall aus Ruhm, Geld und Humor
Der Spiegel hatte die Rose letztendlich verbrannt
So holte er nun die rettende Schaufel hervor
Nun bekam also die Wand, sein zweiter Rücken
In ihrer Blüten Farbe einen Anstrich mit Stückchen
So starb er nun, geliebt von allen
Und doch ohne jeden Gefährten

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