Ein schwacher Lichtstrahl, der sich erfolgreich durch die vergilbten Jalousien gekämpft hatte erhellte den Tisch vor mir. Der Rest des Raumes wurde von einem alten Deckenventilator, in den eine unpassend neue LED Lampe eingebaut war, beleuchtet.
Es war fast still. Nur das Klicken eines Kugelschreibers und das Ticken der Uhr waren zu hören.
„Wie fühlen sie sich Hope? Hat sich seit unserem letzten treffen irgendetwas besonderes ereignet?", geduldig schaute mein Therapeut mich an.
Schweigend schüttelte ich meinen Kopf. Einerseits, weil tatsächlich nichts passiert war, was ich wahrscheinlich meinem Psychiater zu verdanken hatte, aber andererseits, weil es mir immer noch peinlich war, über Vorkommnisse bezüglich meiner Schizophrenie zu reden.
Zwar ist ein Therapeut genau für solche Sachen da, aber es fiel mir schon immer schwer offen mit anderen über meine Krankheit zu reden.
„Das ist gut, sie machen Fortschritte.", ein leichtes Lächeln formte sich auf seinen schmalen Lippen.
Dem Lächeln folgte erneut Stille.
Stille war bei unseren Treffen nichts besonderes, meistens verbrachten wir die Hälfte der Sitzung damit. Dieses Mal wurde sie von dem Klingeln eines Weckers unterbrochen, der das Ende unserer gemeinsamen Zeit verkündete.„Nächste Woche wieder um dieselbe Uhrzeit?", fragte ich, als ich mich aus meinem Sessel erhob um mich von dem etwas älteren Mann zu verabschieden.
„Ich denke schon, falls mir allerdings etwas dazwischen kommen sollte, gebe ich ihnen natürlich rechtzeitig Bescheid.", mit diesem Satz, öffnete er die Tür und entließ mich zurück in die Freiheit.
Wie nach jedem Besuch bei Dr.Lenter schaute ich noch kurz in meiner Lieblingsbuchhandlung vorbei. Denn wenn ich eins liebte, dann war es zu lesen.
Viele meiner Freunde mögen es nicht zu lesen sie finden, dass es Zeitverschwendung ist, stundenlang auf bedrucktes Papier zu schauen. Für mich aber war es das Gegenteil. Es war die einzige richtige Möglichkeit dem Alltag zu entkommen, weil ich, während ich las, für einen kurzen Augenblick alle meine Sorgen vergessen konnte.
Aber vor allem, weil es in der Welt der Bücher egal ist ob etwas echt ist oder nicht, denn in diesem Fall ist alles deiner Fantasie überlassen.Schon allein der Besuch in Andys Second Hand Laden war etwas besonderes. Hunderte von Büchern waren ordentlich nebeneinander in den meterhohen Regalen einsortiert. Manche von ihnen standen sogar schon so lange hier, dass sich eine feine Staubschicht auf ihrem Einband gebildet hatte.
Meistens waren nur wenige Leute in dem Laden, weshalb in der kleinen Leseecke vor dem Fenster, fast immer ein Platz zum Tagträumen frei war.
Oft saß ich Stunden in einem der zwei Sessel und beobachtete das Treiben vor und in dem Laden.
Heute fiel mir besonders ein Junge im hinteren Teil des Ladens auf. Ich hatte ihn hier noch nie zuvor gesehen, aber er wirkte auf mich auch nicht wie der Typ Junge der an einem Mittwoch Nachmittag in einen Buchladen geht.
Eine Weile beobachtete ich, wie er sich einen Roman nach dem anderen aus dem Regal nahm, die kurze Beschreibung auf der Rückseite durchlas und ihn dann wieder zurückstellte.
Irgendwann nickte er zufrieden und ging mit seinem Buch vor zur Kasse, bezahlte und verließ den Laden. Nur kurze Zeit später tat ich das selbe.
„Heute nichts gefunden?", fragte Andy mich, als ich an ihm vorbei ging.
„Nein leider nicht, aber nächstes Mal bestimmt.," der Mann nickte ein letztes Mal, bevor ich aus dem Laden ging.
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ONEIRATXIA
RomanceWenn man etwas sieht, woher weiß man dann ob es überhaupt echt ist? Hope leidet an Schizophrenie. Was wenn sie Ryo trifft? Wendet sich ihr Leben zum guten oder steht sie bald vor dem nächsten Abgrund?