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farbbemalte töne
~ joaquin

die erkalteten flüssigkeiten rannen unseren kehlen runter, während unsere augen sich nicht von einander zu trennen  vermochten. ich hatte bereits einiges über den jungen, dessen augen heller strahlten, als die abendsonne außerhalb des cafés, in erfahrung bringen können.
seine augen schienen ein gefängnis für die meinen zu sein. ich konnte ihnen nicht mehr entkommen; ich hatte mich in ihnen verloren.

so gefangen wie ich in seinen braunen augen war, schien er es in seinen gedanken zu sein, denn plötzlich weiteten sich seine pupillen, ein husten entrang seiner kehle und in der nächsten sekunde stand seine kaffeetasse auf dem holztisch.
erst erschrocken, dann leicht amüsiert blickte ich ihn an.

tout va bien?

noch immer mit erschrockenheit in den augen und verzogenem gesicht sah cree mich an, lächelte gequält und schien noch einige momente zu brauchen, bevor er bereit war, mir zu antworten.

alles gut. hab mich nur verschluckt. je me sens bien.

ich nickte erleichtert. die sorge um wren crees wohlbefinden hatte sich unbemerkt in mein herz gestohlen; hatte besagtes wie rosenranken umwoben und sich immer enger zugeschnürt.
und dabei kannte ich ihn nicht einmal richtig.
normalerweise ging ich wie mit kopfhören in den ohren und dicken betonmauern vor meinem körper, meiner seele durch die welt; blieb für mich. ich stellte alles andere regelrecht in den schatten. blendete meine umgebung aus. ich wollte nichts und niemanden zu nah an mich ranlassen.
auch wenn ich auf den ersten blick wahrlich nicht so schien, versteckte ich mich doch hinter meinen mauern, um den vergangen erlebnissen keinen platz zur erneuerung, einem update zu lassen.

doch es wirkte fast so, als hätten bei wren cree bereits einige mauern zu bröckeln begonnen, als hätte ich meine kopfhörer abgesetzt und meine augen geöffnet. für ihn.

ich trank meinen kalten kamillentee aus und bemerkte, dass auch der formidable junge mir gegenüber seinen kaffee aus der tasse entfernt hatte. nur noch pekannussbraune schatten zierten das weiße trinkgefäß.

wie wäre es, wenn wir uns etwas zu essen besorgen und sehen, wohin uns der abend noch so treibt?

meine frage richtete ich hoffnungsvoll an cree.
mit ihm durch die nur noch mäßig beleuchtete stadt zu spazieren, auf der suche nach einer kleinen stärkung, klang in meinen ohren perfekt.
auch cree wirkte begeistert von meinem einfall und so standen wir gemeinsam auf, verließen das café, natürlich nicht bevor ich das geld unter meine tasse gelegt hatte, und traten in die sich abgekühlte abendluft.
der junge neben mir trug ein lächeln mit sich und war nun an der reihe, die führung unseres kleinen stadtrundganges zu übernehmen. wir spazierten durch langres straßen und gassen und verloren uns in der anbrechenden dunkelheit.

irgendwann fanden wir uns vor einer kleinen boutique wieder. lachend betraten wir jene und suchten nach etwas essbarem.
da auch cree sich rein pflanzlich ernährte, erleichterte sich unsere suche eines schmackhaften dîners.

wenige minuten später verließen wir mit unserer ausbeute die boutique. typisch französisch hatten wir uns für etwas cremigen käse, ein erdbeermarmeladenglas und ein stück weißbrot entschlossen.
für viel mehr hätten weder das geld noch unsere momentanen zubereitungsmöglichkeiten gereicht.  ganz davon abgesehen, dass ich nicht der begabteste war, was das kochen anbelangte.  meine finger schienen einzig auf das stundenlange hin- und herschwingen von pinseln bedacht zu sein; viel talentierter war ich mit ihnen wohl kaum.
ob cree wohl kochen konnte?
zu fragen hatte ich es mich nicht getraut, doch was würde mir die antwort schon bringen? außer eventuellen scham oder erleichterung, nichts. kochen war in den gassen langres schließlich noch immer nicht möglich.

gefangen im koloritWo Geschichten leben. Entdecke jetzt