Kapitel 3

145 5 0
                                    

,,Schneller!"
,,Thompson die Spritze!"
,,Schaltet die Geräte an, jetzt oder nie!"
,,Puls 184, Temperatur 39.3 °C."
,,Versuch stabil, bereit zum Fortsetzen."
,,Narkose erneuern?" ,,Nein!"
,,Zufuhr von 37%."
,,Mehr!"
„46%. Boss ich denke wir sol-"
,,Weiter!"
,,64%. Puls 202. Mehr überle-"
,,Erhöht die Dosis!"
,,Abe-"
,,Erhöhen!"
,,68% Vitalwerte kritisch. Wir verlier-"

Schweißgebadet und kerzengerade saß ich im Bett. Was zum Teufel war das? Mein Puls war beschleunigt, mein Atem schwer. Wo bin ich? Ich blickte mich im Raum um und erkannte die gewohnte Umgebung. Mein Zimmer sah unverändert aus, nur meine Sicht war leicht bläulich. Ich blinzelte einmal, dann nocheinmal. Nach dem dritten Mal sah ich wieder klar, doch sowohl mein Atem, als auch mein Herzschlag hatten sich nicht beruhigt. An Weiterschlafen war nicht zu denken, also stand ich auf, lief zu meiner kleinen Küche und nahm mir ein Glas Wasser. Aufgepusht stützte ich mich am Waschbecken ab. Was für ein verrückter Traum. Das war nicht mein erster Albtraum, aber noch nie hatte sich einer so intensiv angefühlt, so realistisch.

Ich drehte den Wasserhahn auf und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht. Nervös betrachtete ich meine Spiegelung in dem metallischen Waschbecken. Meine Augenringe verdeutlichten, dass ich in dieser Nacht kein wenig Erholung erhalten hatte. Schweißtropfen rannen über meine Stirn, meine Pupillen waren geweitet, und meine Haut, die sonst schon die eines Vampires glich, erschien noch blasser als üblich. Ich versuchte mich zu beruhigen, doch mein Herz schlug weiter, als wär ich gerade einen Marathon gerannt.
Die Uhr an der Wand sagte mir, dass es bereits früher Morgen war. Tony war bestimmt schon oder auch immernoch wach. Ob ich mit ihm reden sollte?

Mein Bruder und ich hatten schon immer eine sehr enge Beziehung, auch in unserer Kindheit, trotz des relativ hohen Altersunterschieds von 10 Jahren. Er war immer da für mich und ich, wenn ich es konnte, auch für ihn.
Obwohl, zwischendurch hatten wir gar keinen Kontakt. Mein Verhältnis zu Howard war immer sehr schlecht und so kam es, dass er mich mit nur neun Jahren in ein Internat nach Großbritannien schickte, tausende Kilometer weg von zu Hause, weg von Tony. Zu unser beider Bedauern hatten wir ab da an keinen Kontakt und wurden beinahe Fremde, denn auch nach meinem Abschluss, machte ich keine Anstalten wieder zurück in die Vereinigten Staaten zu reisen. Immerhin fühlte ich mich von dort wie verstoßen und in England hatte ich neue Freunde, eine neue Familie gefunden.

Erst vor ungefähr fünf Jahren, kurz nach meinem 25. Geburtstag, traf ich Tony nach 16 Jahren Stille wieder und unser Verhältnis war fast so, als wären wir nie getrennt gewesen. Ich war ihm bis heute Dankbar dafür, dass er mich nach all der Zeit wieder aufgesucht hat, auch wenn die Umstände unserer Wiedervereinigung eher unschön gewesen waren. Allein bei dem Gedanken an jene Zeit überzog mich eine Gänsehaut und erneut verschnellerte sich meine Atmung. Nein, daran musste ich jetzt nicht auch noch denken, der eine Albtraum reichte für diesen Tag voll und ganz.

Mit zitternden Händen öffnete ich, auf der Suche nach einem Energytrink, den Kühlschrank. Doch so gnädig war das Schicksal mit mir nicht. Ich schüttelte über meine eigene Dummheit den Kopf, hatte ich doch gestern schon festgestellt, dass mein Kühlschrank von der Fülle her eher der Sahara glich.
Seufzend schloss ich die Tür und warf einen Blick zu meiner Kaffeemaschine. Eigentlich war ich kein großer Fan von diesem braunen Gesöff, doch das Koffein hatte mich schon in einigen Nächten wach gehalten.
Zwei Knopfdrücke später und meine Pechsträhne setzte sich fort. Bitte füllen sie Kaffee nach. Mein Hand verformte sich zu einer Faust. Das ist doch jetzt echt nicht wahr. Schnaubend riss ich eines meiner Küchenfächer auf, nur um es anschließend mit viel Lärm wieder zu zuschmeißen. Wer hätte es gedacht, war mein Kaffeevorrat natürlich auch aufgebraucht, denn bis auf drei Bohnen befand sich in der Tüte absolut gar nichts. Vielleicht wollte mir das Schicksal auch einfach nur sagen, dass ich mal wieder etwas Zeit mit meinem Bruder verbringen sollte, denn der hat mit Sicherheit noch Tonnen an Kaffee rumliegen, seine Freunde trinken dieses Gebräu auch weg, als wäre es Wasser.
Um also Schlaf und somit einem eventuell erneuten Albtraum zu entgehen, schnappte ich mir einen frischen Hoodie und machte mich auf den Weg, um meinem geliebten Bruder einen Besuch abzustatten.

Forget Me (Natasha Romanoff FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt