vier || Skye

64 7 0
                                    

Jede große Reise beginnt mit einem kleinen Schritt.
~

"Was möchten Sie zu Trinken?".

Die freundliche Flugbegleiterin zeigte auf die verschiedenen Säfte auf ihrem Wagon. Ich überlegte.

"Einen Orangensaft, bitte", sagte ich und streckte meinen Finger auf die Flasche mit dem gespritzten Orangensaft.

Sie gab mir die Flasche und reichte mir dazu noch einen Plastikbecher. Dankend nickte ich und öffnete durstig die Flasche und goss mir reichlich davon in den Becher. Hastig drank ich alles in einem Zug aus und klopfte zufrieden auf meinen Bauch.

So eine lange Reise machte sehr durstig. Besonders mich.

Mit einem Blick schaute ich auf den kleinen Minifernseher vor mir, der mir anzeigte, dass ich noch eine halbe Stunde Flug vor mir hatte. Aufgeregt, aber zu gleich auch noch etwas wütend und enttäuscht blickte ich aus dem Fenster. Das Meer schien fast unendlich. Kein Land in Sicht. War Skye eigentlich am Meer? Oder in irgendeinem Wald? Ich konnte es nicht genau sagen. Auf jeden Fall konnte ich, falls Skye an der Nordsee liegt, schwimmen gehen, aber nicht lange, da das Wasser dort sehr kühl war und nicht gerade sehr zum schwimmen geeignet war.

"Schön, nicht wahr?", hörte ich eine Stimme neben mir sagen und blickte eine älteren Mann an.

Saß da nicht ein Afrikaner? Hatte ich mir wahrscheinlich nur eingebildet. Ich war sowieso etwas paranoid und total durchgeknallt.

Ich nickte und blickte wieder nach draußen. Stimmt der Ausblick war sehr schön. Von Weitem sah ich auch endlich Land kommen. Irgendwie war ich jetzt doch mehr aufgeregt als traurig und wütend.

"Weißt du hinter der Nordsee liegen viele Geschichten, Sagen und Mythen, das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, was sich hinter so einem langweiligen Gewässer verbirgt", sprach er.

Gespannt drehte ich mich zu dem alten Mann mit dem lässigen Hut und dem Zwirbelbart. Er schien so, als wüsste er vieles über die Welt. Lori wäre wahrscheinlich wieder Feuer und Flamme geworden.

"Ach tatsächlich?".

Der Mann nickte und schloss seine Augen kurz und öffnete sie wieder. Irgendwie machte er mir etwas Angst. Aber ich war sowieso ein skeptischer Mensch.

"Darf ich fragen wohin es Ihnen die Reise verschlägt, ich sehe selten so junge Menschen, wie Sie es sind, die nach Schottland reisen?", fragte er mich und holte seinen Hut vom Kopf.

"Skye", antwortete ich kurz und knapp.

Eigentlich wusste ich selbst nicht warum ich ihm das sagte. Er riss seinen Augen auf und formte ein O. Der Mann began in seiner Tasche etwas zu suchen und wurde kurze Zeit später fündig und reichte mir ein kleines altes Büchlein. Es hatte einen zerfledderten blauen Umschlag und man konnte erahnen, dass dieses Buch sehr sehr alt war. Er reichte es mir. Ich zögerte etwas, aber nahm es schließlich entgegen.

"Ich schenke es dir Aurora, ich habe bei dir ein sehr gutes Gefühl, dass du gut darauf aufpasst, aber bedenke meine Liebe, lese erst darin, wenn es für dich als Richtig erscheint".

Etwas verwirrt blickte ich auf das Büchlein. Was da wohl drinnen stand? Aber ich durfte es erst lesen, wenn ich es für Richtig halte? Was? Und warum wusste er meinen Namen?

"Woher weiß ich, wann es richtig ist und woher kennen sie meinen Namen?", fragte ich und schaute wieder auf die Seite.

Doch der alte Mann war nicht mehr da. Wo war er hin? Neben mir saß ein Afrikaner und blickte mich verdutzt an. Halluzinierte ich schon? Doch das Buch war da. Ich steckte es in meine Tasche. Wahrscheinlich hatte es mir mein Bruder mitgegeben und ich hatte einen kurzen Traum von dem Mann und hatte mein Buch irgendwie aus der Tasche geholt.

LegendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt