Filmabend mit Folgen

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ich hab grad 'ne mega Blockade. Karima, du hast mich mit deinen Ideen mal wieder gerettet. ♥

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Am nächsten Tag, eine Stunde bevor Karima mich abholen will: Mir fällt ein dass ich keinen Plan habe, was ich anziehen soll. Ohne Rücksicht darauf, wie chaotisch der Raum danach aussieht, durchwühle ich mein komplettes Ankleidezimmer. Vielleicht ist es besser, wenn ich einfach nur einen Pullover und eine Jeans dazu anziehe. Genau. Also suche ich mir einen hellblauen Pullover raus, der mir zwar viel zu groß ist, aber gerade deswegen ziehe ich ihn so gerne an. Schnell gehe ich noch duschen, versuche meine Haare zu bändigen (leider ohne Erfolg) und packe mein Handy ein. Wenig später falle ich vor Schreck fast vom Sofa.. Wegen dieser verdammten Klingel bekomme ich irgendwann noch einen Herzinfakt! Noch zur Hälfte auf dem Sofa liegend, schreie ich "ICH KOMME!", renne zur Tür, und schon werde ich in den Aufzug gerissen. "Hallo erstmal", grinst Karima mich an.

Plötzlich wird die Ruhe, die gerade noch herrschte, von einem lauten Knall unterbrochen. Geschockt starren wir uns gegenseitig an, Karima bringt gerade so ein "Was zum Henker war das?" heraus. Man konnte in ihrer Stimme erkennen, dass sie richtig Angst hat. Ich lasse mich an der Wand zu Boden sinken und murmele kaum verständlich: "Das kann jetzt nicht wahr sein." Karima hat ihren Blick immernoch starr auf die Stelle, an der ich gerade noch stand, gerichtet. So regungslos, wie sie gerade vor mir steht, macht mir das echt Angst. Lebt sie überhaupt noch? Die Frage klingt dumm, aber ihr Anblick sieht aus, als wäre sie eine Statue. Ich sehe mich im Aufzug um, suche nach irgendwelchen möglichen Ausgängen. Keine Chance. Moment, vielleicht doch. Jetzt erst fällt mir die kleine Klappe an der Decke auf. Ich stehe auf und stelle mich wieder Karima gegenüber. "Heb' mich mal hoch, vielleicht bekomme ich die Klappe dort auf", fordere ich sie auf. Ich bin zwar nicht sehr leicht, aber es gibt momentan keine andere Lösung. Als Karima mich weit genug nach oben gehoben hat, versuche ich, die Klappe aufzuschlagen, aber das Metall ist so stark, dass es nahezu unmöglich scheint, sie überhaupt irgendwie aufzubekommen. "Okay, das klappt schonmal nicht", flüstere ich (keine Ahnung wieso ich flüstere, vielleicht ist meine Stimme auch weg) Karima zu und sie lässt mich wieder runter. Jetzt schaut sie mich wieder genauso wie gerade eben an, als ob sie "Was jetzt?" fragen will. Es gibt da auch so eine Erfindung namens Notfallknopf, denke ich mir, Aber bei diesem riesigen Display ist weit und breit keiner dieser Knöpfe zu finden. Verdammte Technik. Verzweifelt drehe ich mich wieder zu Karima um und sehe, wie sie irgendjemanden anruft. Gerade als ich überlege, wen sie anruft, fängt sie an zu reden: "Ja, James? Pass auf. Dieser verdammte Aufzug bei Tori ist stecken geblieben und es gibt, weshalb auch immer, keinen Alarmknopf. Ja, MACH IRGENDWAS! Weiß ich doch nicht, ruf irgendjemanden an! Ja gut, bis gleich!" War mir irgendwie klar, dass sie James anruft. "Er holt Hilfe", sagt sie zu mir, "in spätestens 10 Minuten kommt jemand."

Nach 10 Minuten, beziehungsweise gefühlten drei Stunden, wird die Tür endlich aufgedrückt. Sobald ich durchpasse, renne ich so schnell wie möglich nach draußen und schnappe nach Luft. Die Luft im Fahrstuhl wurde mit der zeit immer dicker und irgendwann wurde es unerträglich. Nachdem ich mich wieder einigermaßen eingekriegt habe, merke ich erst, dass nur James hier ist. Ich dachte, er wollte Hilfe holen? Ich wundere mich besser nicht, was Karima unter 'Hilfe' versteht. Wohl oder übel müssen wir die restlichen 4 Stockwerke die Treppe runterlaufen. James muss 20-Mal auf Karima einreden, damit sie sich wenigstens einigermaßen wieder beruhigt.  Da James mit der U-Bahn gekommen ist, müssen wir alle bei Karima mitfahren. Es überrascht mich, dass es nur 5 Minuten dauert, bis wir bei James' gigantischer Villa ankomen. Carlos, Kendall und Logan erwarten uns schon vor der Tür und winken uns wie geistesgestörte zu. Hätte ich mal schnell ein Foto davon gemacht, es sah so lächerlich aus. James öffnet uns sogar die Tür und gemeinsam gehen wir in sein Haus. Von innen sieht das Ganze noch viel größer aus als von draußen. Edler Marmorboden und topmoderne Einrichtung, wo man nur hinsieht. Ein Händchen für Inneneinrichtung hat er, das muss man ihm lassen. Noch bevor ich mich richtig umgesehen habe, rennen die Jungs schon an mir und Karima vorbei und setzen sich auf das Sofa. "Und, welchen Film gibt's heute?", fragt Logan voller Erwartung. In seinem Like-A-Boss-Laufstil (was zugegebenermaßen recht gut aussieht) geht James um das Sofa herum und macht eine Pose, die sich nicht richtig deuten lässt und flüstert dazu: "Paranormal Activity 4". Oh nein. Wie ich diese Filme verabscheue. Ich habe mir die ersten beiden Teile mit Freunden angesehen und konnte die Nächte danach KEIN BISSCHEN schlafen, weil ich irgendwie immer damit gerechnet habe, dass ein Messer von der Decke auf mich zukommt oder dass sich aus heiterem Himmel der Schrank aufgeht. Zögernd setze ich mich zwischen Karima und James und hoffe, dass ich nicht allzu viel Angst bekomme.

Eigentlich ist der vierte Teil gar nicht soo schrecklich. Die anderen, die ich gesehen habe, waren schlimmer. Knapp die Hälfte des Films ist vorbei, als Logan und Kendall plötzlich aufspringen, in Richtung Tür laufen und uns zurufen: "Wir müssen dann mal los. Morgen um neun ein Fotoshooting." Kendall schnipst Carlos zu, als ob er noch etwas erwartet. "Ach ja, wenn ich nicht mit ihnen mitfahre, komme ich gar nicht nach Hause. Mann, gerade wenn es spanend wird, müsst ihr Idioten gehen! Jetzt bin ich wütend auf euch", regt Carlos sich auf und macht ein grimmiges Gesicht. "War nett mit euch! Besonders, als ihr mich ständig erschreckt habt!", rufe ich ihnen vorwurfsvoll hinterher. Natürlich war das sarkastisch gemeint, aber es sieht so aus, als ob die Jungs es ernst nehmen. Wenig später (nachdem sich Logan und James endlich einig waren, bei wem der nächste Filmabend stattfindet) sind sie auch schon zur Tür raus und jetzt sitze ich nur noch mit James und Karima hier. Der Film wird so langweilig, dass ich mich beherrschen muss, nicht einzuschlafen. Gelangweilt schaue ich mich um und mein Blick bleibt immer wieder bei James hängen. Ich mustere ihn und versuche, es so unauffällig wie möglich anzustellen. Seine hellbraunen Haare, die er eigentlich immer nach hinten kämmt, hängen ihm jetzt wild im Gesicht herum, was ihm eigentlich viel besser steht. Seine Augen sind starr geradeaus gerichtet und er hat einen ernsten Blick aufgesetzt. Ich muss zugeben, dass er echt verdammt hübsch ist. Was weit untertrieben ist; er ist perfekt. Aus meinen Gedanken gerissen, rammt Karima ihren Ellbogen in meinen Bauch. "Was habe ich dir gestern erzählt?", flüstert sie mir wütend zu. Habe ich James wirklich so auffällig beobachtet oder kann Karima Gedanken lesen?

Ich muss mir mehrere Male Karimas Worte von gestern wieder ins Gedächtnis rufen.. Verliebe dich nicht in einen der Jungs. Verliebe dich nicht in einen der Jungs. Jedes Mal, wenn ich zu James rübersehe, sage ich mir diesen Satz im Kopf. So sehr ich es auch nicht glauben will, aber ich glaube, dafür ist es schon zu spät.

Welcome to the good life.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt