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"Was nun?" Mit Schwung lässt Adeon das letzte Bündel Holzbalken vor die Füße der Arbeiter fallen und klopft sich dann die staubigen Hände an der Hose ab. Sowohl er als auch Juan, der schnell aufbrausende Werwolf, haben sich vor einiger Zeit von ihren Shirts entledigt und stehen nun mit vom Schweiß glänzender Brust vor dem entstehenden Haus in der Nachmittagssonne. Sie haben fast den ganzen Tag mit Arbeiten und Materialien umherschleppen verbracht, aber keiner von beiden scheint auch nur einen Funken von Erschöpfung vorzuweisen. Sie sind durchflutet von Energie und Konkurrenzverhalten. Kaum zu glauben das bei dem Verhalten der beiden überhaupt ein Haus entstehen konnte. Eben jetzt stehen sie mit verschränkten Armen und muskulösen Körpern voreinander und starren sich provozierend an. Alle anderen machen zur Sicherheit einen großen Bogen um die zwei, falls es zu einem Blutbad kommt, aber dank Naels wachsamen Blick scheinen sie sich zu zügeln. Keiner von beiden möchte vor dem Chef schlecht dastehen, aber genauso wenig wollen sie nachgeben und stieren sich weiterhin bösartig von der Seite an.

Der junge Engel seufzt nur und betrachtet das halb fertige Haus für die neue Familie, die derzeit noch im Notfallzelt wohnt. Er ist bisher sehr zufrieden und auch die Vergrößerung der Zäune und Mauern geht schneller voran als erwartet. Jedoch scheinen sich viele noch mit Adeons Anwesenheit schwer zu tun und auch er macht es sich nicht gerade leicht. Schattenwesen sind immer wieder eine Herausforderung hier in der Gemeinschaft, aber dieses Exemplar ist nun wirklich die Größte von allen. Der Teufel, sein Vater, hat so viele der Lichtwesen abschlachten lassen und unnötige Kriege mit einfach jedem geführt. Sie sind vorsichtig und das kann er gut nachvollziehen. "Die beiden sind wirklich nicht auszuhalten!" Alise flattert aufgebracht mit ihren Flügeln und lässt sich von ihrem besten Freund mit einem Tuch etwas Dreck aus dem süßen Gesicht wischen. "Nun, da kann ich dir wirklich nicht widersprechen, denn die zwei haben eine wirklich anstrengende Ausstrahlung. Noch floss kein Blut, also bleiben wir ruhig." Mit dicken Backen stemmt sie die Hände in die Hüften und will etwas Protestierendes erwähnen, doch dann lässt sie die Flügel hängen und schlingt einfach die Arme um seine Taille. Stumm versteht er die Geste und drückt das kleine Wesen sanft an sich, damit sie einander Stärke spenden können. "Was hast du dir da nur eingebrockt?", fragt Alise mit hauchender Stimme und Nael drückt ihr einen Kuss aufs Haar. "Weil ich ein ziemlicher Masochist bin. Ich kann es nicht lassen das Böse anzuziehen und mich davon faszinieren zu lassen... all meine Narben sind das Resultat davon." antwortet er ihr und für einen Moment ist sein Gesicht wie erstarrt. In seine Gedanken schleichen sich die Bilder der Vergangenheit ein und all der Schmerz von vor über 300 Jahren überkommt ihn.

Der Teufel war schuld. Nicht wahr?

"Komm schon." Nael winkt Adeon hinter sich her, als alles verstaut und die Arbeit für heute beendet ist. Etwas widerspenstig folgt er ihm und streift sich wieder sein schmutziges und immer noch recht verschwitztes Oberteil über. In einer kleinen Schlange folgen sie dem schmalen Weg zurück zum großen gepflasterten Hauptplatz der kleinen Gemeinschaft. Dort ist nun reges Treiben und anscheinend sind fast alle Bewohner anwesend und suchen sich eilig ihre Plätze an einer großen Tafel, die prächtig geschmückt und mit Essen versehen ist. Irgendwie kommt sich Adeon seltsam vor, denn das scheint etwas sehr Vertrautes in dieser Gemeinde zu sein und da gehört er natürlich noch lange nicht dazu. Nael jedoch bemerkt seine zweifelnde Miene und packt ihn am Arm, damit er auch ja nicht abhauen kann. Sein Griff ist sanft, bedacht und nicht zwingend, als habe der arme Teufel immer noch eine Wahl, diese stumme Einladung würde er jetzt aber nicht ablehnen. Schwer schluckend folgt er der kleinen Gruppe zu dem Tisch und hört, wie sie fröhlich beginnen sich zu grüßen und zu umarmen. Lichtwesen aller Art, aber auch einige die eher aus seiner Abteilung zu stammen scheinen. Jedoch erscheinen sie keine große Bedrohung zu sein und beteiligen sich wie selbstverständlich an allem wie jeder andere auch. Einige Kinder betrachten ihn neugierig, als er sich gemeinsam mit Nael auf die Bank mittig des Tisches niederlässt. Wie selbstverständlich nehmen auch die anderen Platz und begrüßen sich auf die unterschiedlichsten Arten erneut. So viele fremde Sprachen und Gestiken, die ihn neugierig machen. Niemand scheint sich für sein wahres Wesen zu schämen und alle lassen schlagartig ihre menschlichen Hüllen verschwinden, damit jeder einen Blick auf die Vielfalt dieser Geschöpfe hat. Jedes einzigartiger und faszinierender als das andere. Sie alle leben im Einklang und das schockt ihn sehr, denn alles, was ihm beigebracht wurde, verliert seine Wahrheit und zerbricht völlig. Keiner von ihnen trachtet anderen nach dem Leben und sie reichen sich die Hand, dabei müssten sie sich doch hassen, oder?

Bei den Jägern gab es das nicht, bei den Leuten wo er aufgewachsen ist auch nicht und all das verwirrt ihn ungemein. Vielleicht lag es auch immer nur daran, dass er anders war und sie ihn deshalb auch eher gemieden haben, anstatt ihn einzubeziehen. Es hat nur gezählt ihn auf die Arbeit vorzubereiten und aus ihm eine Maschine zu machen. Hier ist es nicht so und irgendwie kann er verstehen, warum Nael diesen Ort liebt und beschützt. Er beschließt trotz dieser "Freizügigkeit" seine Hülle nicht sofort fallen zu lassen. Das erscheint ihm noch als zu früh und der Engel versteht seine Bedenken ohne Worte. Lächeln reicht er ihm eine Schüssel mit dampfendem Fleisch und als er es weiterreichen will hält er nachdenklich inne. Die Frau neben ihm, mit einem farbigen Turban auf dem Kopf und sehr hageren Gesichtszügen, lächelt ihn schwach an:"Hallo, kleiner Satanssprössling." Soll das jeder hier schon wissen? Hat der Engel es etwa allen erzählt? Adeon spürt eine gewisse Vertrautheit und wirft einen fragenden Blick zu seinem Aufpasser rüber, der nur grinsend mit der Gabel auf die Frau zeigt und zu einer Erklärung ansetzt. Er ist von der Verwirrtheit und Neugier seines Schützlings amüsiert und eine wohlige Wärme steigt in ihm auf. Das hat der junge Mann lange nicht mehr gehabt, doch dieser junge Satansbraten scheint wirklich ein wenig besonders zu sein.

"Das ist Sara. Sie ist ebenso wie du ein Schattenwesen." erläutert Nael ganz gelassen und als sich Adeon verblüfft umdreht, schreckt er auf und brüllt laut über den Tisch hinweg. Gerade als er ihr ins Gesicht blicken wollte macht sie Anstalten ihn anzuspringen und unter dem eben noch elegant gebundenen Turban sind unzählige Schlangen hervorgekommen. Instinktartig reißt er die Armen nach oben, um sein Gesicht zu schützen und rutscht fast in den Engel hinein. "Eine Meduse!" Sein Atmen stockt und er verschluckt sich fast an seinen Worten, dann jedoch beginnen alle in lautes Gelächter auszubrechen und stimmen dabei einen herzlichen Klang an. Nael streicht ihm beruhigend über den Rücken und drückt ihn vorsichtig in die Richtung der überraschenden Frau mit dem lebendigen Haar. Sara kichert nur und winkt dann ab:"Keine Sorge, außer meinen Schlangen und meinem giftigen Biss musst du nichts fürchten. Ich kann leider keinen versteinernden Blick mehr anwenden." Verwundert lässt er die Hände sinken und betrachtet sie genauer. Sie hat recht! Ihre Augen sind ganz milchig und scheinen irgendwie... zerkratzt? Aber nur die Augäpfel sind betroffen. Es ist unheimlich schlecht verheilt, als wäre es nie wirklich behandelt worden. Die junge Frau ist unglaublich schön, auch wenn sie Schlangen statt Haaren besitzt und doch sieht er wie traurig ihre zerstörten Augen sind. Langsam lässt sie sich neben ihm nieder und lächelt zaghaft, dann deutet sie auf ihre Augen und meint:"Die Jäger haben mir die Kräfte und meine schönen Augen genommen. Sie strahlten einst wie helle Bernsteine, doch sie sahen mich als Gefahr und es ist normal Gefahren aus dem Weg zu räumen, oder?"

DIE JÄGER?!

Devil's Heaven  (BxB)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt