Apfelseiten

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Blumen, wo auch immer ich hin sah. Gelbe, blaue, rote, weiße, lilafarbene und rosafarbene.
Glockenförmig, sternartig, rund, klein, groß, gestreckt, oval und eckig.
Der Garten war erfüllt von Farben und Düften. Überall standen beweglose Tiere herum, perfekt im Sonnenschein reflektierend. Dazu zierten perfekt geschnittene Büsche, die akkurat zu allerlei Formen gezwungen worden waren die Landschaft und millimetergenau geschnittene Hecken umgrenzten die Fläche.
Es gab auch einige Wasserelemente, wie die silbernen Kelche aus denen eine Quelle sprudelte, oder auch einige flüssige Schlangen am Boden, welche sich durch das ganze Areal zogen, es gliederten, perfektionierten.
Als ich weiterging und einen Apfelbaum sah, stolperte ich auf ihn zu. Während ich springend nach einem Apfel zu greifen versuchte, hielt ich den Saum meines Shirts fest.
Schließlich erreichte ich einen Apfel und stieß aus Versehen einen weiteren gegen den Baumstamm, welcher aber eine wie gewollte Kurve nahm und in einem Loch in der Baumrinde landete und dort sitzen blieb.
Ich lies den Apfel in seinem neuen Zuhause zurück und nahm meinen selbsterkämpften. Als ich hineinbeißen wollte, da mich mein Hunger schier umzubringen schien, seufzte ich überrascht auf.
Denn auch mein Apfel war perfekt. Die richtige Form, Reife, Farbe und wie wenn man einen Apfel malt, war genau ein Blatt am Stängel (🍎).

Mit dem Gefühl ich würde Fallen, wachte ich schließlich in meinem Bett auf. Eilig machte ich mich fertig, nahm mir noch schnell etwas zu essen mit und rannte zur Tür hinaus.

Im Bus setze ich mich ganz nach hinten. Luis war heute krank, weshalb ich alleine im Bus war.
Luis Finn Loreck, ein Mitschüler mit blondem Lockenhaar, olivgrünen Augen und zufälligerweise mein bester Freund.
Ich verfluchte ihn innerlich dafür, dass er mich im Stich lies und nicht zur Schule kam, doch wirklich lange böse konnte ich auch nicht auf ihn sein.
Als ich dann aus dem Bus stieg und ihn an unserem Platz sitzen sah, stapfte ich wütend zu ihm rüber.

"Kannst du dich nicht einfach setzten?", unterbrach er meine Schimpftirade darüber, was für ein mieser kleiner Verräter er doch sei.
"Das ist noch nicht vorbei. Das hier nennt sich Waffenstillstand, nur fürs Protokoll.", meinte ich wild mit den Händen zwischen uns her zeigend.
"Jaja, weiß ich doch.", kam es nur von ihm.
Er erklärte mir, er hätte mich nur ärgern wollen und sein Vater hätte ihn spontan zur Schule gefahren.
"Was? Aber dein Vater arbeitet, doch immer so früh! Dann müsstest du hier ja schon seit einer Stunde sitzen!"
Mit einem seltsamen Lächeln betrachtete er mich und auf mein skeptisches "die Augenbraue hochziehen"- Manöver, antwortet er: "Ich glaube du bist die einzige, die so schnell von wütend auf besorgt umschalten kann."
"Ach, du solltest doch eigentlich wissen, dass ich immer sauer auf dich bin, bei dem Scheiß, den du immer machst - und dann auch noch ohne mich! Tststs. Aber ich bin natürlich auch immer um dich besorgt, aus dem selben Grund, wie gerade eben schon genannt."
"Haha. Jap, du bist einfach einmalig."
"Wenn du meinst. Jedenfalls wollte ich dir ja noch von meinem Traum erzählen. Also..."

Wie ein Hund auf Lachgas schaute ich sie an, während sie mir von ihrem Traum von einem Garten erzählt. Sie beschreibt alles sehr detailliert und fasziniert mich mal wieder mit ihrem Sinn für das Kleine, die Ästhetik in der Ästhetik. Sie ist so temperamentvoll und bestimmt. Vereinzelte Haarsträhnen fallen ihr immer wieder ins Gesicht, welche sie dann energisch wieder hinters Ohr zwängt. Ich musste seufzen. Gerade endet sie mit dem Fazit: "Es war alles so... perfekt. Alles hat perfekt harmoniert. Es war als wären Mathematiker überall herum gelaufen und hätten - während sie den Hintern in die Luft strecken - die perfekte Biegung eines jeden Grashalms berechnet und sie dann mit Pomade, Feenstaub, Erdnussbutter oder was weiß ich bestrichen. Jedenfalls war alles so surreal. Ich fühlte mich richtig unwohl. Ist das nicht ein seltsamer Traum?"

Irgendwie schaute Luis sehr verträumt in die Luft vor mir. Ich liebte diesen Blick. Er war ein Träumer. Ich beneidete ihn manchmal darum. Manchmal war er so tief in seine Gedanken versunken, dass er gar nicht mehr reagierte. Langsam strich ich mit meiner Hand ein paar locken aus seinem Gesicht.
"Komm, lass uns rein gehen."
Luis erwachte wieder.

"Sophie?"
"Ja, Luis?"
"Kann es sein, dass du Hunger hast?"
Die angehaltene Luft ausstoßend lächelt sie mich an und sagt ja.
Während sie aber in ihre Tasche schaut verfinstert sich ihr Gesicht.
"Was ist los?"
"Käse..."
Sie muss wohl das Brot ihres Bruders mitgenommen haben.
"Also ich liebe Käse.", grinste ich sie an.
Sie boxt mich leicht in den Bauch, reicht mir aber ihr Brot.
"Danke. Oh da fällt mir aber noch ein... warte... irgendwo... hier... da!"
Stolz zeige ich ihr meinen Apfel und meine dann: "Hier für dich. Für dein Käsebrot, bekommst du meinen Apfel."

Leise lächelnd drückte er mir einen Apfel in die Hand.
Ich erwiderte sein lächeln und hielt den Apfel an meinen Mund. Kurz bevor ich rein biss, erkannte ich, dass der Apfel eine etwas seltsame Form hatte. Unten lief er etwas Spitzer zu, während er oben in ungleichen Bögen zum Stil verlief. Eine kleine Macke zierte ihn in der Mitte.
Luis anschauend biss ich hinein und ging mit ihm in die Schule.

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