Kapitel 5

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Kapitel 5

Ramses
Es war Donnerstag und ich machte mich auf den Weg, Becky von ihrer Arbeit bei Sweet Dreams abzuholen, was mir die Möglichkeit gab, mir auch dort einmal ihre Arbeitsumgebung anzusehen. Als ich den kleinen, durchaus nett eingerichteten Laden betrat, der zwischen einem Schreibbüro und einer Anwaltskanzlei eingefasst war, begrüßte sie mich mit einem strahlenden Lachen. »Was machst du denn hier?«
Sie kam hinter der Theke hervor und ich war so irritiert von ihrer Arbeitskleidung, dass ich erst einmal einen Schritt zurücktat. Über einem mehr als kurzen schwarzweißen Kleidchen trug sie eine von Rüschen gezeichnete Schürze. Es fehlte nur noch der Staubwedel und sie war eine Haushaltsmaid, die den Eindruck verbreitete, einem Männertraum entstiegen zu sein.
»Was hast du da an!?«
»Na, meine Uniform.«
Ich verdrehte die Augen. Ich sah auch, dass das eine Uniform war. Aber begriff sie denn nicht, was sie damit ausdrückte? »Das meinte ich nicht.« Und als ich gerade Luftholen und ihr klarmachen wollte, was an diesem viel zu kurzen Rock falsch war, legte sie fragend den Kopf schief. Becky sah mich mit solch bittersüßen Kulleraugen an, dass mir schlichtweg die Sprache fehlte.
»Oh, wir haben einen Kunden«, hörte ich eine männliche Stimme, schaffte es jedoch nicht, meinen Blick von ihr zu lösen und den Mann anzusehen, der gerade aus den hinteren Räumen kam. »Sie ist eine Augenweide nicht wahr? Die schönste Praline in diesem Laden - unverkäuflich, versteht sich!«
Ich schloss die Augen, um das fuchsteufelswilde Tier in mir zur Vernunft zu bringen. Er ist nur ein alter Mann, der kaum noch etwas sieht. Hab Verständnis.
»Oh, Rebecca Liebes«, meinte er mit einer gebrechlichen Stimme, die er geistesgegenwärtig auflegte, und ich sah auf. »Schau mal, da ist uns eine Praline abhandengekommen. Würdest du sie für mich aufheben?«
Becky nickte zuvorkommend, lief an ihm vorbei und - ich konnte es nicht fassen - bückte sich dermaßen ungeschickt, dass wir ihr direkt unter den Rock blickten. Ich versuchte natürlich, nicht hinzusehen! Aber es war nahezu unmöglich. Ihre langen, nackten Beine führten meine Augen verführerisch hinauf und das weiße Spitzenhöschen ... Die Bestie in mir heulte begierig auf und ich spürte das pochende Verlangen, bis mein Blick auf den alten Mann neben mir fiel. Er legte seinen Kopf schief, um eine noch bessere Aussicht zu erhaschen.
Wütend packte ich ihn und warf ihn einige Meter von ihr. Daraufhin riss ich Becky am Arm hoch und gab ihr wortlos zu verstehen, dass wir auf der Stelle gehen würden. Sie nickte und ich verdrehte die Augen, als sie ihrem Chef einen naiven Blick zuwarf, der so viel wie »bis Morgen« bedeutete. Du denkst doch nicht wirklich, dass wir dich hier bei diesem Lüstling weiter arbeiten lassen!

Rebecca
Nachdenklich rührte ich die Suppe. Wieso ist er sauer auf mich? Habe ich etwas Falsches gesagt? Ich schob die Kartoffelwürfel vom Brett auf die Seite und schälte die Möhren. In kleine Stückchen gehackt gab ich sie zusammen mit den Kartoffeln in den Suppentopf und sollte den Deckel auflegen, um sie köcheln zu lassen. Allerdings bewegte ich die Kelle weiter darin und schaute aus dem Fenster.
Da erblickte ich plötzlich einen schwarzen Hund, der beinahe den gleichen Körperbau aufwies wie Ramses in seiner Wolfsgestalt. War das da draußen auch ein Wolf? Er hatte den Garten aus dem Wald betreten, der an das Anwesen grenzte, und sah sich um. Als sich unsere Blicke zu begegnen schienen, rannte er augenblicklich zurück ins Unterholz. Merkwürdig.

Emilia
Zufrieden reckte ich meine Arme nach oben und begutachtete die frisch angefertigten Fotos, die ich zum Trocknen auf eine Leine gehängt hatte. Im Keller hatte ich mir vor zig Jahren eine Dunkelkammer eingerichtet und es war ein tolles Gefühl, neue Bilder zu entwickeln.
Ich betrachtete eine der Aufnahmen, wo ich Rebecca alleine beim Wäscheaufhängen abgelichtet hatte. Die Sonneneinstrahlung war atemberaubend, der Wind hob leicht den Rock ihres Kleides und ihr langes Haar glitt ihr ein wenig ins Gesicht. Ihre hellblauen Augen blickten gütig auf das silbergraue Hemd in ihren Händen und ich hatte so im Gefühl, dass Logan dieses Bild gefallen würde.
Mit einem Riegel verschlossen sicherte ich meine Dunkelkammer gegen ungewollte Eindringlinge, nahm mir auf dem Weg einen Blutbeutel aus dem Vorratsraum und hörte plötzlich die Keynes-Brüder. Wieso waren die beiden denn hier unten und nicht oben in seinem Arbeitszimmer?
»Wir müssen sie aus diesen Jobs rausholen, Logan! Ihre Röcke sind dermaßen kurz ... dass da noch nichts passiert ist, grenzt an ein Wunder!«
»Du willst ihr tatsächlich vorschreiben, wo sie arbeiten darf?«
»Nicht vorschreiben ... anraten.«
»Und wenn sie das ablehnt? Was sollen wir dann tun?«
Ich hörte, wie jemand gegen die Steinmauer schlug und tippte auf Ramses. Logan hatte sich meist besser unter Kontrolle als der Wolf. »Ich ... werde sie nicht dieser Gefahr aussetzen!«

Love Bites (1) - Küss michWo Geschichten leben. Entdecke jetzt