Der Philosoph Platon lebte nach Vorsätzen, die man bewundern muss, denn wenn man recht darüber nachdenkt muss man feststellen, dass es wirklich erstaunlich ist, dass Platon sein Leben lebte ohne verrückt zu werden. Er stellte sich als einer der Ersten die Frage, ob die Welt, so wie wir sie wahrnehmen überhaupt der Wahrheit entspricht, und ob sie nicht in Wirklichkeit möglicherweise ganz anders ist. Dazu entwickelte er ein Gleichnis, welches heute noch durchaus bekannt ist, und welches klar macht, welchem geistigen Druck sich Platon aussetzte. Das als „Schattengleichnis" bekannte Gleichnis lautet ungefähr folgender Maßen. Ich muss allerdings noch hinzufügen, dass es nicht in meinem Vermögen liegt, es in Perfektion wiederzugeben: Es handelt von Menschen, die ihr ganzes Leben seit ihrem Dasein festgebunden sind, und deren Blick die ganze Zeit während ihres Lebens auf eine Felswand fixiert ist, auf die Schatten projektiert werden, mithilfe von Feuer. Die festgebundenen Menschen sahen in ihrem ganzen Leben nichts anderes, als diese Schatten, und sie hielten sie für die Realität. Als sie dann losgebunden wurden, und sie die Wirklichkeit erblickten, verfielen sie dem Wahnsinn, da sie es nicht fassen konnten, wie komplex die Realität ist. Platons Theorie besagte also, dass wir, die Menschen, wie diese Menschen sind, die ihr ganzes Leben nur auf Schatten starren. Die Wahrheit wäre zu viel für unseren kläglichen Menschlichen Verstand. Diese Realität würde unsere Vorstellungskraft sprengen, ein Mensch der sie erblicken könnte, würde auf der Stelle sterben, da sein schwacher Geist überfordert mit der niederschmetternden Realität wäre. Nach Platon beschäftigten sich noch viele Philosophen mit der Frage nach der Realität. Sehr viel später zum Beispiel Descartes.
Diesen Gedanken unterzog ich mich als ich gerade auf einem morschen, knarzendem Stuhl saß, meine Ellenbogen auf den Tisch vor mir gestützt, und ich eigentlich den Vorträgen meines Geographielehrers hätte lauschen müssen. Ich brach unerwartet aus meiner Traumwelt hervor, als er mir eine Frage stellte. Ich konnte sie nicht beantworten. Ich hatte nicht zugehört. Der Lehrer wandte sich missbilligend von mir ab und fuhr fort. Ich tauchte wieder ab, in die Untiefen der Gedankenwelt einer Welt, die ich insgeheim für die Realität hielt, denn ich teilte die Ansichten einer der bedeutendsten Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts. Die des legendären H. P. Lovecraft. (Natürlich teile ich nicht seinen Rassismus, das wäre ja noch schöner, ich bewundere lediglich seine Art zu schreiben und sein Werk, jedoch würde ich mich niemals seinem Rassismus anschließen). Er war nämlich der Meinung, man könne durch Träume einen Blick in die unfassbare Welt jenseits Raum, Zeit und Materie blicken. Es wäre manchmal zu viel für unseren Verstand, weshalb wir manchmal keine Erinnerungen an unsere Nächtlichen Entdeckungen mehr hatten, wenn wir morgens aufwachten, und alles erst einmal durch einen Schleier des Schlafes betrachteten. Als ich diesen Gedanken nachging, hatte ich auf einmal eine Erkenntnis. Warum saß ich hier, warum lauschte ich einem Geographielehrer, warum hörte ich mir Dinge über eine Erde an, eine Welt, die möglicher Weise gar nicht der Wahrheit entsprach. Warum saß ich hier, und sah zu, wie ein Mann vorne an der Tafel stand und Mittelozeanische Rücken malte. Warum war ich hier.
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Verloren in der Unendlichkeit
ParanormalEine Geschichte über die unbedeutende Existenz der Menschheit, eine Geschichte über Verzweiflung und die Geheimnisse, die die Unendlichkeit birgt. Eine Geschichte über die Frage der Realität, und nicht zuletzt ein Text, der einen Blick in die Abgrün...