Kapitel 1 ⛸❄️🎄

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Das Adrenalin pumpt durch meine Venen, währenddessen ich immer mehr Abstand zwischen mich und das Eisfeld bringe.
Ich habe nie verstanden, weshalb jeder Hinz und Kunz zu dieser Zeit so euphorisch wird, wenn es ums Eislaufen geht. Die wahren Liebhaber werden auch nach morgen noch ihrer Leidenschaft nachgehen können; naja alle ausser Sie...

Aus der Ferne höre ich wie die Kirchenturmuhr viertel nach elf schlägt. Vorsichtig blicke ich die steile Strasse der Altstadt hinauf; momentan sehe ich niemanden, hoffentlich bleibt dies auch so.
Ich verlangsame meine Schritte etwas, mit meiner jetzigen Geschwindigkeit würde ich garantiert auffallen.
Tief atme ich die frostige Nachtluft ein und versuche meinen Atem etwas zu beruhigen.
Der kalte Wind beisst in meiner Nase, doch dieser Schmerz tut gut; er erinnert mich an das Wichtige im Leben.
Ein weisser Dampf steigt vor meinem Gesicht empor, als ich die angestaute Luft wieder in den unendlich scheinenden Nachthimmel entlasse.

In der Dunkelheit sehen all diese Häuser so ruhig aus; man kann kaum erahnen, was für ein Trubel hier tagsüber herrscht.
Leicht sehe ich das pinke Licht aus dem Zimmer von Antonia durch die Jalousien schimmern. Auch wenn ich weiss, dass sie bestimmt viel zu sehr auf ihr Videospiel konzentriert ist, stecke ich vorsichtshalber meine Hände in die Hoodietasche.

Mittlerweile etwas entspannter biege ich um die nächste Hausecke nach links ab, auf direktem Weg zum Dorfplatz.
Der Neuschnee knirscht angenehm unter meinen schwarzen Stiefeln, mein Ziel, der Dorfbrunnen, ist bereits in Sichtweite.

Mit meinem Ärmel schiebe ich den pulverigen Schnee vom Rande des Brunnens und knie mich vorsichtig auf den kalten Stein.
Missmutig ziehe ich mit meinen Zähnen die Enden meines Pullis bis hinter die Ellenbogen. Ein letztes Mal atme ich tief durch bevor ich meine Hände ins eisige Wasser tauche.
Ich beginne meine Hände aneinander zu reiben um sie so schnell wie möglich von ungewollten Substanzen zu befreien.
Nicht lange halte ich es aus und ziehe meine Hände wieder aus dem Wasser.
Sie fangen aufgrund der Kälte an zu schmerzen, weshalb ich den Saum erneut bis über meine Fingerspitzen ziehe. Der dunkle Stoff schmiegt sich angenehm an meine Haut und drängt damit die Erinnerung an die vorherigen Stunden in den Hintergrund.

Mit einem winzigen Grinsen auf den Lippen entferne ich mich in normalem Schritttempo wieder vom Brunnen.
Wer weiss, mit etwas mehr Licht, würde man vielleicht noch die rötliche Verfärbung im Wasser erkennen können...

Tatort EisfeldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt