POV Isaak:
Punkt 18.00 Uhr. Der Flughafen war voller Leute. An einigen Stellen sah man weinenden Paare, die sich wahrscheinlich seit langem nicht mehr gesehen hatten. An anderen sah man weinende Kinder, die vor Flugangst an den Händen ihrer Eltern zerrten.
London. Endlich hier. Meine Universität war vom Flughafen aus eine Stunde Fahrt weit weg. Ich wollte nach London wegen meiner Freundin kommen. Ella musste hier irgendwo sein. Sie sagte, sie würde mich abholen kommen und mich zu meinem Campus fahren. "Isaak! Ich bin hier." Hinter mir hörte ich Ellas Stimme. Ich drehte mich um und sah Ella auf mich zu rennen. Sie warf ihre Arme um mich, ich liess meine Koffer los und umarmte sie ebenfalls. "Schön, dich wiederzusehen. Wie geht's? Wie war dein Flug? konntest du gut schlafen?" "Naja, zehn Stunden Flug sind schon anstrengend. Ausserdem sahs neben mir eine Frau, die ständig weinte. Ich versuchte sie zu trösten, aber sieh liess mich nicht. Auch die Stewardess versuchte ihr mit einem Glass Wasser zu helfen. Die Frau rannte einfach auf die Toilette und wartete, bis ich eingeschlafen war, aber als sie zurückkam, weckte sie mich wieder. Wegen ihrem Gejammer konnte ich nicht schlafen." "Ok, ich fahre dich zuerst zu mir nach Hause und du kannst dich erst einmal ausruhen. Später bring ich dich dann zu deinem Campus."
Ich nahm meine zwei Koffer wieder vom Boden und folgte Ella. Wir quetschten uns durch die Leute hindurch. Es war eher wie schwimmen als quetschen. Schliesslich kamen wir vor dem grossen Haupteingang des Flughafens an. Der Flughafen wurde gerade renoviert, der aller grösste Teil war bereits renoviert worden und sah wie neu aus. "Mein Auto ist in der Garage B. Wir müssen also in den anderen Teil des Flughafens gehen, um in die Garagen zu gelangen." Ich liess ein leises Seufzen hören. Alles, was ich jetzt noch sehen wolle, war ein Bett. Der Boden würde eigentlich auch schon reichen.
Wir kamen nach gefühlt einem Jahrzehnt endlich beim Auto von Ella ein. Auf dem Weg hatten wir über Amerika gesprochen und über Ellas Eltern. Ich war der Einzige, der wusste, wo sie sich befand, nachdem sie von Amerika und von ihrem Eltern gewissermassen geflüchtet ist.
Ella wollte leben, frei leben, in Partys leben. Sie wollte jeden Tag betrunken Heim kommen, morgens mit Schmerzen aufwachen. Sie wollte nie alt werden, sie wollte mit niemandem alt werden, aber sie schlief mit wem es ihr gefiel. Über ihr Geld kümmerte sie sich nicht. Sie gab gerne einmal 5 $ führ einen "Drink", der eigentlich nur eine peinlich billige Mischung aus Ananassaft und Vodka war und mit einem pinken, glitzernden Strohhalm und einem Stück Orange, die älter zu sein schien als ich, dazukam.
Sie war nicht strohdumm, aber genau dies liessen ihre Noten den Anschein machen. Ihre Peruanischen Eltern jedoch verlangten, dass sie ein intellektueller Mensch werden würde, zehn Kinder durch ihren Geburtskanal schiessen werde, die am Besten mit einem Doktortitel zur Welt kommen, und einen Anwalt heirateten werde, der aussehen sollte wie ein Model und welcher auf ihre Eltern schauen werde, wenn sie längst nicht mehr alleine auf die Toilette hocken könnten.
Ihrer Grossmutter, die bei ihren Eltern lebte, konnte ich nicht mehr in die Augen schauen. Sie nannte mich, auch nach dem Verschwinden von Ella, "Kind", doch das Hintergrundwissen, dass ich der einzige war, wo ihr Leib, ihre Enkelin, verblieben war, brachte mich in ein kotziges Gefühl.Schnell packte ich meine Koffer und meine Taschen in den Gepäckraum, setzte mich hinten ins Auto rein und schlief kurz darauf ein. Es war nicht so bequem in ihrem kleinen Auto, aber eigentlich konnte ich eh überall schlafen. Trotzdem spürte ich auf dem Weg jeden einzelnen Stein, der unter die Reifen von Ellas Auto kamen. Sie wollte zwar ein Party Leben führen, konnte sich jedoch die Nachteile nicht wirklich leisten. Zum Glück arbeitet sie in einer Bar, wo sie jeden Tag ihren Partylifestyle ausleben konnte.
"Hey, Isaak. Wach auf, wir sind da." Ich wollte nicht. Ich hatte gerade erst begonnen zu träumen. Es war wieder Lino.
"Hallo, steh auf", sie nahm mich in ihre Hände und schüttelte mich durch, bis meine Augen endlich ein Zeichen von Leben gaben. Sie liess mich los und ging zu der Wohnungstür. Während ich mit dem Gewicht meiner Koffer und Taschen kämpfte, suchte Ella ihre Schlüssel und, so konnte man es nennen, trat die alte Tür regelrecht ein. Ich brachte mich mit Mühe bis zu ersten Stufe. Ella nahm meine Koffer und flog wie ein Schmetterling zum obersten Stock, während ich auf jeder Stufe einnickte. Die Tür zu ihrem Appartement war offen. Ich schlenderte hinein. Ella nahm mich bei der Hand und warf mich regelrecht auf das Sofa, auf dem ich ganze zwölf Stunden von Schlaf nachholte.Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war die Wohnung leer. Ich schaute in jedes Zimmer, aber von Ella war keine Spur. Ich war zum ersten Mal in ihrer Wohnung und konnte sie jetzt schon nicht mehr ausstehen. Alles war ziemlich relativ. Die Küche sah nicht wirklich aktiv benutzt aus, das Badezimmer war voller Schminkprodukte und Damenartikel und auch das Wohnzimmer hatte seine besten Tage hinter sich.
Ella musste bestimmt viel arbeiten, so wie jetzt gerade auch. So wie sie mir aber ihr Leben hier per WhatsApp beschrieben hat, ist sie ziemlich zufrieden. Und das ist doch das wichtigste.Sie lebte allein, ohne Freund, was seltsam war. Als ich sie in der High-School kennlernte, wusste ich eigentlich schon, wer sie war. Sie war die Queen der Schule, die Bitch der Schule. Sie lief mit den teuersten Kleidern herum, auch wenn ihre Eltern diese Klamotten eigentlich nicht leisten konnte, hatte immer den penetrantesten Parfum und den hellsten Diamant am Finger an. Sie ging jede Woche mit einem anderen Typ aus, aber als wir beste Freunde wurden, war ihre Paarungszeit irgendwie vorbei. Sie vertraute mir viele Geheimnisse an, so wie ich ihr meine anvertraute. Mein Coming Out hätte ich ohne sie nie geschafft. Sie war die erste Person, bei der ich mich öffnete. "Yaass queen, slay bitch, go guuurll!", war ihre Reaktion darauf. Das hat mich ein wenig verstört, ich musste gleich noch einmal überlege, ob ich wirklich gay war.
Eigentlich wusste ich, dass meine Eltern nichts dagegen hatten, obwohl meine Mutter gerne Enkelkinder gehabt hätte, da meine Schwester sich auch geoutet hat. Aber ich verlor viele meiner männlichen Freunde, mitunter einer meiner ersten Crushes, Tom. Er war auch gay, nur sah er, wie ich meine Freunde verloren hatte, also gab er sich als homophob aus. Mittlerweile steh ich nicht mehr auf ihn, er ist echt ein Rotzfleck gewesen.Ich schaute auf meine Uhr: 07.26 Uhr. Ich musste mich auf den Weg machen. Morgen ist Montag und ich mussten noch vor Mittag mich beim Campus melden und den Schlüssel für mein Zimmer holen. Sonst würden schon alle Zimmer voll sein. Ich sprang kurz unter die etwas kleine Dusche, zog mich an und liess Ella noch bescheid wissen. Schnell tippte ich ihr eine Nachricht. Sie schrieb mir, sie hätte die Schlüssel auf dem Küchentisch für mich liegen lassen und bat mich, die Tür abzuschliessen. Ich tat, wie mir gesagt wurde und lief zu der nächsten Underground.
Es gab nicht viele Leute bei den Gleisen, schliesslich war es auch Sonntag. Da war ein Mann, ich schätzte ihn auf Mitte 20 ein. Er hatte ein Weisses T-Shirt an, darüber eine schwarze Weste. Seine Hose war auch Schwarz und hatte ungefähr zehn Hosentaschen, aber seine Sneaker wiederum waren weiss. Er hatte Ketten und Ringe an. Sein Gesicht war... OUUU. Er hat gemerkt, dass ich ihn angegafft habe. Ich spürte die Wärme unter der Haut meiner Backen. Ich starrte auf den Boden, aber ich wollte noch einmal zu ihn Blicken. Schnell würdigte ich mir einen letzten Blick auf ihn und sah, dass er grinsend auf sein Handy schaute und leicht seinen Kopf schüttelte. Das war peinlich!
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Hurtful secrets
RandomZuerst ist es ein Versuch, dann ein Experiment und schliesslich ein gefährliches Spiel. Wird Isaak Erik verziehen?